Genna Luisa Thiele
Diese Darstellerin kann man schwer mit ihrer Ruhm-Rolle verwechseln: Zwischen Jella und „Chantaaaal" aus "Fuck Ju Göhte" liegen Welten...
Ihrer prolligen Parade-Rolle „Chantal Ackermann" hat Jella Haase (23) zum Glück nicht die Garderobe geklaut: in schlichtem Pulli und schwarzem Rock mit weißen Gänseblümchen empfängt die 1,62 Meter kleine Schauspielerin die B.Z. zum Gespräch über ihre Berlinale-Ehrung als deutscher Shooting-Star.
Doch zuerst verschwindet sie für eine Stunde. Bei derart viel Termin-Trubel freut sich die 23-Jährige auf simple Dinge wie ein ausgedehntes Mittagessen.
Preisverleihungen, Filmfestivals und Drehtage füllten ihre vergangenen Wochenenden. So umtriebig, wie Haase zuletzt in der Filmwelt war, kann Zeit schon mal Luxus werden.
Zehn Filme in fünf JahrenZehn Kino-Filme (u. a. „Kriegerin" und „4 Könige") in fünf Jahren hat die Berlinerin gedreht - Hauptrollen bevorzugt. Im Herbst flimmert sie in dem Drama „Looping" über die Leinwand. „Ich habe den Wunsch, weiter ambivalente Charaktere zu schaffen", erklärt sie. Und das gelingt ihr:
Als Tussi „Chantal" in Bora Dağtekins Kassenschlager „Fack Ju Göhte" spielte sie sich mit dem Spruch: „Sie sind ja voll geborderlinert, Sie Geisterkranker!" und schrecklichem Schminktopf-Gesicht (Stichwort: grellblauer Lidschatten) in die Herzen der Massen.
Privat kickt sie - so gar nicht tussig - für den „FC Internationale" auf dem Bolzplatz in Schöneberg. Eigentlich ist sie ein Kreuzberger Kiezkind, im Interview kontert sie aber ohne Kodderschnauze. Da sitzt Jella mit angezogenen Beinen in einem schwarzen Sessel und zwirbelt zimtblonde Strähnen um die Finger, wann immer sie länger über eine Frage nachdenkt. Erklärt ihre Vorsicht so: „Ich habe den Fehler gemacht, dass ich früher viel unbedarft erzählt habe. Ich bin sehr in den Fokus geraten."
Früher, das war vor „Fack Ju Göhte". Heute wird die Jung-Schauspielerin bei der Berlinale als European Shooting-Star für Deutschland ausgezeichnet. Den Preis der „European Film Promotion" nutzten vor ihr schon Kollegen wie David Kross (25) und Daniel Brühl (37) als Karriere-Sprungbrett.
Mit ihrem Talent, trashigen Charakteren ein Herz aus Gold zu verleihen, hat Haase in diesem Jahr selbst Berliner Schauspiel-Starlets wie Emilia Schüle (23) und Sonja Gerhardt (26) an die Wand gespielt.
Bei DEN Hammerzahlen kein Wunder: mit 7,4 Millionen Zuschauern gehört „Fack Ju Göhte 2" zu den zehn erfolgreichsten Filmen Deutschlands. Dass sie durch ihre Rolle im Rampenlicht auch zum Vorbild wird, stört Jella gar nicht. „Wenn ich positiven Einfluss auf Jüngere ausüben kann, freut mich das natürlich sehr. Viele Mädchen sind durch mich Vegetarier geworden. Ich finde das rührend!" Seit der siebten Klasse isst sie konsequent weder Fleisch noch Fisch.
„Nichts ist so wie Berlin"Auch ihrer Heimat bleibt sie treu: „Ich bin ja viel in Deutschland herumgekommen, und es gibt anderswo ein paar schöne Ecken - aber nichts ist so wie Berlin! Hier kann man frei sein."
Nicht nur die Hauptstadt, auch das Liebesleben ist ein Dauerbrenner: Schon sechs Jahre ist sie mit ihrem Freund zusammen.
Ihr Glücksgeheimnis verrät sie nicht, nur: Der Glückliche kommt nicht aus der Filmbranche. Die Premieren auf dem roten Teppich, dazu das Privatleben - das kann Druck ausüben, gesteht sie im Rückblick. „Aber ich kenne meine Grenzen mittlerweile und habe gelernt, Nein zu sagen, wenn mir etwas zu viel wird."
Nur ein Anruf schreit nach JA: „Wenn Hollywood anruft, dann gehe ich ran. Das ist jetzt natürlich fiktiv, aber Berlin würde ich für Hollywood - temporär - verlassen", verrät sie der B.Z.. Und schiebt einen langen Blick aus den blaugrünen Augen hinterher.
Stimmen ihrer KollegenDer ehemalige Shooting-Star Daniel Brühl (37) über seine Schauspielkollegin: „Jella hat ein erfrischendes komödiantisches Talent. Das ist selten in Deutschland." Ihre beste Rolle? „,Fack Ju Göhte' kennt ja jeder. Ich war beeindruckt von ihrer Rolle in ‚4 Könige'"
Jan Josef Liefers (51) ist Teil des Münsteraner „Tatort", Haase spielt bei den Dresdner Kollegen: „Jella Haase ist eine so außergewöhnliche junge Frau, so auffällig und verrückt! Es war völlig klar - und ist völlig verdient - dass sie diesen Preis gewinnt."
Der Urberliner und „Victoria"- Hauptdarsteller Frederick Lau (26) schwärmt auch fernab vom Filmset: „Jella ist eine tolle Frau." Die Hauptstadt verbindet: „Ich freue mich besonders, weil sie ein Berliner Mädchen ist. Wir Berliner freuen uns alle sehr darüber."