Nein, der 4. Mai hat eigentlich nichts mit „Star Wars" zu tun. Keiner der sieben Filme startete an diesem Datum, auch nicht die beiden Ewoks-Machwerke. Es ist eine Spielerei mit Worten. Denn spricht man diesen Tag auf Englisch aus, hört es sich an wie „May the force". Und nur wer in den vergangenen 40 Jahren unter einem Stein gelebt hat, ergänzt dies nicht mit „be with you".
Es ist ein Ausruf der Jedi-Ritter, in unseren Sprachgebrauch übergegangen. Ein Witz, der besonders in unserem glückseligen Internetzeitalter eine ganz eigenen Dynamik entwickelt hat. Inzwischen ist dieses Datum zum weltweiten Feiertag der „Star Wars"-Fans geworden.
Nostalgie purAuch ich habe mich gefreut, dass es eine Fortsetzung der Weltraumsaga geben soll. Denn die Original-Trilogie ruft bei mir immer wieder nostalgische Gefühle hervor. Natürlich erinnere ich mich noch daran, wann und wo ich die Filme zum ersten Mal gesehen habe oder wie ich die VHS-Kassetten mit den drei Teilen immer griffbereit neben dem Fernseher geparkt hatte.
Nostalgisch verklärt schauen wir auf die Weltraum-Saga, denken an früher, an eine Zeit, wie sie wohl nie wieder kommen wird. Da brauchen wir also einen neuen Science-Fiction-Film, um uns nach unserer Vergangenheit zurück zu sehnen. Wir dürfen uns wieder wie Kinder fühlen, wenn die alten Recken erneut für das Gute kämpfen und neue Helden in deren übergroßen Fußstapfen treten wollen.
Und da saß ich also im Ende vergangenen Jahres im Kino und schaute mir an, wie Han Solo im Millennium-Falken auftaucht. Die Gänsehaut eroberte meinen ganzen Körper. Und damit hätte der Film auch ruhig enden können. Denn eigentlich war ich da schon „Star Wars"-satt.
Der Merchandising-OverkillKein Wunder: Kaum ein kaufbares Gut gab es, auf dem nicht der "Star Wars"-Schriftzug prangte. Sogar „Star Wars"-Bananen lagen in den Supermärkten. Ich stelle mir die Marketingkonferenzen großer Unternehmen vor, wie da die schlauen Manager sitzen und sich Gedanken für die perfekte Werbestrategie für ihre Produkte machen. „ Lasst uns doch eine weiße Stormtrooper-Variante bauen!", sagt da einer. Große Zustimmung aller Beteiligten. „ Wir könnten aus unserer Lampe einen Todesstern machen! ", ruft der andere. Alle jubeln, die Sache ist beschlossen, auch sie wollen ein Teil der Macht in sich spüren.
Wäre „Das Erwachen der Macht" kein Teil der „Star Wars"-Reihe - es wäre lediglich ein durchschnittlicher Film mit blassen Charakteren, einer dünnen Handlung und lächerlichen Bösewichten. Eigentlich wie immer - nur dass seit dem ersten Film stolze 40 Jahre Kinogeschichte vergangen sind. Doch es ist eben ein Teil von „Krieg der Sterne" - und den darf man nicht kritisieren. Als ich bei Facebook einen bissigen Kommentar zum Film veröffentlichte, wurde ich dafür gescholten. Es ist ein Kult. Wer „Star Wars" beleidigt, beleidigt auch die Fans.
"Star Wars" auf Lebenszeit?Wahrscheinlich, weil die Welt der Sternenkrieger so herrlich simpel ist: Das Böse ist klar erkennbar, das Gute gewinnt immer - auch wenn auf dem Weg zum Finale ein paar Verluste zu beklagen sind. Und am Ende wartet die Erlösung. Das Dilemma: Ein Ende ist diesmal nicht in Sicht. „Star Wars" kopiert die Erzählweise von TV-Serien - inklusive unzähliger Fortsetzungen und Spin-offs. Seitenstränge bekommen eigene Reihen, in anderen Filmen wird die Vorgeschichte einiger „Star Wars"-Helden beleuchtet. Bis ans Ende aller Tage gibt es künftig jedes Jahr einen neuen Film im Kino. An neuen TV-Serien wird gearbeitet. Ganz zu schweigen von den ganzen Videogames, Brettspielen, Büchern und anderen teuren Lizenzprodukten, die um Käufer buhlen. Disney wäre schließlich nicht Disney, wenn es diese heilige Kuh nicht möglichst lange melken- und demnächst sogar einen Vergnügungspark für Möchtegern-Sternenkrieger eröffnen würde.
Wenn Kulturgüter aus der Nische geholt werden, um den Massengeschmack zu bedienen, verlieren sie ihre Einzigartigkeit. „Star Wars" ist ein globales Franchise-Phänomen geworden, wie McDonalds oder H&M: Man bekommt eben genau das, was man erwartet: So wie ein Burger der Fastfood-Kette an vollwertige Nahrung und ein T-Shirt der Billigmarke an Kleidung erinnert, so erinnert die Marke "Star Wars" an das gute alte Kino.
Für ein besseres MiteinanderDabei wäre Jediismus als echte Religion - ohne den ganzen Merchandising-Kram - gar nicht so schlecht. Die Philosophie der Jedi-Ritter wäre möglicherweise in vielen Alltagssituationen ein guter Ratgeber und würde für ein besseres Miteinander sorgen. Kürzlich habe ich ein paar Kinder auf der Straße gesehen, die mit Stöckern in der Hand Jedi-Krieger spielten. Sie brauchten keine teuren Plastiklichtschwerter und keinen Stormtrooper-Helm. Sie kämpften für eine gute Sache, halfen sich aber auch gegenseitig hoch, wenn mal einer hingefallen ist. Ihnen geht es nicht um Konsum.
Diese echten kleinen Helden sind es auch, die mir Hoffnung geben. Für sie ist „Star Wars" wichtiger als das aktuelle Weltgeschehen. Es ist eine Flucht in eine bessere Welt. Vielleicht nehmen sie auf ihrem Weg auch die eigentliche Botschaft der Filmreihe mit: Egal, wie unterschiedlich wir sind - wenn wir gemeinsam gegen das Böse der Welt kämpfen, wird am Ende alles gut.
„Star Wars" hat in der Tat etwas Einzigartiges geschafft: Menschen unterschiedlicher Herkunft und jeden Alters sind für ein paar Stunden vereint - vor und auf der Leinwand. Und dafür nehme ich gerne in Kauf, dass mir der neue Film nicht gefällt und eine Industrie viel zu viel Geld mit den ganzen Produkten Geld scheffelt.
Also Sternenkrieger, lasst uns diesen Tag feiern und uns daran erinnern, dass den Träumern die Welt gehört.
May the force be with us!