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5 Folgen der Covid-19-Pandemie zeigen, warum Frauen und Mädchen am härtesten betroffen sind

Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt werden durch Krisen und Konflikte stark benachteiligt. Für sie ist es schwieriger, sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu schützen, sich finanziell abzusichern oder Zugang zu Gesundheitsversorgung zu erhalten. Das Global Goal 5 der Vereinten Nationen macht sich für die Gleichstellung der Geschlechter stark. Wenn du dich auch für dieses und andere Themen einsetzen willst, werde hier mit uns aktiv.

Freunde treffen, Feste feiern, in ferne Länder reisen: Es ist nicht immer leicht, auf all die schönen Dinge zu verzichten und die Maßnahmen einzuhalten, die wir aufgrund der COVID-19-Pandemie befolgen müssen. In einigen Instanzen sorgt die derzeitige Krise für Unverständnis, Angst und dem Gefühl, ungerecht behandelt zu werden.

Bereits bestehende Ungleichheiten werden durch Krisen noch verstärkt. Frauen und Mädchen, die in beinahe allen Gesellschaften zu den marginalisierten Gruppen gehören, sind von den gesundheitlichen und den ökonomischen Folgen durch COVID-19 besonders getroffen.

Diese fünf Folgen treffen Frauen und Mädchen am härtesten:

1. Höheres Infektionsrisiko und Mehrfachdiskriminierung

Rund 75 Prozent der Menschen in Deutschland, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, sind laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Frauen. Einer aktuellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit zufolge beträgt der Frauenanteil im Lebensmitteleinzelhandel 73 Prozent, beim Gesundheitspersonal sind es 76 Prozent und in der Kinderbetreuung 92 Prozent.

Weltweit sieht die Situation ähnlich aus, wie Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen. In all diesen Berufen ist eine Arbeit im Homeoffice nicht möglich. Somit sind die Frauen durch ihre Arbeit mit und am Menschen einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt.

Einer Studie des Londoner Institute of Fiscal Studies zufolge ist die Wahrscheinlichkeit für schwarze Frauen an COVID-19 zu sterben, um 4,3 Mal höher als für weiße Frauen. Sie kommen häufig aus sogenannten benachteiligten Regionen, in denen es überdurchschnittlich hohe Arbeitslosen- und Kriminalitätsraten gibt und der Zugang zu Gesundheitsversorgung eingeschränkt ist. In den USA wurde festgestellt, dass viele afroamerikanische Frauen aus ähnlichen Gründen an COVID-19 erkranken.

2. Periodenarmut und ungewollte Schwangerschaften

In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen könnten Verdienstausfälle nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) zufolge dazu führen, dass Frauen keinen Zugang mehr zu Menstruationsprodukten und Verhütungsmitteln haben.

Demnach rechne man damit, dass weltweit 47 Millionen Frauen infolge der Coronakrise nicht mehr verhüten können. Etwa sieben Millionen von ihnen werden ungewollt schwanger. Besonders die Ärmsten trifft es besonders hart und häufig kommt es zu unsicheren Abtreibungen, die auch das Leben der Mütter gefährden.

3. Schnellere Kündigung und weniger Einkommen

Frauen und Mädchen weltweit leiden am stärksten unter den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. So sind sie oft die Ersten, die ihren Job verlieren.

Erst kürzlich wurde bekannt, dass die Fast Fashion-Modekette H&M im Rahmen eines sogenannten Freiwilligenprogramms rund 800 Mitarbeiter*innen in Deutschland entlassen wird - darunter hauptsächlich junge Mütter in Elternzeit. Zwar dementierte der Konzern dieses Vorgehen inzwischen und teilte mit, dass sich das Programm an alle Mitarbeiter*innen wenden würde, doch ein internes Dokument zeige das Gegenteil, wie der Spiegel schreibt.

Auch in Indien sind Frauen stärker vom Arbeitsplatzverlust infolge der COVID-19-Pandemie betroffen, wie eine aktuelle Studie in 17 Ländern zeigt.

