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Eine gute Entwicklung vom Projekt zum Produkt

Für viele Geschäftsbereiche der Deutschen Bahn - und gerade im Wettlauf um Kunden - ist es essenziell, digitale Lösungen schnell herzustellen und weiterzuentwickeln. Eine große Aufgabe, für die es ein Mittel der Wahl gibt: Mit DevOps, also der Entwicklung und dem Betrieb von IT-Projekten aus einer Hand, wird eine organisatorische Trennung zwischen Anforderung, Entwicklung und Betrieb faktisch aufgelöst. Darüber hinaus wird die IT eng mit den Fachteams verzahnt. „Die Zusammenarbeit im Projekt war schon immer eng. Jetzt ist bei der inhaltlichen Arbeit nicht mal mehr spürbar, dass Mitarbeiter A zu DB Netz gehört und Mitarbeiter B zu DB Systel oder einem anderen Partner", sagt Dr. Daniel Pöhle, Leiter neXt Lab bei DB Netz und Product Manager für Click&Ride. Von solch einer übergreifenden Zusammenarbeit profitieren alle Beteiligten. Bei den Entwicklern wächst das Verständnis für den fachlichen Nutzen, und die Fachkollegen wiederum erweitern ihr Verständnis über die technischen Zusammenhänge der IT. Vor allem aber entstehen Lösungen, die eng am Kunden entwickelt werden. Mehr noch: Software-Releases werden in hoher Geschwindigkeit und Qualität zum Kunden gebracht. „Früher wurden Deployments vielleicht zweimal im Jahr durchgeführt. Mit dem DevOps-Ansatz sind wir in der Lage, regelmäßig in kurzen Intervallen zu veröffentlichen, gewünschte Anforderungen sind in wenigen Tagen verfügbar", sagt Daniel Pöhle. Damit unterstützt dieses Vorgehen wiederum das digitale Business des gesamten Konzerns.

© DB Netz AG

Das klingt erst einmal wie ein Versprechen. Aber die Vorteile des DevOps-Ansatzes lassen sich ganz konkret am Beispiel der Click&Ride-App darstellen. DB Netz steht vor der Herausforderung, dass die Schiene auch künftig gegenüber dem Güterverkehr auf der Straße konkurrenzfähig bleiben soll. Es müssen mehr Züge auf die Schiene kommen - und das auch schneller. Die App Click&Ride ermöglicht es den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), eine Streckennutzung zu buchen. Daniel Pöhle erklärt den Vorgang: „Ein EVU mit eigenen Loks und Wagen möchte für einen eigenen Kunden eine gewisse Menge an Gütern von A nach B transportieren und braucht dafür einen genauen Fahrplan für die Route." Mit Click&Ride, das im Rahmen des geförderten Projekts „Digitale Kapazitätssteigerung" entwickelt wurde, werden automatisiert Fahrpläne für den kurzfristigen Schienengüterverkehr erstellt. EVU können darüber binnen weniger Minuten Trassen anfordern und buchen. Die kurze Zeit bis zur Rückmeldung kann nur mit einer komplett automatisierten Trassenplanung gelingen. „Vor Click&Ride konnte es schon mal bis zu 72 Stunden dauern, bis ein EVU ein Angebot erhielt", sagt Daniel Pöhle. „Mit dem neuen System dauert es jetzt maximal drei Minuten."

Vollautomatischer Prozess

Das klingt erst einmal einfach - und das soll es in der Bedienung für Kunden und Partner auch sein. Gleich von Anfang an waren UX-Designer beteiligt. Das Resultat ist eine App, die selbsterklärend ist und für die kein Nutzer eine umfangreiche Schulung benötigt. Aber unter der Oberfläche beginnt die „Magie": Ein Optimierungskern sorgt mit Algorithmen für die automatisierte Erzeugung von Fahrplänen. „Wir haben eine Menge an Schnittstellen und Systemen, die dafür zusammenwirken müssen. Der Prozess läuft im Hintergrund vollautomatisch ab, es ist kein händisches Eingreifen nötig", erklärt Daniel Pöhle. „Erst wird geprüft, ob die Trassenbestellung plausibel und valide ist. Danach läuft der automatische Optimierungskern, der die Trasse in der verfügbaren Kapazität ermittelt. Dann wird das Angebot für eine gewisse Zeit reserviert, damit der Kunde in Ruhe überlegen kann, ob er es annehmen möchte. Gleichzeitig wird der Trassenpreis ermittelt und transparent in der App dargestellt." Bei der Buchung selbst laufen ebenfalls einige Prozesse ab; einige Teilsysteme kommen miteinander in Wechselwirkung. Es versteht sich von selbst, dass ein solches IT-System schnell, hochflexibel und skalierbar sein muss und zugleich sicher und stabil.

Vollautomatisierte Trassenkonstruktion mit Click&Ride

© DB Systel GmbH

Beste Voraussetzung für neues Produktionsmodell

Ein System für die Zukunft, daher kommt ein Entwicklungsvorgehen wie in der Vergangenheit nicht infrage. Nach der erfolgreichen Einführung agiler Arbeitsprozesse hat sich das Team von DB Netz entschlossen, die Anwendung nach dem DevOps Produktionsmodell weiterzuentwickeln und zu betreiben - und sich für DB Systel als Partner entschieden, weil dort im Rahmen des Cloud-Umsetzungsprogramms ShapeIT die notwendigen Voraussetzungen für das DevOps-Produktionsmodell bereits etabliert wurden. Für die Umsetzung von Click&Ride liefert das DevOps-Team mit der DB Enterprise Cloud die passende Infrastruktur sowie skalierbare Produktivitätswerkzeuge und technische Exzellenz.

