Wie kommt das Neue in die Welt? Zu dieser Frage debattierten Wolf Lotter und Thomas Ramge vom Wirtschaftsmagazin brand eins in einer Berliner Veranstaltung. Lotter hat mich dabei am meisten überzeugt, da er deutlich macht, mit welchem alten Denken wir die Digitalisierung angehen. Joseph Schumpeter hätte seine Freude gehabt. Lotter reibt sich an den 08-15-Konzepten und an dem mechanistischen Denken aus der Massenfertigung auf. Das hatte alles seine Daseinsberechtigung zu Zeiten der Mangelwirtschaft, der Armut und des Hungers. Heute gehe es in den entwickelten Volkswirtschaften um eine Ökonomie des qualitativen Wachstums. Das sei der Grund, warum Lotter so wahnsinnig unzufrieden ist. Die Digitalisierung werde als Fortsetzung des industriellen Denkens begriffen - auch der Einsatz der Künstlichen Intelligenz, die in öffentlichen Diskursen viel zu hoch gehängt wird. Da können noch so viele Erfolge im Schach oder anderen Spielen erzielt werden. Hier ist der Weg von A bis Z vorgezeichnet. Das können Maschinen besser. Aber sie können eben nicht denken. "Es wird keine Singularität geben. Es wird keine Intelligenz geben, die den Menschen ablöst", so Lotter. Was da an Mythen kursiere, ist eher Silicon-Valley-Esoterik. Welche Persönlichkeiten brauchen wir für Innovationen? Lotter bringt einige ins Spiel, die man möglichst meiden sollte. Etwa Propheten, die es in Glaubensgemeinschaften, in der Dogmatik und in der Ideologie gibt. "Entweder Du machst mit oder Du landest in der Hölle. Ich bin gut und Du bist böse, hier ist mein Evangelium - die nicht sehr anschlussfähigen Damen und Herren, die in ihren Bubbles leben und den anderen die Welt erklären", so Lotter.
Es sind Bühnenkünstler, die von Disruption und kreativer Zerstörung labern, aber beispielsweise Schumpeter noch nie im Original gelesen haben. Wer noch ein paar Fragen zur Sinnhaftigkeit hat, ist von vorgestern und hat nichts kapiert. So denken Sektierer. Kritischer Rationalismus ist besser. Auch in der Netzökonomie.