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Von wegen "Freaks" - So viel steckt hinter Cosplay

Cosplay ist für kaum jemanden noch ein Fremdwort. Doch obwohl es inzwischen viele Sympathisanten für das Hobby gibt, wissen viele gar nicht, wie die Kultur entstanden ist und was für eine Arbeit dahinter steckt. Dieses Special haben wir ganz dem kreativen Hobby gewidmet und hoffen, dass für jeden ein paar Infos dabei sind: Für alte Cosplayhasen, Neueinsteiger und alle, die sich einfach interessieren.

Ein Cosplay ist eine Verkleidung als ein Charakter aus Animes, Mangas, Videospielen, Filmen, Bands und Fanarts - also eigentlich alles was eine Vorlage bietet und angezogen werden kann.


Vom bloßen Kostümieren am Karneval oder Fasching unterscheidet sich das Hobby, indem es beim Cosplay darum geht, die Kostüme spezieller Charaktere nach konkreter Vorlage zu tragen und nicht, sich allgemein als Clown oder Prinzessin zu verkleiden. Zudem besteht unter Cosplayern, die das Hobby ernsthaft betreiben, die unausgesprochene Regel alle Kostüme selbst anzufertigen.


Laut dem Cosplay-Forum CosBase, gibt es etwa 15.000 Cosplayer in Deutschland. Diese Zahl setzt sich zusammen aus Besuchern von Manga-/Anime-, Fantasy- und Cosplaymessen und Nutzern auf Internetseiten wie Cosbase oder Animexx.


Der Ursprung von Cosplay liegt gar nicht in Japan

Wer hätte das gedacht? Die Cosplaykultur von heute ist zwar aus Japan rübergeschwappt, aber ursprünglich haben wir dieses kreative Hobby niemand anderen als den Science-Fiction-Fans der 1940er Jahre in den USA zu verdankten.


Wir können es sogar an zwei Personen festmachen: Forest J. Ackerman - Redakteur, Schreiber von Kurzgeschichten und der Urvater des Science-Fiction Fandom - und seiner damaligen Freundin Myrtl R. Douglas, die von dem Magazin TOKYOPOP als Äquivalent einer einflussreichen Bloggerin von heute beschrieben wird.


Auf der weltweit ersten Science-Fiction-Convention, der WorldCon, waren sie die einzigen kostümierten. Douglas fertigte Kostüme aus dem 1936 erschienenen Sci-Fi-Film Things to come an.

Ackerman und Douglas in ihrem ersten Kostm Die Begrndung einer bunten Kultur(Ackerman und Douglas in ihrem ersten Kostüm. Die Begründung einer bunten Kultur.)


Sie gingen immer wieder kostümiert zu Conventions und es wurde, auch auf Grund ihrer Bekanntheit, schnell zu einem Trend und dann zu einer Tradition, verkleidet zu Conventions zu gehen.


Der japanische Produzent und Regisseur Nobuyuki Takahashi, bekannt durch seine Arbeit an The Ring und dem japanischen Original von The Grudge, war Gast zur 42. WorldCon 1984. Er war so beeindruckt von den vielen kostümierten Menschen, dass er in Japan im MyAnime darüber berichtete, ein altes japanisches Magazin, das ihr euch auf hard.co.jp angucken könnt.


In seinem Bericht verwendete er das Wort Costume Play was sich in japanischer Aussprache zu kosupuru entwickelte und voila: Das Wort Cosplay und die dazugehörige Fangemeinschaft entstanden damit in Japan. Anfang der 1990er Jahre wurde das Hobby dann nach Europa und in die USA zurückeingeführt.


Ferid Bathory aus Seraph of the end(Ferid Bathory aus Seraph of the end(Quelle: SemeCosplay.com))


Es gibt viele Fans verschiedener Fandoms, die einfach nur Lust haben, sich auf einer Convention zu verkleiden, weil es Tradition ist und dazu gehört. Seit circa 2007 wurden die Kostüme in Deutschland aber immer professioneller und die Tradition verwandelte sich in ein immer ernsteres Hobby.


2007 war nämlich das Jahr, in dem die erste Deutsche Cosplay Meisterschaft(DMC) stattfand. Die erste internationale Meisterschaft wurde 2005 ins Leben gerufen und findet heute noch auf dem World Cosplay Summit in Japan statt. 2017 nahmen 34 Länder und Nationen daran teil.


