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Trumps Russland-Affäre: Jeff Sessions wehrt sich gegen Trump

Es war ein weiterer Tiefpunkt des ohnehin gestörten Verhältnisses zwischen dem amerikanischen Präsidenten und seinem Justizminister, als Donald Trump am Mittwochnachmittag Jeff Sessions auf Twitter kritisierte. In einem Tweet bezeichnete er eine Untersuchung des Justizministeriums als „beschämend." Es geht dabei um den vermuteten Missbrauch der FISA-Überwachung, einem geheimen Prozess, der die Abhörung von Amerikanern unter bestimmten Bedingungen ermöglicht. Trump warf dem Justizminister vor, Untersuchungen zu verschleppen und stellte die Neutralität des mit der Untersuchung betrauten Ermittlers infrage. Sessions hatte nämlich den Generalinspekteur des Justizministeriums, Michael Horowitz, der von Obama ernannt wurde, mit der Untersuchung beauftragt. Ein vielbeachtetes Memo des Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Devin Nunes, hat den Stein ins Rollen gebracht. Darin unterstellt Nunes dem FBI, die Abhörung von Carter Page, einem Mitarbeiter der Trump-Kampagne, auf Basis von tendenziösen Hinweisen beantragt zu haben.

Sessions, der des Öfteren von Trump attackiert wird, meldete sich nach dem jüngsten Angriff in aller Deutlichkeit zu Wort. In einem schriftlichen Statement ließ er verlauten, dass er den „angemessenen Prozess" zur Untersuchung der Vorwürfe in die Wege geleitet habe. Der Justizminister schob noch hinterher, dass er die Pflichten seines Amtes „mit Anstand und Ehre" erfüllen und seine Behörde „in fairer und unparteiischer Weise und im Einklang mit Gesetz und Verfassung" arbeiten werde.

Diese neuerliche Eskalationsstufe veranschaulicht das institutionelle Dilemma, in dem sich der amerikanische Justizminister befindet. Denn dessen Rolle wird von der Verfassung nur dahingehend festgelegt, dass er die Umsetzung der Bundesgesetze verantwortet und die amerikanische Regierung in Rechtsstreitigkeiten vertritt. Allerdings ist sie darauf nicht ausdrücklich beschränkt. Ursprünglich hatte der „Attorney General" auch keinen Ministerrang, aber George Washington begann in seiner zweiten Amtszeit 1792 seinen Justizminister Edmund Randolph in den politischen Prozess einzubeziehen. Dadurch wurde der Grundstein für den Konflikt zwischen Parteipolitik und der judikativen Verantwortung gelegt.

Sessions war einst Trumps loyalster Unterstützer

In dieser Zwickmühle sitzt nun auch Jeff Sessions. Denn die Aufgabe des Justizministeriums ist es nun, mögliche Straftaten von Donald Trumps Wahlkampfteam im Zusammenhang mit der russischen Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf zu untersuchen. Eigentlich hatte es sich der amerikanische Präsident nicht träumen lassen, dass er sich darüber je sorgen müsse. Schließlich hatte er einen seiner loyalsten Anhänger zum Justizminister befördert. Jeff Sessions war der erste amerikanische Senator, der Donald Trump im Wahlkampf offiziell unterstützte. Das geschah auch noch zu einem wichtigen Zeitpunkt und in einer medienwirksamen Art und Weise. Dies geschah im Februar 2016, wenige Tage vor dem „Super Tuesday", an dem die Vorwahlen zur Kandidatur in mehreren Staaten gleichzeitig stattfinden. Sessions setzte bei einer Kundgebung mit 25.000 Personen in seinem Heimatstaat Alabama eine rote „Make America great Again"-Kappe auf und verkündete seine Unterstützung für Trumps „Bewegung".

Doch dieser Tag im Februar dürfte aus Trumps Gedächtnis gestrichen worden sein. Denn der 2. März des vergangenen Jahres wirft einen dunklen Schatten auf die Freundschaft der beiden Männer. Weil Sessions bei der Anhörung im Senat, die seiner Bestätigung als Minister vorausging, seine Gespräche mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak verschwieg, musste er sich in allen Fragen der Russland-Ermittlungen seines Ministeriums als befangen erklären. Das gab letztlich den Ausschlag für seinen Stellvertreter Rod Rosenstein, der nun dafür zuständig war, den Sonderermittler Robert Mueller zu ernennen, um eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe weiterhin zu gewährleisten. Genau diese Unabhängigkeit stellt für Trump nun das Problem dar, denn sie bedeutet, dass die Untersuchung nicht mehr von einem loyalen Mitstreiter geführt wird.

Um Robert Mueller nun loszuwerden, hat Trump zwei Möglichkeiten: Entweder er entlässt Jeff Sessions und ein neuer Justizminister, der sich nicht für befangen erklären muss, feuert den Sonderermittler. Oder er entlässt Sessions' Stellvertreter Rosenstein, der die Russland-Ermittlung derzeit leitet, und dessen Stellvertreter beendet dann Muellers Ermittlung. Beide Möglichkeiten bieten für Trump erhebliche Risiken. Letzteres Szenario wurde genauso bereits von Richard Nixon praktiziert, was ihm im Zuge des Watergate-Skandals das Präsidentschaftsamt kostete. Die Möglichkeit durch Sessions' Entlassung einen neuen Justizminister zu plazieren, wird sich politisch kaum durchsetzen lassen. Denn dieser müsste vom Justizausschuss des Senats mit einer einfachen Mehrheit bestätigt werden, in dem Republikaner 11 und Demokraten 10 Mitglieder stellen. Doch der republikanische Vorsitzende Lindsey Graham hat Trump bereits im Sommer vergangenen Jahres gedroht, dass er einen hohen Preis zahlen müsse, wenn er Sessions entlasse. Auch ein weiteres republikanisches Mitglied des Ausschusses, Jeff Flake aus Arizona, fiel bereits mit harter Kritik an Trump auf, weil er dessen Diskreditierung der Presse als beispiellos und unberechtigt kritisierte.

In Anbetracht der kritischen Stimmen im Senat ist es unwahrscheinlich, dass ein neuer Justizminister die Bestätigung der Senatoren bekommen könnte, selbst wenn dieser zuvor in der Anhörung versichern würde, Robert Mueller nicht zu entlassen. Allerdings erwecken die immer wiederkehrenden Angriffe auf Sessions den Eindruck, dass Trump dessen Entlassung argumentativ als Grundlage für diesen Weg vorbereitet.

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