2 subscriptions and 1 subscriber
Article

Lieferando: Dem Virus ausgeliefert

Für Lieferanten ist es nicht immer leicht, sich sozial zu distanzieren. © Paul Zinken/​dpa/​dpa

Sie bringen uns das Essen vor die Tür und gelten als systemrelevant: Aber geschützt werden die Kuriere von ihrem Arbeitgeber kaum. Nun setzen sie Lieferando unter Druck.

Seit ein paar Wochen hat Sebastian Mühlheim* einen Klingelfinger. Die Klingeln seiner Kunden drückt er nur noch mit dem Knöchel des rechten Mittelfingers, Türklinken betätigt er mit dem Ellbogen. Bevor er das Haus betritt, zieht er sich seine Sturmmaske vor Mund und Nase, die er sonst nur an kalten Tagen auf dem Fahrrad trägt. Mühlheim versucht, die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus während seiner Schichten beim Lieferdienst Lieferando so gering wie möglich zu halten. Doch oft ist das gar nicht so einfach. Auf seinen Touren hat er kaum Gelegenheit, sich die Hände zu waschen, in engen Treppenhäusern ist zu wenig Platz, um Abstand zu halten. Mühlheim ist Lieferando-Kurier in einer Stadt in Norddeutschland und möchte wie viele Mitarbeiter des Unternehmens nicht erkannt werden. Er fürchtet um seinen Arbeitsplatz.

Vor der Corona-Krise war Lieferando ein Dienst für Bequeme: Wer in der Mittagspause oder am Abend nicht vor die Tür wollte, bestellte sich über den Bringdienst Essen aus dem Restaurant. Rund 4.500 Radkuriere überbrachten im Jahr 2019 mehr als 69 Millionen Gerichte aus mehr als 50.000 Restaurants in ganz Deutschland. Mit den aktuellen Einschränkungen ist die Bedeutung des Monopolisten gestiegen, er unterstützt nun die Versorgung der Menschen zu Hause. Für viele Restaurants ist Lieferando eine wichtige Einnahmequelle, da sie Kunden nicht mehr in ihren Räumen bewirten dürfen. Rund 4.000 neue Restaurants hätten in den vergangenen Wochen bei Lieferando für eine Kooperation angefragt, sagte eine Lieferando-Sprecherin gegenüber ZEIT ONLINE. (...)

Original