Bisher haben viele Orchester ihre musizierenden Mitglieder miteinander digital verbunden und ein paar nette Videos davon gedreht. Dabei bleibt aber der Kern der Musik, die direkte Kommunikation, auf der Strecke. Die "1:1 Concerts" stillen diese Sehnsucht und verstärken noch das Konzerterlebnis. Analoger geht es nicht. Deshalb breitet sich diese Idee im Moment wie ein heilendes Virus aus. Viele andere deutsche Städte werden gerade davon infiziert. Auch aus Spanien, Luxemburg, Österreich und Belgien gibt es Anfragen.
Zurück im Freiburger Hinterhof. Wieder gehe ich an Peter Maffay vorbei zu meinem Hörplatz. Dieses Mal wird mein Lächeln nicht erwidert. Wie eine Statue sitzt der Geiger da. Auch als er mit heftigen Pizzicati seine Improvisation beginnt, hält er den Blick. Das ist keine Komfortzone, sondern unwegsames Gelände. Auf Vertrautes folgen Abgründe. Der Ton wird mal scharf, dann wieder geschmeidig. Erst am Ende lässt die Spannung nach und ein Lächeln schickt mich ins Freie. Felix Borel hat mich herausgefordert.
"Das Konzert muss kein unterhaltender Moment sein", sagt er im Nachgespräch, "ich möchte immer abtasten, wie weit ich gehen kann. Und auch den Zuhörer überraschen." Hans-Peter Häusler spielt selbst Trompete und dirigiert ein Blasorchester. Auch er sucht diese Begegnung. Der erfahrene Konzertbesucher kommt mit glänzenden Augen wieder. "Als die Krise losging, kam mit dem Verzicht auf Musik auch der Trennungsschmerz. Heute gab es ein wunderbares Wiedersehen." Der lange Blickkontakt war für ihn tief berührend, die darauf folgende Improvisation Borels empfand er als intensive Kommunikation. "Ich war ganz auf das fokussiert, was im Augenblick passiert, und konnte alles andere ausblenden - ein besonderes Geschenk in diesen Zeiten!"
Weitergehende Informationen finden sich unter 1to1concerts.de. Ein 1:1-Konzert des Stuttgarter Sinfonieorchesters kann man hier buchen; kostenlos, Spenden erbeten.