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Treffen der „Werteunion": „Ich glaube, dass wir etwas bewegen können"

Die Atmosphäre könnte kaum friedlicher sein im beschaulichen Schwetzingen, als sich am Samstag die Merkel-Kritiker der Union zur Rebellion treffen. Im idyllisch gelegenen Palais Hirsch haben sich gut 90 Mitglieder der sogenannten „Werteunion" versammelt, die den konservativen Markenkern der CDU wiederbeleben wollen. Es sind zu achtzig Prozent gut situierte Männer, die den 50. Geburtstag bereits hinter sich haben und sich wegen des Links-Kurses der Kanzlerin nicht mehr in der Union zuhause fühlen.

Jahrelang sei der innerparteiliche Diskurs in der Partei ins Hintertreffen geraten, erklärt Peter Scholze aus Worms. Besonders in der Flüchtlingspolitik habe man gemerkt, dass dem Staat die Kontrolle entglitten sei, sagt Scholze, der seit den 1980er Jahren in der Kommunalpolitik aktiv ist. Trotzdem ist auch er nicht prinzipiell gegen Zuwanderung, nur müsse diese beschränkt werden und gesteuert erfolgen.

Mit dieser Forderung wolle er aber auf keinen Fall als Sympathisant der AfD verstanden werden, denn die sei der politische Gegner, schiebt Scholze hinterher. Das macht am Samstag auch der Vorsitzende der „Werteunion" Alexander Mitsch deutlich. „Die AfD ist weder konservativ, noch christlich", rief Mitsch den Gästen in Schwetzingen zu. Außerdem sei sie stark sozialistisch und bekenne sich nicht zur westlichen Orientierung Europas.

Zurück zum Ursprung

Dass die „Werteunion", die nach eigenen Angaben mehr als 1000 Mitglieder hat, das Konservative innerhalb der Union stärken wolle, war den Teilnehmern wichtig zu betonen. „Wir sind keine Räuber und Wegelagerer, sondern wollen zum ursprünglichen CDU-Kurs zurückkehren", sagt auch Peter Scholze.

Das sehen viele Mitglieder in Schwetzingen ähnlich. Der Hauptredner des Tages, der Generalsekretär der baden-württembergischen CDU Manuel Hagel, erntet beherzte Jawohl-Rufe aus dem Publikum. Auch weil er gleich zu Beginn seines frei gehaltenen „Referats" erklärt, in dem jeder zweite Satz entweder mit „Wir Konservative..." oder „Wir Christdemokraten..." beginnt, dass das Konservative seinen Platz in der Mitte der CDU habe. Auch mit seinen Äußerungen, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre und der Doppelpass ein Integrationshindernis sei, traf Hagel in dem schmucklosen Tagungsraum auf viel Zustimmung.

Trotzdem kam es bei der Verabschiedung des „Konservativen Manifests", in dem die „Werteunion" eine drastische konservative Kurswende der CDU fordert, zu hitzigen Diskussionen beim Thema Migration und Islam. Vor allem Teilnehmer mit juristischem Sachverstand sahen sich in der Debatte, ob man sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aussprechen sollte, genötigt, auf das Grundgesetz hinzuweisen.

Ein Manifest des Konservativismus

Dass die Bundespartei in Berlin die vor einem Jahr gegründete „Werteunion" nicht ignorieren wolle, sieht man in Schwetzingen durch jüngste Äußerungen der neuen Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer belegt. Sie hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Freitag gesagt, jeder in der Partei sei eingeladen, sich in die Diskussion über das neue Grundsatzprogramm einzubringen. Ein wichtiges Signal, dass man ernst genommen werde, findet auch Peter Scholze aus Worms.

Von dem „Konservativen Manifest", das am Ende nur mit einer Enthaltung verabschiedet wird, gehe ein klares Signal aus, glaubt auch ein anderer Teilnehmer aus Karlsruhe, der seinen Namen lieber nicht in den Medien lesen möchte. „Das Signal geht aber nicht an Angela Merkel, denn die ist beratungsresistent, sondern an die Abgeordneten der Union." Wenn diese nicht dafür sorgten, dass der Rechtsstaat durchgesetzt werde, verlören sie ihr Mandat, so der Karlsruher.

In dem dreiseitigen Papier wird eine personelle Erneuerung gefordert, was viele in Schwetzingen als Aufforderung an Angela Merkel verstehen, nicht mehr als CDU-Vorsitzende anzutreten. Beim nächsten Bundesparteitag im Herbst müsse Merkel den Weg freimachen, hatte Alexander Mitsch am Freitag in einem Interview mit FAZ.NET gesagt. Wie bei Mitsch fallen auch in Schwetzingen als mögliche Nachfolger Namen wie Jens Spahn oder Carsten Linnemann. Inhaltlich mahnt die „Werteunion" in dem Manifest an, die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu prüfen, die doppelte Staatsbürgerschaft abschaffen und die Aufnahme von Flüchtlingen auf 50.000 pro Jahr zu begrenzen.

Als das Manifest am Ende verabschiedet und die Versammlung zu Ende ist, ist die Stimmung zufrieden - auch bei Peter Scholzer aus Worms. „Ich gehe mit einem guten Gefühl nach Hause", sagt er beim Hinausgehen. „Und ich glaube noch mehr als heute morgen, dass wir etwas bewegen können."

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