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Die Andersgründer

Zwei erfahrene Unternehmensgründer haben in Hürth ihre gewinnorientierte Vergangenheit abgestreift und ein „Social Business" aufgezogen: Mit Beeming Box vertreiben sie Bio-Lebensmittel im Netz und an Geschäftskunden - um sozialen Projekten einen kontinuierlichen Zufluss an Spenden zu verschaffen.

Die Firmenzentrale ist ein altmodisches Wohnzimmer in Hürth. Doch mit ihrem „Social Business" sind die nicht mehr so jungen Unternehmer Jens Schneiders und Rolf Willems im doppelten Sinn ihrer Zeit voraus: Mit der BEEMING BOX GmbH wollen sie gemeinnützigen Organisationen ein stabiles Spendeneinkommen verschaffen, indem sie frisches Obst und Gemüse im Abo online vertreiben. „Wir generieren Spenden, ohne dass die Menschen mehr bezahlen müssen - weil wir auf einen Großteil unserer Marge verzichten", erläutert Schneiders. 

Beide sind seit Jahrzehnten erfolgreich unterwegs. Schneiders hat einige IT-Unternehmen gegründet, Willems für eine große Versicherung Agenturen aufgebaut. Als „Andersgründer" arbeiten sie für die Etablierung von Beeming Box bislang faktisch ehrenamtlich. Ihr Ziel: soziales Engagement soll genauso selbstverständlich werden wie gesunde Ernährung. 

 Der 40-jährige Schneiders und der 55-jährige Willems hatten sich in Hürth kennengelernt und die gemeinsame soziale Ader entdeckt. Ursprünglich wollten sie für lokale Hilfsprojekte Zeit spenden. Doch merkten sie schnell, dass vielen ehrenamtlichen Institutionen eine planbare finanzielle Grundlage fehlt. Als Unternehmer gingen sie das Problem unternehmerisch an und gründeten einen Betrieb, dem sie nun ihre ganze Arbeitszeit spenden. „Social Business" nennt sich der Trend, der in Deutschland nur langsam Fuß fasst.

Dabei besteht Beeming Box aus zwei ehrgeizigen Aufgaben. Um für einen stabilen Spendenfluss zu sorgen, benötigten sie ein marktgängiges Produkt. Das muss zum sozialen Anspruch passen und Gewinn abwerfen. Dabei sind sie auf den Trend zur gesunden Ernährung und damit auf Bio-Lebensmittel gestoßen. 

 Das Angebot ist einfach gestrickt: Beeming Box bietet im Internet Pakete mit biologisch erzeugtem Obst oder Gemüse im Abo ab 15 Euro an, für Geschäftskunden gibt es individuelle Angebote. Vom Kaufpreis gehen automatisch zehn Prozent (bei Geschäftskunden mindestens 20 Prozent) auf das Konto von gemeinnützigen Organisationen. Die Kunden wählen aus, wer in ihrer Stadt das Geld bekommen soll. 

Die Beeming Box GmbH hat nach 18 Monaten Vorlaufzeit Ende 2016 den Betrieb aufgenommen. Über Umsatzzahlen zu reden mache noch keinen Sinn, sagt Schneiders. Aber das Konzept ist bereits in acht Städten am Markt, die Zahl wächst stetig.

Dabei besteht das Unternehmen nur aus den beiden Gründern, alle anderen Aufgaben wurden ausgelagert. Vor allem an einen Hürther Großhändler, der Geschäftskunden direkt beliefert. Auch er verzichtet zugunsten der Spenden auf einen Teil seiner Marge. Den Versand an die Privatkunden hat der Deutsche Paketdienst übernommen. Den Bezahl- und Spendenprozess wickelt ein Zahlungsdienstleister ab, der im Hintergrund die Abonnements verwaltet und den Spendenanteil direkt weiterleitet. 

Damit kommen die Empfänger ins Spiel, die Begünstigte sind, aber auch ein wichtiger Pfeiler der Marketingstrategie. „Bio ernähren & gleichzeitig Gutes tun" lautet nicht zufällig das Motto des Unternehmens. „Wir machen das Spenden erlebbar; die Kunden wissen sehr genau, wo ihr Geld landet", erläutert Willems. 

 Für eine Teilnahme an dem Programm kann sich jeder Akteur im sozialen Bereich bewerben, der sich um Menschen kümmert. Jedes Projekt wird von den Gründern geprüft. In der Praxis gehen die beiden Wohltäter jedoch Stadt für Stadt vor: Oft über einen Kontakt zum Bürgermeister werden Akteure vor Ort angesprochen.

„Hürth war tatsächlich so etwas wie der Inkubator, hier steht der Bürgermeister hinter uns und hat uns in der Region weiterempfohlen", berichtet Willems. Inzwischen unterstützen Städte wie Frechen, Brühl und Duisburg das Konzept, mit Köln und Düsseldorf werden Gespräche geführt. Das Ziel ist selbstbewusst: früher oder später in allen deutschen Städten vertreten zu sein. Die beiden Gründer haben aber auch gar nichts dagegen, wenn ihr Modell kopiert wird - auch das ein Prinzip des „Social Business". 

 Eine externe Finanzierung hat Beeming Box mit diesem Konzept nicht bekommen, selbst die Hausbank habe gleich abgewunken. Zudem sieht das deutsche Steuerrecht keinen gemeinnützigen Onlineversand von Bio-Obst vor. So steckt nur das eigene Kapital im Unternehmen.

Daher muss Willems, der sich um den Vertrieb kümmert, gezielt Unternehmen ansprechen. Zwar schlägt ihm in der Regel spontane Sympathie entgegen. Der Weg zur Einsicht, dass es sich auszahlt, mit Bio-Obst die Gesundheit der Mitarbeiter zu fördern, ist „aber alles andere als ein Selbstläufer", sagt Willems. Dabei bekommen die Unternehmen eine Spendenquittung und können die Aufwendung für die betriebliche Gesundheitsförderung absetzen.

Ist diese Schwelle einmal genommen, stellen sich aber oft rasch Erfolge ein. In der Regel, so berichtet Willems, fängt ein 100 Mitarbeiter großes Unternehmen mit einer Lieferung von 30 Kilo pro Woche an: „Oft bekommen wir am nächsten Tag einen Anruf, dass alles weg ist und aufgestockt werden soll - bis zu einem Kilo pro Mitarbeiter." 

 Das ermutigt die beiden Überzeugungstäter, ihr Modell und ihre Produkte weiter zu entwickeln. „Auch wenn der Weg lang ist, soziale Geschäftsmodelle werden sich durchsetzen. In jeder Branche sind die Margen groß genug, damit soziales Handeln fest in jeder Firmen-DNA verankert werden kann", sagt Schneiders.

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