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Pferdewirt: "Angst habe ich nicht. Das würden die Pferde spüren"

Mit Pferden zu arbeiten, ist nicht ungefährlich. Trotz geringen Lohns und wenig Freizeit ist es sein Traumjob. Das anonyme Gehaltsprotokoll eines Pferdewirts


Name: Anonym

Alter: 23 Jahre

Branche: Pferdesport und Pferdezucht

Berufsbezeichnung: Pferdewirt (Pflege und Zucht)

Monatliches Gehalt: 1.040 Euro Azubigehalt

Ich arbeite 105 Stunden in der Woche, für Privatleben ist keine Zeit. Trotzdem ist Pferdewirt seit dem vierten Lebensjahr mein Traumberuf.

In dem Betrieb, in dem ich arbeite, kümmern sich 50 Mitarbeiter um 100 Pferde. Bei uns geht es hauptsächlich um die Zucht und Ausbildung junger Pferde. Wir versuchen, das Training mit möglichst viel Abwechslung zu gestalten: Der Stall hat Führanlagen, ein Laufband, einen Sandpaddock, Wiesen, eine kleine Galopprennbahn, eine Reithalle drinnen und draußen. Arbeitsspitzen ergeben sich besonders bei Erntezeit und Veranstaltungen auf dem Hof. Da hat jeder Mitarbeiter Urlaubssperre, weil alle gebraucht werden. Nur im Winter wird die Arbeit manchmal weniger.

Als Pferdewirt bin ich für die Betreuung und das Training von Pferden verantwortlich. Die meisten, die diese Ausbildung anfangen, denken sich "Ich reite ein paar Pferde". Aber es liegt noch mehr an: Boxen ausmisten, Reinigungsarbeiten oder die Betreuung kranker Tiere. Da habe ich einen Vorteil: Ich habe von klein auf erlebt, was es bedeutet, in diesem Beruf zu arbeiten.

Mein Tag beginnt um 6.30 Uhr. Ich hänge Heunetze auf, entferne Bandagen und Decken von den Pferden, die einige über Nacht getragen haben und beginne mit dem Training: Pferde putzen, satteln, reiten oder aufs Laufband bringen.

An anderen Tagen fahre ich Kutsche oder glätte mit dem Trecker den Hallenboden. Oft wechseln die Aufgaben. Die Personaleinteilung bestimmt mein Chef. Pro Tag werden etwa 60 Pferde geritten, ich reite fünf bis sechs. Ab zwölf Uhr haben wir Mittagspause, die nächste Schicht geht von 14 bis 17 Uhr. In dieser Zeit reiten wir die restlichen Pferde oder pflegen die Anlage: Das bedeutet, wir haken den Hof, putzen Fenster oder waschen die Kutschen. Um 17 Uhr füttern wir noch mal, dann ist der Tag für die Pferde zu Ende. Wenn alle Pferde ihr Heu fressen, wird es ganz still im Stall.

Für mich ist dann aber noch nicht Feierabend. Ich fahre nach Hause und kümmere mich um den Hof meiner Eltern. Angestellte haben wir nicht. Mein Bruder und ich helfen mit, wenn wir von der Arbeit kommen. Feierabend ist erst gegen 21 Uhr, wenn alle 30 Pferde bei meinen Eltern versorgt sind. Einige davon gehören Einstellern, andere bilden wir aus und verkaufen sie weiter. Dazu haben wir ein paar Felder mit Roggen, Gerste und Mais angebaut. Unser Hof besteht schon seit 1739. Die täglichen Aufgaben bewältigen meine Eltern: Meine Mutter reitet und mein Vater kümmert sich um die Landwirtschaft.

Meine Eltern haben mir die freie Entscheidung gelassen, was ich werden will. Aber weil ich der Älteste bin, möchte ich später einmal den Hof übernehmen. Mein Bruder und ich wollen das gemeinsam machen: Er übernimmt den Part der Landwirtschaft, ich arbeite mit den Pferden. Ich kann mir aber auch vorstellen, das alleine zu machen oder mit meiner Freundin. Sie ist jetzt 21 Jahre alt, hat gerade ihre Prüfung als Bereiterin bestanden und könnte später die Fahrpferde unter dem Sattel ausbilden. Ich glaube, wir sind ein gutes Team.

Später möchte ich im Betrieb halbtags arbeiten und die andere Hälfte zu Hause. Wenn man einen eigenen Betrieb hat und den später übernehmen will, finde ich es wichtig, einen Plan zu haben. Ich möchte meine eigenen Schwerpunkte und Richtungen mit einbringen. Urlaub mache ich nur einmal im Jahr. Und dann fahre ich aber auch nur so weit, dass ich im Notfall schnell wieder zurückkommen kann, falls meinen Eltern etwas passiert und ich aushelfen muss.

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