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Weite Wege durch die Welt


 

Nach dem Abitur wollte ich nur eines: Weg, weg von dem Internat, in dem ich sechs Jahre die Schule bei Ordensfrauen besuchte. Ich beschloss, eine räumliche Distanz zwischen mich und das Internat zu bringen. Die Ferien verbrachte ich zu Hause und verdiente bei der Post ein paar Groschen dazu. Ich machte Urlaubsvertretung und war für den Innendienst zuständig. Nebenher überlegte ich mir, was und wo ich studieren wollte. Von verschiedenen Universitäten forderte ich Unterlagen an und informierte mich. Schließlich entschloss ich mir für Aachen. Zur Auswahl standen noch Freiburg und Tübingen. Am liebsten wäre ich nach Hamburg oder so und hätte Textilwissenschaften studiert, aber das war dann doch zu weit. Vor allem für meine Eltern. Sie wollten sich mit so einer Distanz zur einzigen Tochter nicht abfinden. Daher wählte ich die RWTH Aachen als Studienort, sozusagen zweite Wahl.

 

Mit dem Zug fuhr ich in die Kaiserstadt am Dreiländereck  und traf dort in den frühen Abendstunden ein. Es fing schon an zu dämmern. Kurz bevor der Zug in den Bahnhof einlief, packte ich meine Habseligkeiten zusammen und begab mich auf den Flur. Hier beobachtete ich all die Leute, die mit mir aussteigen wollten und beneidete diejenigen, die ein Zuhause hatten und wussten, wo sie hingehen sollte. Ich hatte eine ungewisse Zukunft vor mir und mir war in diesem Moment ein wenig bange, vor dem was kommen würde. Größere Reisen oder Unternehmen hatte ich bis dato nicht unternommen, sondern mich immer nur in bekannten Gefilden aufgehalten. Aus dieser Geborgenheit musste ich mich nun verabschieden und aus der Welt der Ordensschwestern, bei denen ich die Schule besuchte. Hier war alles die ganzen Jahre geordnet und der Rahmen abgesteckt, in dem ich mich bewegte, zusammen mit den Mitschülerinnen.

 

Ich stieg aus dem Zug und beschloss, ins nächste Hotel zu gehen. Da ich mich nicht auskannte, nahm ich ein Taxi und ließ mich hinbringen. Das Hotel war in der Nähe des Bahnhofs. Ich hätte zu Fuß gehen können, aber das wollte ich nicht. Vielleicht brauchte ich die Nähe eines Menschen, weil ich mich so allein fühlte. Im Hotel buchte ich ein Zimmer, packte meine paar Sachen aus und beschloss, gleich einen Stadtbummel zu machen. Was sollte ich allein in dem kargen Zimmer auch machen! Der Hotelportier erklärte mir bereitwillig, wo ich als Fremde oder Touristin hingehen könnte. In einer Diskothek blieb ich hängen und lernte schnell einen jungen Mann kennen, der mir die Stadt am Dreiländereck Holland und Belgien zeigte. In der nächsten Zeit war ich mehr mit der Stadt und Umgebung beschäft, als mit dem Studium und der Zimmersuche.