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Erlöse im Fernverkehr: Alles neu fürs beste Angebot

Sparpreis-Angebote im Fernverkehr sind äußerst beliebt bei den Kunden der Deutschen Bahn. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass diese kontingentierten und zuggebundenen Tickets meist deutlich günstiger sind als der Flexpreis, bei dem es keine Bindung an einen bestimmten Zug gibt und jederzeit ein Umtausch möglich ist.

Die Abteilung Erlösmanagement des Fernverkehrs sorgt dafür, dass die Angebote gezielt platziert werden. Dafür müssen die Informationen von täglich rund 900 Zügen mit jeweils etwa 15 Halteabschnitten per EMS-Client verwaltet werden - teilweise ein halbes Jahr im Voraus. Ein speziell entwickeltes Prognoseverfahren sorgt dafür, dass automatisiert Kontingente eingespielt werden. Derzeit sind es rund 30 Mitarbeiter, die für jede einzelne Zugfahrt und jeden Halteabschnitt die optimale Anzahl von Kontingenten festlegen und dabei auch mal von den statistisch vorhergesagten Kontingenten abweichen. Dadurch soll der Erlös gesteigert werden, indem Kunden durch attraktive Preise dazu motiviert werden, mit der Bahn zu fahren.

Optimale Steuerung

Die Mitarbeiter im Erlösmanagement müssen permanent die Gesamteinnahmen des Fernverkehrs berücksichtigen. Dabei geht es um Effizienz: Werden zu viele Sparpreis-Angebote für einen bestimmten Zug bereitgestellt, würden nicht alle Fahrgäste einen Sitzplatz bekommen. Bei zu wenigen Tickets wäre ein Zug möglicherweise nicht genug ausgelastet. Es gilt, die Waage zu halten - und dabei hilft neben der großen Erfahrung der Mitarbeiter eine intelligente Software.

Als die Deutsche Bahn vor 15 Jahren mit dem Erlösmanagement-System eine Möglichkeit entwickelt hat, kontingentierte Sparangebote für den Fernverkehr im Ticketsystem zu integrieren, war dies natürlich nicht für die heutigen Anforderungen ausgelegt.

Relaunch während des Regelbetriebs

Dieser Zeitraum ist in technologischen Dimensionen eine Ewigkeit. Zum Vergleich: Vor 15 Jahren hatte Microsoft das inzwischen veraltete Betriebssystem Windows XP veröffentlicht. Man kann sich also gut vorstellen, dass es immer wieder technische Probleme gab, beispielsweise durch veraltete Java-Versionen. Auch das Nutzer-Interface (EMS-Client) entsprach längst nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten. Also höchste Zeit für einen Relaunch des EMS-Clients. Das hat aber nicht nur technische Gründe: Inzwischen machen die begrenzten Kontingente von Sparangeboten einen großen Teil aller verfügbaren Angebote aus - und die müssen digital verwaltet werden. Eine große Aufgabe für die Erlösmanager, aber vor allem auch für die Anwendung.

Für DB Fernverkehr war aber von vornherein klar: Der Betrieb des bisherigen Systems musste während des Relaunchs weitergehen, schließlich generieren Ticketverkauf und die Steuerung der Sparangebote inzwischen einen Jahresumsatz von rund 1,5 Milliarden Euro.

Wünsche aus der Praxis

Das neue System sollte nicht nur den gewachsenen Anforderungen gerecht werden, es sollte auch zukunftssicher sein. Aufgrund spezieller Bedürfnisse schied eine Implementierung als Web-Client mit der bewährten bahn-net-Referenzarchitektur der DB Systel aus. Aus diesem Grund hat sich DB Systel entschieden, den neuen EMS-Client auf Basis des Standard-Frameworks Eclipse Baukasten für Rich Clients (RCP) aufzubauen. Das Framework erlaubt Programmierern, eigene Applikationen auf vorgefertigten Basisfunktionen zu entwickeln. Statt eine komplette Anwendung von Grund auf neu zu schreiben, können bewährte und getestete Features des Frameworks genutzt werden, die von der Plattform bereitgestellt werden. Das hat zudem den Vorteil, dass sich das System bei Bedarf einfacher erweitern und aktualisieren lässt.

Von Anfang an wurden die Mitarbeiter von DB Fernverkehr, die täglich mit dem EMS-Client zu tun haben, in die Weiterentwicklung des Systems einbezogen. In internen Runden wurde für die verschiedenen Arbeitsprozesse der Erlösmanager zunächst ermittelt, was die Anwender von ihrem neuen Client erwarten. Eine Anforderung an das neue System ist zum Beispiel, dass eben nicht nur die Sparangebote für einzelne Züge festgelegt werden können, sondern dass die Erlösmanager die zur Verfügung stehenden Kontingente spezifisch für ganze Regionen festlegen. Das ist gerade bei lokalen Events wie dem Oktoberfest sinnvoll, da so mit einem Vorgang alle Züge von und nach München bearbeitet werden können.

In rund 20 Workshops mit IT- und Usability-Experten der DB Systel und den Anwendern wurde die Umsetzung der Anforderung im EMS-Client festgelegt. Dabei wurde ein Tool zur Visualisierung eingesetzt und zusätzlich ein Prototyp entwickelt, mit dem die Anwender bereits früh die Bedienung des Clients testen konnten.

Das Projekt wurde anhand der Arbeitsprozesse in Pakete aufgeteilt und einzeln abgearbeitet. Durch die Aufsplittung in kleine Einheiten waren auch die Abstimmungen einfacher. „Wir fanden es toll, dass sich die Kollegen von DB Systel so schnell einarbeiten konnten", ergänzt Johannes Lange vom Erlösmanagement des DB Fernverkehrs. Diese Art der Umsetzung hatte einen großen Vorteil: Da die Mitarbeiter von Anfang an an der Weiterentwicklung des EMS-Clients beteiligt waren, mussten kaum Schulungen durchgeführt werden.

Der neue EMS-Client erlaubt nun eine viel bessere und genauere Steuerung. Dafür hat DB Systel auch die Oberfläche für tabellenbasiertes Arbeiten optimiert.

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