Die Zahl der Kaiserschnitte in Deutschland ist gesunken. Im Durchschnitt wurden 2016 laut Statistischem Bundesamt 30,5 Prozent der Krankenhausentbindungen per Kaiserschnitt durchgeführt. In Sachsen kamen mit 23,8 Prozent die wenigsten Babys per Kaiserschnitt auf die Welt. Iris Milde hat sich gefragt, woran das liegt und hat sich auf Spurensuche in der Geburtenhauptstadt Dresden begeben.
Kamin
Selbstverständlich ist der Kaiserschnitt eine Errungenschaft und eine gewisse Sicherheit in Notsituationen.
Autorin
Sagt Gabriele Kamin, Ärztin für Geburtshilfe am Universitätsklinikum Dresden. Denn neben einer verbesserten Vorsorge und ausgereifterer Technik und Methoden hat auch der Bauchschnitt, der nachweislich bereits in der Antike durchgeführt wurde, einen Anteil daran, dass heute 99,7 Prozent der Babys lebend geboren werden. Doch nur etwa die Hälfte der durchgeführten Kaiserschnitte seien auch medizinisch notwendig, so Kamin.
Kamin
Alle anderen sind zum Teil präventiv. Zum Teil bedingt dadurch, dass die Frauen natürlich heute auch weniger Kinder zur Welt bringen und damit ein geringeres Risiko für ihr Kind wünschen in grenzwertigen Situationen.
Atmo
Babyschrei und -laute, Station
Autorin
In der Uniklinik Dresden liegt die Kaiserschnittrate bei 30 Prozent, also über dem sächsischen Niveau. Das liegt daran, dass viele Risikofälle an die Uniklinik überwiesen werden, etwa Früh- und Mehrlingsgeburten. Trotzdem sei der Kaiserschnitt auch in der Uniklinik immer die letzte Option, so Gabriele Kamin.
Kamin
Wir versuchen, alle diagnostischen Möglichkeiten vor der Geburt auszuschöpfen, um die natürliche Geburt durchführen zu können. Und wir haben natürlich auch motivierte Hebammen für die natürliche Geburt. Wir entbinden auch Kinder aus Steißlage auf normalem Wege.
Autorin
Die häufigsten Gründe für einen Kaiserschnitt sind ein vorausgegangener Kaiserschnitt, Komplikationen beim Kind und an dritter Stelle Beckenendlage, also wenn das Kind nicht mit dem Köpfchen nach unten im Becken liegt. Die standardmäßige Spontangeburt auch bei Beckenendlage scheint auch Grit Kretschmar-Zimmer ein plausibles Argument für die niedrige Kaiserschnittrate in Sachsen. Für andere Erklärungen, so die Vorsitzende des Landeshebammenverbands, gebe es keine belastbaren Daten. Allerdings vermutet sie, dass viele ältere Hebammen im Osten noch gelernt haben, sich nicht zu sehr auf technische Geräte zu stützen, sondern zum Beispiel die Lage des Kindes mit den Fingern zu ertasten oder Herztöne ohne CTG zu hören.
Kretschmar-Zimmer
Wir sind mit wenig Möglichkeiten hier groß geworden und ich staune immer, wenn ich eine Schülerin mal in der Begleitung habe, dass die ganz viele Sachen nicht mehr wissen. Das alte Wissen, das wir noch vermittelt gekriegt haben, das stirbt langsam aus, wenn wir nicht aufpassen.
Autorin
In Sachsen sind die Gebärenden weder jünger noch schlanker als in anderen Bundesländern. Und auch hierzulande ging der Trend lange zu mehr Kaiserschnitten, was vor allem daran liegt, dass Frauen heute im höheren Alter Kinder bekommen. Aber auch daran, dass Kaiserschnitte als relativ sichere und planbare Methode galten. So kam das Phänomen der Wunschkaiserschnitte auf.
Kretschmar-Zimmer
Und wir haben Gott sei dank den Trend nicht so mitgemacht. Und deshalb sind unsere Zahlen noch relativ niedrig.
Autorin
Denn der Kaiserschnitt bringt auch viele Nachteile mit sich. Nach der OP haben die Frauen eine große Wunde und es können sich Komplikationen in Folgeschwangerschaften ergeben. Außerdem gelten Kaiserschnittkinder als anfälliger für Krankheiten.
Original