Das Produktionsmodell DevOps@DB powered by 2D/d

© DB Systel GmbH

Bei Projekten wie Click&Ride führt die agile Arbeitsweise neben deutlich kürzeren Deployment-Intervallen zu vielen weiteren Vorteilen: DevOps erlaubt eine risikoarme Entwicklung. Die verwendeten Werkzeuge und Softwarelösungen ermöglichen die Fokussierung auf eine kontinuierliche Lieferung von Ergebnissen. So lassen sich rechenintensive Algorithmen der IT-Infrastruktur in der AWS-Cloud nach Bedarf flexibel skalieren. Bei Serverleistungen ist man nicht auf eigene Rechenzentren angewiesen, sie werden nach aktuellem Bedarf hinzugebucht, durch „pay per use" bleiben Infrastrukturkosten niedrig. Schließlich wird die Innovationsgeschwindigkeit erhöht, gleichzeitig reduziert sich die Time-to-Market für Softwareupdates und Features.

Services für einen mehrfachen Einsatz

Bei der Software-Entwicklung setzt man auf wiederverwendbare Services. „Für den Algorithmus und die automatische Planung konnten wir zwar nicht auf vorhandene Services zurückgreifen und mussten entsprechend alles selbst entwickeln. Aber andere Services, die für Bestandssysteme bereitgestellt werden mussten, konnten wir dagegen nutzen, zum Beispiel einen für die Kundendaten oder Auskunft über Trassenpreise", sagt Dr. Martin Strunk, Projektleiter 2D/d (DevOps) bei DB Systel. Viele Entwicklungen für Click&Ride ließen sich bereits für andere Szenarien einsetzen, darunter die Routensuche, die automatisierte Trassenkonstruktion oder auch die Bestelleingangsprüfung. „In Zukunft werden viele Services, die wir für Click&Ride entwickelt haben, auch an anderer Stelle eingesetzt."

© DB Systel GmbH

Dieses agile Vorgehen und die Kombination aus Entwicklung und Betrieb brachte auch Click&Ride schnell aufs Gleis. Dennoch ist DB Netz mit dem Optimierungsverfahren für eine automatische Trassenkonstruktion noch nicht ganz am Ziel angekommen. „Das System ist produktiv und kann offiziell genutzt werden, allerdings sind noch nicht alle Verkehrsunternehmen und Strecken in Deutschland freigeschaltet", sagt Daniel Pöhle. Noch befindet sich Click&Ride im Beta-Betrieb, der mit fünf kleineren Verkehrsunternehmen gestartet ist und für die ein sogenanntes Beta-Netz definiert wurde, auf dem diese EVU typischerweise bestellen. „Bis zum Jahresende werden wir sukzessive immer mehr Verkehrsunternehmen und Strecken hinzunehmen" ist sich Daniel Pöhle sicher. „Immer dann, wenn alles gut und stabil läuft, geht das Team den nächsten Schritt. Inzwischen kommen im fast zweiwöchentlichen Rhythmus weitere EVU dazu. Es läuft schon so stabil und gut, dass wir nach nur vier Wochen das Bestellvolumen bereits signifikant erhöhen können."

Der menschliche Faktor

Es sind nicht nur technische Faktoren wie Cloud, Architektur oder Automation, die diese neue Produktionsweise auszeichnen. DevOps ist auch eine neue Art der Zusammenarbeit, sowohl innerhalb des Teams als auch mit DB Netz. Organisatorische Grenzen verschwinden, veränderte Arbeitsweisen und die neue Art der Zusammenarbeit geben den Teams eine schnelle Handlungsfähigkeit. Mehr noch: Jedes Teammitglied fühlt sich für jeden Prozessschritt in Entwicklung und Betrieb verantwortlich. „Durch den DevOps-Ansatz haben wir Leute, die sich für dieses Produkt und diesen Service verantwortlich fühlen - und von vorn bis hinten ganzheitlich verstehen", sagt Martin Strunk. „So werden von vornherein Abstimmungsprobleme gelöst, die vor allem dann entstehen, wenn man das Warum nicht versteht. In unserem Team wissen alle worum es geht, was der Service macht und wofür man ihn braucht."

© DB Systel GmbH

Die Resultate sprechen für sich: Die Aufhebung der Grenzen zwischen Entwicklung und Betrieb führt zu einer erhöhten Geschwindigkeit und damit einhergehend zu einer Effizienzsteigerung im DevOps- Team. Durch die enge Zusammenarbeit und einem Verständnis von IT und Fachlichkeit innerhalb des Teams entstehen Mehrwert: Alle Beteiligten identifizieren sich mit der Anwendung und entwickeln sich mit klarem Fokus auf die optimale Anwendung für EVU gemeinsam weiter. Vor allem aber wird damit eine zukunftsweisende Kultur von Vertrauen und (geschäftsfeld-)übergreifender Zusammenarbeit bei der DB geprägt. DevOps bedeutet aber auch einen Paradigmenwechsel. Dort, wo es kaum noch eine Trennschärfe zwischen fachlicher Expertise und technischem Know-how gibt, greifen auch klassische Strukturen nicht mehr. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Finanzierung - und der Aufteilung der Kosten. Statt klassischem Projektdenken ist es wichtiger, den Produktgedanken zu schärfen. Wie das funktionieren kann, zeigt die Pionierarbeit des DevOps-Teams mit Weiterentwicklung von Click&Ride: Gestartet ist es als innovatives agiles Softwareprojekt, optimiert wurde es als Produkt mit DevOps und der Zukunft im Blick.

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