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Hunderte Skelette entdeckt: Das Geheimnis des mysteriösen Roopkund-Sees

New Delhi (Indien) - Ein See voller Skelette gab der Wissenschaft jahrelang Rätsel auf. Wer waren diese Menschen? Warum sind sie plötzlich gestorben, in einem einsamen Tal im Himalaya, alle zur gleichen Zeit?

Inzwischen kennt man einige der Antworten, aber immer noch ist der Roopkund-See ein See voller Geheimnisse und Rätsel, die vielleicht nie gelöst werden können. Es ist der „Mystery Lake".

► Der See liegt 5029 Meter hoch in Uttarakhand, einem nördlichen Bundesstaat von Indien. Er ist winzig, nur zwei Meter tief, die meiste Zeit von Eis und Schnee bedeckt. Nur manchmal sind die Sommer so warm, dass seine smaragdgrüne Oberfläche für kurze Zeit sichtbar wird. Das Jahr 1942 bot einen solchen milden Sommer.

Der Gebirgs-Ranger H.K. Madhwal, der für das britische Empire arbeitete, kam damals vorbei. Er erstarrte. Der kleine See, so berichtet „India Today", war voller Skelette. Aus dem grünen Wasser schauten Arm- und Beinknochen hervor, überall lagen Schädel.

Auch Skelette von Pferden lagen am Ufer des Sees. Insgesamt entdeckte man später Hunderte Skelette.

In Uttarakhand hatte man seit Langem über den See der Toten gemunkelt. Es gab Legenden, Geschichten und sogar ein Lied über den „See der Skelette", aber nun war bewiesen, dass es diesen unheimlichen Ort auch wirklich gab.

In der aufgeheizten Stimmung des Zweiten Weltkrieges hatten die Briten zuerst angenommen, es könnten japanische Soldaten gewesen sein, die versucht hatten, Indien über den Himalaya zu erobern. Aber diese Theorie wurde schnell ausgeschlossen. Dazu waren die Toten und ihre Gegenstände einfach viel zu alt!

Und noch etwas fiel den ersten Forschern sofort auf: Alle Toten hatten auf der Schädeldecke und auf den Schultern merkwürdige Verletzungen. Der Tod muss von oben gekommen sein! Die Gerüchte

Es gab schon seit dem 19. Jahrhundert Mutmaßungen und Legenden über die vielen Toten am See. So vermutete man, eine Gruppe von Menschen habe da oben in den Bergen gemeinsam Selbstmord begangen. Mit dieser Theorie konnten jedoch die Schädelverletzungen nicht erklärt werden.

► Eine Legende besagt, dass der See der Göttin Nandadevi gehörte. Als der König von Kanauj mit seiner schwangeren Frau Rani Balampa durch die Berge zog, um am Schrein der Göttin Nanda Devi ein Opfer zu bringen, bekam Randi am See ihr Kind.

Nandadevi wurde, laut der Legende, so wütend, dass der König und seine Frau eigentlich zum Schrein einer anderen Gottheit wollten, dass sie Hagel und Schnee schickte und Rani und ihre Gefolgschaft tötete. Ein tödliches Gewitter?

2004 untersuchten Forscher im Auftrag der „National Geographic Society" die sterblichen Überreste der Toten. Die Gebeine wurden, so die Seite „ Historicmysteries ", sortiert und gezählt. Am Ende wusste man, dass dort mehr als 300 Tote lagen.

Auch die Verletzungen auf den Schädeldecken und den Schulterplatten wurden untersucht.

Die Wissenschaftler konnten nur eine Erklärung finden: Es muss einen tödlichen Hagelsturm mit Hagelkörnern so groß wie Tischtennis-Bälle gegeben haben.

Anschließend wurden, so die Seite „ Atlasobscura ", noch DNS-Untersuchungen durchführt. Die Toten stammten zum größten Teil aus West-Indien. Fast die Hälfte war miteinander verwandt - also eine große Familie.

Offenbar hatte eine Sippe eine andere Gruppe von Indern in diesem Gebirgstal getroffen und alle waren dann gemeinsam in ein schreckliches Unwetter geraten. Wirklich nur ein Hagelsturm?

Natürlich gibt es Zweifler, die das Untersuchungsergebnis nicht glauben wollen. Es sei merkwürdig, dass alle Toten diese Verletzungen haben.

► Warum hat niemand versucht, andere zu schützen? Es wäre typisch, wenn beispielsweise die Kinder nur wenige Verletzungen hätten, weil sich ihre Eltern über sie gebeugt haben. Warum sind alle gestorben?

► Dass Hagelkörner schwer sein können, weiß man. Aber können sie wirklich Schädel zerstören? Würden Menschen in einem Hagelsturm nicht zum größten Teil mit schmerzhaften Beulen davonkommen?

► Außerdem: Nicht weit vom See gibt es Felsvorsprünge. Warum liefen die Menschen nicht dorthin, um sich zu schützen? Warum blieben sie, wo sie waren?

► Am mysteriösesten ist die Herkunft der Menschen. Was wollte die Gruppe von der fernen westindischen Küste überhaupt an dem See?

Die meisten der Toten stammten aus einem Gebiet, das mehr als 2000 Kilometer entfernt liegt. Es gibt nur eine Erklärung: Roopkund lag schon immer an einem Pilgerweg, der zum Schrein der Göttin Nanda Devi führt und an dem alle zwölf Jahre ein dreiwöchiges Fest stattfindet.

Der ganze Pilgerzug wird von Tänzen und Musik begleitet. Der zweithöchste Berg Indiens ist nach dieser Gottheit benannt. Allerdings: Die Göttin Nanda Devi spielte lange nur in Nordindien eine wichtige Rolle.

Auf die meisten dieser Fragen wird man wohl nie eine Antwort finden. Rücksichtslose Touristen

In Indien hat man zurzeit auch völlig andere Sorgen. Der Roopkund-See ist - nachdem sich die Wissenschaft ausführlich mit dem Massengrab beschäftigt hat - eine Attraktion für Wanderer im Himalaya geworden.

Jedes Jahr kommen zahlreiche Touristen in das einst so stille Bergtal. Leider nehmen einige von ihnen als makabres Andenken Knochen oder Schädel mit.

Anwohner haben Urlauber beobachtet, die ihre Maulesel mit Gebeinen vollpacken und damit wieder zurückziehen. Darüber herrscht allgemeines Entsetzen.

Deshalb wird im Moment geprüft, ob der Roopkund-Lake für Touristen ganz gesperrt oder auf eine andere Art unter Schutz gestellt werden soll.

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