Die Brücke-Most-Stiftung in Dresden gab nun bekannt, dass sie ihre Tätigkeiten einstellen muss. Die Zinserträge seien aufgrund der EZB-Niedrigzinsolitik zu niedrig. Iris Milde berichtet.
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So hört es sich an, wenn deutsche und tschechische Jugendliche, Roma und Nicht-Roma, gemeinsam ein Lied komponieren. Seit 1997 fördert und organisiert die Brücke-Most-Stiftung deutsch-tschechische Jugendbegegnungen, Zeitzeugengespräche, Konzerte, Lesungen und vieles mehr und gilt als einer der wichtigsten Akteure in der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit. Zum Ende des Jahres muss die Stiftung diese Aktivitäten nun aufgeben, so Geschäftsführer Peter Baumann.
Baumann
Aufgrund der Nullzins-Politik der EZB bzw. infolge der Finanzkrise 2008 schrumpfen die Zinsen jährlich, sodass sie der Stiftung jährlich immer weniger Erträge bringen. Die Ausgaben der Stiftung bleiben gleich, aber die Erträge gehen zurück, sodass Plus-Minus fast nichts mehr übrig bleibt.
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Die Erträge aus dem Stiftungskapital der Brücke-Most-Stiftung seien inzwischen um mehr als die Hälfte zurückgegangen, so Peter Baumann. Zuletzt habe die Stifterfamilie um den Freiburger Politikwissenschaftler Helmut Köser jährlich 200.000 Euro zuschießen müssen. Derzeit kann die Stiftung ihre eigenen Ausgaben decken, aber kein Personal bezahlen, um deutsch-tschechische Projekte durchzuführen. Denn Personalkosten decken Fördermittel in der Regel nicht.
Baumann
Alle möchten gern den Bleistift bezahlen, aber keiner möchte die Hand bezahlen, die den Bleistift führt und das Projekt entwickelt. Also mein Appell wäre, für die Zukunft wirklich darüber nachzudenken, ob es nicht auch Trägerförderung gibt.
Atmo
Kulturtage
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Das sichtbarste Projekt der Brücke-Most-Stiftung sind Tschechisch-Deutschen-Kulturtage. Für dieses Jahr ist die Finanzierung noch gesichert. Den Bärenanteil steuert die Kulturstiftung des Freistaats Sachsen bei, so die zuständige Ministerin Eva-Maria Stange (SPD).
Stange
Allerdings hat auch die Kulturstiftung mehrmals darauf hingewiesen, dass die Overheadkosten, sprich die Verwaltungskosten, viel zu hoch sind, also für vergleichbare Projekte.
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Die sächsische Ministerin für Wissenschaft und Kunst sitzt selbst im Kuratorium der Brücke-Most-Stiftung und kennt deren missliche Lage seit Langem. Sie meint, der Vorstand der Stiftung hätte schon längst eine Umstrukturierung vornehmen müssen.
Stange
Dieses Signal kam ja von den Stiftern auch, dass mit der Finanzkrise einfach das freie Geschäft der Stiftung nicht mehr mit den gleichen Finanzmitteln arbeiten kann. Darauf muss man reagieren.
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Derzeit laufen Gespräche zwischen der Stiftung, dem Freistaat Sachsen und der Stadt Dresden. Doch alles könne die öffentliche Hand nicht auffangen, so Dresdens Zweite Bürgermeisterin Annekatrin Kleppsch (Die Linke).
Kleppsch
Wir versuchen jetzt natürlich gemeinsam in Absprache mit der Stiftung die Projekte zu retten, die vor allem für Dresden und die Region wichtig sind. Und das sind beispielsweise die Tschechisch-Deutschen-Kulturtage.
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Das heißt aber auch, dass viele Projekte wegfallen. Vor allem deutsch-tschechische Jugendbegegnungen und andere Projekte der außerschulischen Bildung, mit denen die Stiftung eine Nische besetzt hat. Gleichzeitig wird es die Stiftung selbst weiterhin geben. Und so wie die Zinserträge wieder steigen, kann sie ihre Arbeit fortsetzen.
MDR aktuell, 28.6.2017 Original