Was hinter den Kostümen steckt

Cosplay ist eine Kunst der Perfektion. Das Ziel ist es, in dem Kostüm ein Ebenbild der Vorlage zu sein. Das fängt bei der Charakterwahl an. Man sollte sich möglichst einen Charakter suchen, den man ästhetisch gut verkörpern kann, denn zum Beispiel passt nicht jede Gesichtsform zu jedem Charakter. Andere Dinge können passend gemacht werden. Zum Beispiel große Brüste oder keine Brüste.


Es ist durchaus üblich, dass Frauen auch männliche Charaktere verkörpern, indem ihre Brüste einfach mit Bandagen abbinden. Wenn man bei einem männlichen Charakter die freie Brust sieht, kann man zum Beispiel einen hautfarbenen Body über der Bandage tragen und diesen mit Farbschattierungen noch echter wirken lassen.


Natürlich kommt das Cosplay noch besser rüber, wenn sich die eigene Körpersprache und Ausdrucksweise und die des Charakters ähneln. Darum wählen viele Cosplayer die Charaktere, mit denen sie sich am ehesten identifizieren. Das muss aber nicht so sein, es reicht auch einfach Gefallen am Charakter oder Outfit zu finden.


Beliebt und besonders eindrucksvoll sind Gruppen-Cosplays, also wenn mehrere Leute Charaktere aus demselben Manga/Film/Spiel cosplayen. Etwas zu finden, bei dem alle in der Gruppe zu einem Charakter passen, kann manchmal schwierig sein.



Erstmal einen Charakter gefunden und auf eine Version von ihm festgelegt, geht es ans Material kaufen. Das war vor zehn bis fünfzehn Jahren noch um einiges schwieriger als heutzutage. Perücken, Kontaktlinsen, Baumaterial und teilweise sogar Stoffe musste man teuer aus Ländern wie China, Großbritannien und den USA importieren.


Heute kosten Perücken in durchaus akzeptabler Qualität gerademal ein viertel von dem was sie früher gekostet haben. Es gibt auch eine viel Größere Auswahl von tollen Baumaterialien und Werkzeugen, die man für den Rüstungsbau oder Accessoires verwenden kann. Zum Beispiel thermoplastische Platten, die sich im erwärmten Zustand formen lassen wie Knete, aber steinhart werden, wenn sie kalt sind.


Früher musste man regelrecht auf die Jagd nach Materialen gehen, die sich für das jeweilige Kostüm eignen. Das war zwar auch ein kreativer Prozess, aber die vielen Möglichkeiten mit denen man sich heute Inspirationen und Hilfe zu holen kann, machen sich bemerkbar. Vergleicht einfach mal die Cosplays von der LBM 2007 mit den Cosplays auf der LBM 2017 in diesen YouTube-Videos. Ein gewaltiger Unterschied.


Shinya aus OwarinoSeraph(Shinya aus OwarinoSeraph)


Es gibt diverse Bücher und Magazine, wie Cohaku, die von und für Cosplayer geschrieben werden, YouTube-Channel, wie der von MangoSirene, wo es Tutorials zur Anfertigung gibt und Blogs mit Tipps für Schnittmuster, Materialen und Techniken.


Dass aufwendige Cosplays teuer sind, hat sich aber nicht verändert. Mit hundert Euro kann man in jedem Fall rechnen. Es ist aber auch nicht unüblich insgesamt über zwei- oder dreihundert Euro locker zu machen, je nach dem wie aufwendig sich das Kostüm gestaltet und welche Materialien und Werkzeuge man schon zu Hause rumliegen hat.


Wie in jeder Kunst, ist am Ende kein Werk haargenau wie ein anderes. Jeder interpretiert die Vorlage ein kleines bisschen anders, indem er sich zum Beispiel für eine andere Farbe, Struktur oder Dicke beim Stoff entscheidet, oder die Perücke ein bisschen anders zurechtschneidet.


Ist das Kostüm fertig und die Cosplayerin stolz wie Bolle, ist es an der Zeit, das Kostüm zu präsentieren. Das Feedback, das man von Betrachtern auf einer Messe und von Nutzern im Internet bekommt, ist schon der halbe Lohn. Ausgibige Fotoshootings, inklusive finden der perfekten Kulisse, rundet ein Cosplay erst ab.


Das Wichtigste an der ganzen Sache ist aber der Spaß. Keiner sollte sich diskriminiert fühlen und jeder sollte den Charakter cosplayen den er oder sie eben cosplayen will. Leute, die sich über Cosplayer lustig machen, sollten zunächst bedenken wie viel Arbeit, wie viele Entscheidungen und wie viel Herzblut in den Kostümen steckt.

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