Deutschland gegen Frankreich, das klingt eigentlich nach einer attraktiven Spielpaarung. Doch für das Testspiel der deutschen Nationalmannschaft am 14. November in Köln waren einen Tag vorher noch rund 15.000 Karten zu haben. Der DFB beklagt schon länger ein abnehmendes Interesse an den Spielen der Nationalmannschaft jenseits der großen Turniere. DFB-Vizepräsident Rainer Koch begrüßt daher auch die Einführung der "Nations League": "Es ist wichtig, attraktive Angebote zu schaffen. Auch aus Solidarität zu den kleineren Fußballnationen in Europa , die über die Länderspiele große Teile ihres nationalen Verbandshaushaltes erwirtschaften."
Doch ob der neue Wettbewerb erfolgreich ist, bleibt fraglich. In einem komplizierten Prozedere sollen ab Herbst 2018 alle 55 Mitgliedsländer der UEFA in vier Ligen gegeneinander antreten. Um richtig viel geht es dabei nicht. Die Länder können Qualifikationspunkte sammeln oder in eine der anderen Ligen auf- oder absteigen. Ein Team aus jeder der vier Ligen qualifiziert sich außerdem für die EM.
Doch genau in diese "Nationen Liga" investieren ARD und ZDF unbestätigte 122 Millionen Euro. Für den Ökonomen Henning Vöpel ein mutiges Investment: "Das ist natürlich eine Wette auf die Attraktivität, auf die Popularität des Fußballs die augenblicklich enorm hoch ist."
Diese Attraktivität lockt immer mehr Konkurrenten auf den TV-Sportrechtemarkt. Die Preise explodieren, ARD und ZDF sind zuletzt häufiger leer ausgegangen: Die EM und WM Qualifikationsspiele der Nationalmannschaft laufen bei RTL, die Champions-League ab der kommenden Saison nicht mehr beim ZDF, sondern nur noch bei Sky und dem Streaming-Dienst DAZN. Der Erwerb der "Nations League"-Rechte ist offenbar auch ein Versuch der öffentlich rechtlichen Sender, ein letztes Stück vom Fußball-Kuchen abzubekommen.
"Die Nationalmannschaft komplett fallenzulassen und an RTL oder an jemand anderen abzugeben ist für uns eine schwere Option, weil wir dann unsere Zuschauer davon entwöhnen", meint Axel Balkausky, ARD-Sportkoordinator. Populärer Inhalt wie Fußball soll auch in Zukunft Zuschauer in die öffentlich rechtlichen Angebote locken. "Aber nicht um jeden Preis", so Balkausky.
Stattdessen bereitet man sich auf "Fußball-ärmere" Zeiten im Programm vor. So ist für August 2018 eine Art Mini-Olympia geplant. Bei den "European Championships" finden erstmals die Leichtathletik EM in Berlin und sechs weitere Europameisterschaften im schottischen Glasgow (Schwimmen, Triathlon, Radsport, Rudern, Turnen und Golf) parallel und auf den Zeitplan der TV-Anstalten abgestimmt statt. Vorbild hierfür sind die langen Wintersportübertragungen, bei denen sich die Verbände den Bedürfnissen der Sender angepasst haben um als Event ins Programm zu kommen.
Nachdem jahrelang die Übermacht des Fußballs beklagt wurde, könnten die teuren Sportrechte bei ARD und ZDF nun das Gegenteil bewirken: Weniger Fußball und stattdessen wieder mehr Platz für andere Sportarten im Programm.
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