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Weiterverkauf von E-Books: Niederlage für Verbraucherschützer, Situation bleibt unklar

Foto: Dumdidu CC BY SA

Für den Börsenverein des deutschen Buchhandels ist das Urteil des Oberlandesgerichts in Hamm, nach dem der Weiterverkauf von E-Books per Nutzungsbedingungen untersagt werden kann, „ein wichtiges, positives Signal" für die gesamte Buchbranche, weil es die Entstehung eines Gebrauchtmarkts für E-Books und Hörbücher verhindere. Wie es in einer Mitteilung des Börsenvereins heißt, sei ein solcher Markt weder im Sinne der Autoren, Verlage und Händler noch der Kunden. Christian Sprang, Justiziar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels: „Im Gegensatz zu gedruckten Büchern nutzen sich digitale Bücher nicht ab. Welchen Grund gäbe es, das Original zu kaufen, wenn es eine riesige Auswahl identischer, aber günstigerer Kopien gibt?"

Aus dieser Positionen heraus verteidigte sich die Plattform buch.de gegen die Klage des Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), welcher es als unzulässig betrachtete, den Weiterverkauf von E-Books und Hörbüchern per Nutzungsbedingung zu untersagen. [Update] Dieser Klage folgte zunächst das Landgericht Bielefeld in einem Urteil vom 5. März 2013 nicht. Das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.5.2014 kam dann wieder zum gegenteiligen zum gleichen Ergebnis.

Beschwerde aus formalen Gründen zurückgezogen

Der VZBV will dennoch weiter dafür streiten, dass Weiterverkaufs-Verbote für Nutzer von E-Books unzulässig sein sollen. Der Verband hatte beim Oberlandesgericht Hamm zunächst Beschwerde eingelegt, weil das Gericht keine Revision seines Urteils zulassen wollte. Doch dann entschlossen sich die Verbraucherschützer, sie wieder zurückzunehmen, nach eigenen Angaben allein aus formaljuristischen Gründen: „Die Nichtzulassungsbeschwerde hätte mangels Erreichen der Streitwertgrenze keinen Erfolg gehabt", erklärt VZBV-Referent Lutz Queckenstedt gegenüber iRights.info. Damit wird zumindest dieser konkrete Streit nicht vor dem Bundesgerichtshof landen, der ein höchstrichterliches Urteil sprechen könnte.

Dieser Rückzug überraschte selbst den Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Dort ging man davon aus, dass der VZBV alle ihm gegen die Entscheidung verfügbaren rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft. „Der VZBV hätte die Möglichkeit gehabt, gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde einzulegen, um seine Rechtsansicht weiter zu verfolgen", so Börsenvereins-Sprecherin Claudia Paul auf Anfrage von iRights.info.

VZBV beharrt auf seinen Standpunkten

Doch einen Gang in höhere und höchste Instanzen will der VZBV nicht allgemein ausschließen . „Unser Standpunkt ist in der Sache grundsätzlich unverändert", so Lutz Queckenstedt, der auf ein Verfahren beim Oberlandesgericht Hamburg (AZ 312 O 414/10) verweist. Hier geht es um eine Klage des Verbandes gegen den Buchgroßhändler Libri, in der er die Unzulässigkeit von Vertragsklauseln moniert, die die Weitergabe und den Weiterverkauf von MP3-Audiodateien betrifft.

Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. September 2011 ( PDF), ist jedoch noch nicht rechtskräftig, der VZBV ging in die Revision. Auf dieses Urteil der Hamburger Richter geht übrigens auch das Oberlandesgericht Hamm in den Begründungen zu seiner Entscheidung ein.

Im Mittelpunkt der Abwägungen steht dabei auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2012, das den Weiterverkauf legal erworbener Software auch bei Downloads für zulässig erklärte. In einer Bewertung der damaligen Entscheidung schrieb Till Kreutzer von iRights.info, dass der Europäische Gerichtshof damit eine wichtige, grundsätzliche Rechtsauffassung klar zum Ausdruck gebracht habe: „Wertungen, die in der physischen Welt getroffen werden, müssen auch in der Online-Welt gelten."

E-Books keine Software

Das Oberlandesgericht Hamm kommt in seinem Urteil jedoch zum Schluss, dass für als Dateien erworbene E-Books nicht dasselbe gelte wie für Software. Konkret gelte der sogenannte Erschöpfungsgrundsatz für E-Books nicht. In seiner ausführlichen Begründung verweist das Gericht besonders auf die unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen für Software und andere Werke, die sich auch in zwei separaten EU-Richtlinien zeigen.

Erschöpfungsgrundsatz

Diese Ungleichbehandlung sei vom Gesetzgeber gewollt, weil Software „mit den allgemeinen Regeln des Urheberrechts nicht angemessen zu bewerten sei". Ob sich höhere Instanzen dieser Einordnung von E-Books anschließen, bleibt abzuwarten. Auf lange Sicht wird der Streit wohl dennoch beim Bundesgerichtshof oder über nationale Gerichte beim EuGH landen. Zumal es in anderen EU-Ländern offenbar abweichende, aber ebenfalls richterlich geprüfte Rechtsauffassungen in dieser Sache gibt, wie das vor ein paar Wochen in den Niederlanden ergangene Urteil zum Gebraucht-E-Book-Händler Tom Kabinet zeigt. Ein Amsterdamer Gericht erlaubte den Weiterverkauf und berief sich dabei auf das erwähnte EuGH-Urteil von 2012 zu Gebraucht-Software, welches es hinsichtlich E-Books als nicht eindeutig genug betrachtete.

Bis zu einem klaren Urteil des Bundesgerichtshofs oder des Europäischen Gerichtshofs bleibt die Situation für die Nutzer in der EU weiterhin unsicher, was sie nun mit legal erworbenen E-Books und anderen digitalen Inhalte machen dürfen. Nur bei Software ist die Sache auch bei Downloads klar.

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