Hier sprechen regelmäßig Menschen, die von Armut betroffen sind.
Stefanie (Name geändert), 40 Jahre, arbeitet seit 24 Jahren als Floristin bei München, seit 16 Jahren ist sie selbstständig. Monatlich bleibt ihr ein Gewinn von ungefähr 400 Euro netto. Davon gibt sie ca. 280 Euro für Lebensmittel aus.
Da sie eine Wohnung im Haus ihrer Eltern hat, spart sie sich die Mietkosten. Andere monatliche Fixkosten fallen nicht an. Der Handyvertrag und die Kosten für das Auto werden über ihre Firma berechnet.
Wieso lebst du bei deinen Eltern?Auf der einen Seite unterstützen sie mich auf diese Art, denn ich spare mir so die Miete. Andererseits war das auch eine bewusste Entscheidung bei ihnen zu wohnen. Ich würde auch bei ihnen leben, wenn ich mehr Geld hätte, denn ich möchte bei ihnen sein.
Ist es dir nicht unangenehm, dass du deinen Eltern keine Miete bezahlen kannst?Ich möchte meinen Eltern gerne Miete bezahlen, aber das geht nicht.
Würdest du dich selbst als arm bezeichnen?Nein. Ich bin mit dem, was ich mache, glücklich und zufrieden. Manchmal bin ich allerdings etwas traurig. Ich arbeite und würde auch gerne mal in den Urlaub fahren oder einfach sorgenfrei leben. Aber arm fühle ich mich nicht. Arm sind andere Menschen. Ich habe was zu tun und muss nicht auf der Straße schlafen. Menschen, die keine Arbeit haben oder obdachlos sind, sind in meinen Augen arm.
Wie lange dauert es bis das Geld knapp wird? Schwankt das bei dir als Selbstständige?Nein. Das ist immer Anfang und Ende des Monats, so vom 25. bis zum 6. des darauffolgenden Monats. Dann, wenn alle Kosten vom Konto abgebucht werden, ist es immer besonders eng.
Was war das krasseste was du mal für Geld gemacht hast?Ich habe noch nie etwas krasses getan. Dafür bin ich zu bodenständig. Es gab Situationen, in denen ich mir dazu Gedanken gemacht habe. Aber ich habe für mich eine Entscheidung getroffen:
Was hast du dir zuletzt gegönnt?Ein Seminar bei einem Mentalisten, das mich sehr interessiert hat. Das habe ich mir geleistet.
Und worauf hast du das Gefühl verzichten zu müssen?Ich würde gerne auf die stress-und sorgenfreien Momente verzichten. Mir geht es nicht um das Materielle, sondern um das Seelische.
Was müsste sich in Deutschland deiner Meinung nach ändern, damit sich die Situation von Floristen verbessert?Grundsätzlich ist es so, dass der Beruf von Floristen in den vergangenen Jahren bedeutend an Anerkennung gewonnen hat. Vor einigen Jahren hat eine Vollzeitfloristin noch 1200 Euro brutto verdient. Heute sind das immerhin schon 1800 bis 1900 Euro.
Es müsste so sein, dass nur Meister einen Laden aufmachen dürfen und eine Meisterpflicht für Floristen herrscht.
Das Friseurhandwerk hat mit den 10-Euro-Läden zu kämpfen. Sind Blumen vom Discounter die Billig-Friseure der Floristen?Als Blumen in die Discounter eingezogen sind, war das ein großes Problem.
Damit die Kunden das wieder als handwerkliches Produkt ansehen, müsste das beschränkt werden. Aber das ändert sich schon.
Was können Floristen selbst zum Wandel beitragen?Uns Floristen muss wieder bewusst werden, dass wir Handwerker sind und, dass das Leistungen sind, die bezahlt werden müssen. Das ist bei uns genauso wie bei einem Künstler. Beim Floristen muss auch die Idee bezahlt werden. Das können diese ganzen Billig-Betriebe nicht leisten. Ich vergleiche das gerne mit einem Theater-Schauspieler, der jeden Tag sein Publikum begeistern muss und der dafür auch Geld bekommen muss.
Würdest du also sagen, dass es an den Floristen selbst liegt, dass die Branche krankt?Ja.
Es gibt so viele Menschen wie XY-Bauernhoftante, die die Ware für nichts verkauft. So etwas schadet uns unwahrscheinlich. Aber durch Neuerungen wie z.B. eine Kassenpflicht sterben solche Menschen aus und dadurch wird es uns gelernten Floristen auch wieder besser gehen.