D ie Geiselnahme dauerte fünf Tage und hinterließ vier junge Menschen, die für ihr Leben gezeichnet waren und ein Land, das sich fragte, wie weit man in der Zusammenarbeit mit Kriminellen überhaupt gehen kann. Die Situation war ohne Frage außergewöhnlich, da einer der beiden Täter in Schweden den Ruf eines charmanten Gauners besaß, der vor dem Überfall schon einige launige Interviews gegeben hatte. Jeder kannte ihn, und nicht wenige Schweden bangten auch mit ihm und nicht nur mit den Geiseln.
Clark - Der Unwiderstehliche Mit seiner dunklen Haartolle und der schmalen Krawatte wollte Clark Olofsson in seinen jungen Jahren aussehen wie James Dean. Offenbar gelang ihm das, denn die Frauen beteten ihn an. Sie halfen ihm, wo sie nur konnten. Wenn er auf der Flucht war, wenn er Geld brauchte, wenn er sich verstecken musste - auf „seine" Frauen konnte er sich immer verlassen.
Clark war 1947 in Trollhätten zur Welt gekommen. Als er 15 war, machte er das, was damals noch viele junge Männer im Norden machten: Er heuerte auf einem Schiff an. Als er wieder nach Hause kam, hatte er endlich Geld in der Tasche und konnte sich einen Plattenspieler leisten.
Kurz nach seiner Heimkehr brach eine Jugendbande bei seiner Mutter ein und klaute den Plattenspieler aus seinem Zimmer. Was in den Tagen danach passierte, ist unklar. Aber Clark wurde Mitglied genau jener Bande, die bei ihm eingebrochen war. Von nun an zog er durch die Nachbarschaft, machte Einbrüche und knackte Autos. 1964 kam er zum ersten Mal in Haft. Nach einigen Monaten im Jugendknast brach er 1965 mit zwei Freunden aus. Es war Sommer, die Nächte waren mild, die drei Jugendlichen schliefen auf Feldern und in Scheunen. Als der Sommer zu Ende ging, fuhr Clark nach Stockholm, aber dort war das Leben härter als auf dem Land. Hier konnte er nicht einfach nur draußen schlafen. Es musste Geld her. Als er im November einen Einbruch begehen wollte, wurde er von einem Polizisten gestoppt. Clark Olofsson wehrte sich gegen die Festnahme dermaßen vehement, dass er auch wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht kam. Er wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.
Clark brach nach wenigen Monaten erneut aus dem Gefängnis aus. Am 29. Juli 1966 kamen in Nyköping zwei Polizisten an einem Fahrradgeschäft vorbei. Sie hörten merkwürdige Geräusche und vermuteten einen Einbruch. Noch bevor die Polizisten reagieren konnten, stürzten zwei jungen Männer aus dem Geschäft. Einer von ihnen, Gunnar Norgren, zog eine Waffe und tötete einen der Polizisten.
Gunnar und Clark flüchteten. Schweden erlebte nun die merkwürdigste Fahndung seiner Kriminalgeschichte. Tausende von Schweden setzten sich in ihre Autos und fuhren nach Nyköping, um aus nächster Nähe zuschauen zu können. Viele hatten Brote eingepackt und Thermoskannen mit Kaffee dabei. In den Wiesen um Nyköping breiteten sie sich wie zum Picknick aus und schauten zu, wie schwer bewaffnete Polizisten durch die Gegend streiften. Der Ansturm der Schaulustigen war dermaßen massiv, dass Staus um Nyköping entstanden - ein Phänomen, das in den 60er-Jahren noch weitgehend unbekannt war.
Der Polizistenmörder Gunnar Norgren wurde nach einigen Tagen verhaftet. Clark Olofsson blieb auf der Flucht.
