Sankt Petersburg – Ein korpulenter Mann drängt durch die Menge zum Kinosaal, er wird von der Polizei angehalten. "Warum werden wir russische Menschen nicht reingelassen, diese Schwuchteln aber schon", fragt er so laut, dass ihn alle im Foyer hören können. Der Mann wird von etwa sieben jungen, sportlich aussehenden Unterstützern begleitet.
"Man kommt nur mit einer Einladung rein," antwortet ein Polizist leise. "Was für eine Einladung? Das ist russische Erde!" Die Menge lacht auf. "Einladung, sagen Sie!" Der Mann kann sich nicht beruhigen, er schwitzt, er streift nervös über seinen roten Bart, seine Augenlider zucken. "Zum Blasen brauchen die ihre Einladungen!"
Der aufgebrachte Mann heißt Witali Milonow, er ist Mitglied der gesetzgebenden Versammlung von Sankt Petersburg und der bekannteste Politiker der Stadt. Er war derjenige, der 2011 das Gesetz gegen "Propaganda der Homosexualität und Pädophilie unter Minderjährigen" initiiert hat. Zwei Jahre später hat die Duma ein russlandweites Verbot der "Propaganda der nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen unter Minderjährigen" verabschiedet. Witali Milonow gilt als größter Feind der schwul-lesbischen Szene Russlands.
Die Veranstaltung, die Milonow so unbedingt besuchen will, ist die Eröffnung des Filmfestivals "Side by side", das sich bereits seit acht Jahren den Themen der LGBT - also Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen- und Transgender-Community - widmet. Wegen des oben genannten Gesetzes gibt es sehr strenge Zugangskontrollen. Jeder Besucher muss mindestens 18 Jahre alt sein. Wer seinen Pass vergessen hat, kommt nicht rein. Die Organisatorinnen Gulya Sultanova und Manny de Guerre, die das Festival 2008 gegründet haben, werden von Polizisten abgeschirmt. Sie waren auf den Auftritt von Milonow vorbereitet.
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