Sollten Frauen ihre Arbeit behalten, so müssen sie höhere Einbußen bei der Arbeitszeit in Kauf nehmen als Männer und bekommen seltener Aufstockungen beim Kurzarbeitergeld. Laut einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung hat sich im Juni 2020 die tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit gegen Entgelt bei den Männern mit 38 Stunden dem Vor-Pandemie-Niveau wieder angenähert. Bei den Frauen fehlten mit durchschnittlich 32 Stunden noch drei Stunden zum Zustand vor der Pandemie, in der sie bereits fünf Stunden weniger gegen Entgelt arbeiteten.

Durch weniger Erwerbseinkommen besitzen Frauen weniger Erspartes, auf das sie in Krisenzeiten zurückgreifen können.

UN Women gehen davon aus, dass das Gender Poverty Gap als Folge der COVID-19-Pandemie noch weiter auseinandergehen wird. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2021 rund 435 Millionen Frauen und Mädchen weltweit weniger als 1,90 US-Dollar (rund 1,58 Euro) täglich zur Verfügung haben - die Pandemie wird 47 Millionen davon in die Armut getrieben haben.

4. Mehr Haushalts- und Familienarbeit und Auswirkungen auf mentale Gesundheit

Befinden sich betreuungsbedürftige Kinder im Haushalt, arbeiten Männer hierzulande 39 statt 41 Stunden, während Frauen statt 31 nur noch 28 Stunden im Job verbringen. Die Schließungen von Schulen und Kitas führen zu einem Anstieg der Pflege- und Haushaltsarbeit bei den Frauen und treibt den Rückfall in alte Rollenmuster voran.

Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung gaben 69 Prozent der Frauen an, sich überwiegend selbst um die Hausarbeit wie Kochen, Kinderbetreuung und schulische Unterstützung zu kümmern. Hingegen nahmen nur elf Prozent der befragten Männer dies für sich in Anspruch. Bei der Kinderbetreuung und beim Homeschooling sind die Zahlen ähnlich und spiegeln die Tendenz weltweit wieder. In 13 von 17 von der globalen Initiative Women Deliver und der französischen Organisation Focus 2030 untersuchten Ländern berichten Frauen von einer höheren Belastung im Haushalt.

Für die mentale Gesundheit der Frauen bleibt das nicht ohne Folgen, wie das aktuelle " Deutschland-Barometer Depression " zeigt. Dabei gaben 49 Prozent der Frauen an, dass ihre psychischen, emotionalen oder körperlichen Reserven durch die Coronakrise erschöpft seien. Bei den Männern waren es nur 30 Prozent.

5. Anstieg der geschlechterspezifischen Gewalt und weniger Schutzmaßnahmen

Die Fälle von häuslicher Gewalt in Deutschland sind in den vergangenen Jahren angestiegen. Expert*innen befürchten eine weitere Verschärfung der Lage durch Corona-Stressfaktoren wie etwa existenzielle Sorgen. In der Quarantäne und im Lockdown sind Frauen und Kinder einem gewalttätigen Familienmitglied stärker ausgeliefert. Eine erste repräsentative Studie der TU München kam bereits im Frühsommer 2020 zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Opfer in häuslicher Isolation in die Höhe gegangen ist.

Aufgrund der steigenden ökonomischen Abhängigkeit von Partnern durch die COVID-19-Pandemie könnte es für die Frauen und Kindern zudem schwerer werden, einen Ausweg aus derartigen Beziehungen zu finden.

Hinzu kommt, dass die Schutzmaßnahmen für Frauen vor Gewalt in vielen Ländern eingeschränkt wurden und Frauenhäuser oder Beratungsstellen geschlossen werden mussten. Gleichzeitig verzeichneten viele Länder als Folge einen Anstieg von Anrufen bei Hilfe-Hotlines - in Deutschland wurden bis zu 20 Prozent mehr Anrufe als im Vorjahreszeitraum gemessen.

Zum Schluss die hoffnungsvolle Nachricht: Es gibt bereits einige erfolgreiche Ansätze zur Bekämpfung dieser katastrophalen Folgen. Der Bevölkerungsfonds (UNFPA) und UN Women der Vereinten Nationen haben Leitfäden veröffentlicht und Checklisten herausgegeben, die politische Entscheidungsträger*innen dazu auffordern, zu handeln. Wenn du auch aktiv etwas zur Gleichstellung der Geschlechter tun willst, dann werde hier aktiv.

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