Den Kriminalbeamten war klar, dass Clark eine Schwäche für Frauen hatte. Die Telefone seiner Freundinnen wurden angezapft, und vier Wochen nach der Schießerei vor dem Fahrradgeschäft war es endlich so weit: Clark rief bei einer seiner Freundinnen an und machte mit ihr ein Treffen in einem Wäldchen aus. Die ganze Gegend war mit Polizei umzingelt. Er kam zu spät, und er blickte sich vorsichtig und unsicher um. Zwei Polizisten stürzten sich auf ihn. Einer packte Clark am Hals und versuchte, ihn zu würgen. Aber er hatte verschwitzte Hände, rutschte ab und fiel hin. Clark zog eine Pistole und schoss. Dabei traf er den zweiten Polizisten am Fuß. Die Schießerei brachte einen Polizeihund in Rage, der mit seinem Hundeführer hinter einem Felsen lauerte. Nach dem Schuss verlor er die Kontrolle über seinen Hund. Dieser stürzte sich auf die Männer und biss den Polizisten. Die Festnahme war chaotisch, aber sie gelang. Clark Olofsson kam erneut hinter „schwedische Gardinen" und wurde zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.
Clark Olofsson wurde hinter Gittern bei den Frauen noch beliebter. Die Liebesbriefe kamen säckeweise bei ihm an. Nur ein Jahr nach dem Urteil verlobte er sich mit einer „Tochter aus gutem Hause". Die Schweden waren von ihrem hübschen Gangster, der nun brav werden wollte, so begeistert, dass sogar Spenden für die gemeinsame Zukunft der beiden auf ein Spendenkonto einbezahlt wurden.
Aber das Glück hielt nicht lange. Clark brach aus dem Gefängnis aus, flüchtete zunächst auf die Kanarischen Inseln und später nach Frankfurt. Zwischen Polizei und Gangster entstand in jenen Jahren eine merkwürdige Beziehung. Clark gab sich bei jeder Festnahme so selbstsicher, dass die Polizisten ihn mit Respekt behandelten. Nach seiner Festnahme in Frankfurt brachte man ihn von Rostock aus mit der Fähre nach Stockholm - unterwegs gaben die Polizisten und Clark gemeinsam eine Pressekonferenz, und gemeinsam tranken sie danach auch ein Bier. Die schwedischen Medien und die Öffentlichkeit liebten ihn dafür.
1973 wurde er erneut verurteilt. Dieses Mal zu sechs Jahren Haft für einen Banküberfall. Clark saß wieder im Gefängnis und traf zum ersten Mal Janne Olsson.
Janne - Der Fan Janne Olsson war im Vergleich zu Clark Olofsson ein kleiner Fisch. Nach der Schule hatte er mit seinem Bruder ein Autogeschäft eröffnet, hatte geheiratet und war Vater von zwei Kindern geworden. Aber dann ging es mit den Autogeschäften bergab und die Frau lief ihm davon. Janne brauchte Geld und überfiel eine Bank. Als er im Knast sein Idol Clark kennen lernte, konnte er sein Glück kaum fassen. Es stand von Anfang an fest, dass er alles für den Mann tun würde. 1973 kehrte Janne von einem Freigang nicht mehr zurück. Im Juli hielt er mit einem Mercedes 220 SE vor der Mauer des Kalmar-Gefängnisses und brachte Dynamit an der Mauer an. Es explodierte genau zu dem Zeitpunkt, als Clark gerade im Gefängnishof spazierte. Clark musste nur noch durch das Loch springen, dann würde ihn Janne mit dem Mercedes wegbringen. Doch Gefängniswärtern gelang es, Clark im letzten Moment aufzuhalten. Der Ausbruchversuch war missglückt.
Aber Janne Olsson hatte noch einen zweiten Plan - einen gigantischen Plan. Er würde der Welt zeigen, zu was er in der Lage war und seinen Freund befreien. Er würde eine große und wichtige Bank überfallen und dort Geiseln nehmen. Die Pläne für den Überfall auf die Kreditbank am Norrmalmstorget und damit Clark freizupressen nahmen Form an.