Stand: 26.01.2021 11:03 Uhr
Dopingsünder oder gar -Netzwerke zu finden, ist für Kontrolleure bislang die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Um Menschen zu ermutigen, ihre Hinweise zu Doping weiterzugeben, geht eine vielversprechende internationale Whistleblower-Plattform online.
von Hendrik Maaßen
Immer wieder wandte sich Witali Stepanow 2012 und 2013 an die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Er, der damals selbst Dopingkontrolleur der russischen Anti-Doping-Agentur war, wollte die Hüter des weltweiten Kampfes gegen Doping darüber informieren, dass in seinem Land etwas gehörig schiefläuft. Doch seine Berichte versandeten. Erst als er sich an die ARD wandte, kam das russische Staatsdoping ans Licht.
Witali und seine Frau Julia Stepanowa mussten nach ihren Aussagen aus Russland fliehen, lebten lange Zeit in Angst um ihr Leben an einem geheimen Ort. Jetzt soll eine Art anonymer Briefkasten für Hinweisgeber Leidensgeschichten wie die der Stepanows verhindern. Über die Internetseite "Reveal.Sport" können jegliche Hinweise zu Doping gegeben werden.
Sechs Experten arbeiten in Vollzeit"Die Person kann entscheiden, ob sie vollkommen anonym bleiben oder ihren Namen angeben möchte. Wenn sie 'anonym' anklickt, werden wir nichts über sie wissen. Wenn sie sich aber entscheidet, ihre Identität preiszugeben, dann können wir mit ihr in Kontakt treten, uns über die Informationen austauschen, per Telefon oder über einen verschlüsselten Postkasten", erklärt Benjamin Cohen von der International Testing Agency (ITA), die die Plattform betreibt. Zum Start des Angebots arbeiten sechs Mitarbeiter in Vollzeit daran, die Informationen auszuwerten.
"Die meisten kommen aus der Polizeiarbeit oder aus der Kriminalistik. Experten, die sich mit Hinweisgebern auskennen: Forensiker, Personen aus der Terrorabwehr. Sie haben viel Erfahrung im Umgang mit sensiblen Informationen", so Cohen.
Vor allem Informanten decken Doping-Skandale aufDie ITA hat viel Erfahrung im Umgang mit Doping-Tests. Die Stiftung koordiniert die Kontrollen für 45 Weltverbände und auch für die Olympischen Spiele. Doch der direkte Kontakt mit möglichen Whistleblowern ist für die Agentur neu und zugleich vielversprechend: Denn die meisten Dopingskandale wurden bislang nicht durch Tests, sondern durch Informanten aufgedeckt. Aber diese Hinweisgeber haben in vielen Fällen negative Konsequenzen erlebt. Einen Zeugenschutz kann aber auch die Plattform nicht bieten. Bleibt die Frage, ob "Reveal" den Stepanows geholfen hätte?
In Kontakt mit staatlichen Stellen"Reveal ist natürlich neu. Darüber müssten wir dann in einem halben Jahr noch einmal sprechen", sagt Cohen und betont: "Wenn es einen zweiten Fall wie den der Stepanows geben würde, dann hätten wir die richtigen Fähigkeiten und Kompetenzen, sofort zu reagieren. Sei es zusammen mit der WADA, der Polizei oder selbst mit Interpol, mit denen wir auch in Verbindung stehen."
Eine große Aussage, an der sich die neue Whistleblower Plattform "Reveal" bald messen lassen muss.
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Sport aktuell | 26.01.2021 | 14:25 Uhr