Die amerikanischen Truppen haben Afghanistan noch nicht verlassen, da wird in den USA diskutiert, ob der Rückzug eine gute Idee war. Republikaner sehen eine Chance, Präsident Biden herauszufordern.
Die Pressekonferenz lief wohl nicht ganz so, wie US-Präsident Biden sich das vorgestellt hatte. Eigentlich sollte es um Innenpolitik und die Stimmung im Land gehen. Doch die Reporter fanden ein anderes Thema spannender.
Der US-Präsident will Optimismus verbreiten - nicht allen ist danach. Der Abzug der US-Truppen aus Afghanistan kommt in die entscheidende Phase. Während die deutschen Soldaten bereits alle zurückgekehrt sind, geht in Washington die Diskussion über richtig oder falsch gerade nochmal los. Denn Bidens Kritiker fürchten, dass die Taliban wieder die Macht ergreifen und die Regierung von Präsident Ashraf Ghani stürzen könnten.
Die Antwort von Pentagons Pressesprecher John Kirby darauf klingt fast schon lapidar. "Es ist an der Zeit, diesen Krieg zu beenden. Und es ist für die afghanische Regierung an der Zeit, die Bevölkerung und ihre Streitkräfte, sich selbst zu verteidigen."
US-General macht sich SorgenLeichter gesagt als getan, weiß Armeegeneral Austin Scott Miller. Bei einem Interview mit dem Fernsehsender ABC erklärt er: Der Vormarsch der Taliban sollte der US-Regierung zumindest Sorgen bereiten:
Krieg findet auf dem Boden statt. Aber es gibt auch eine psychische, moralische Komponente. Hoffnung ist sehr wichtig, die Stimmung, der Kampfgeist. Wenn die Leute jetzt denken, ihre Situation ist aussichtslos - das wäre nicht gut.Denn dann würden sich womöglich noch mehr afghanische Sicherheitskräfte den Taliban anschließen. Zwar betonte Biden in den letzten Wochen stets: Die USA werden Afghanistan natürlich nicht den Rücken zudrehen sondern sie weiter unterstützen, die Partnerschaft sei wichtig. Doch wie zaghaft diese Partnerschaft ist, zeigt, dass die USA ihr Hauptquartier in Bagram heimlich verließen, ohne Regierungskreise einzuweihen wann.
Weiter unklar ist auch, wie sich die USA genau nach dem Abzug der Truppen einbringen können und wollen. Werden es Angriffe durch Drohnen sein, sollen das private amerikanische Sicherheitsfirmen übernehmen? Viele Fragen bleiben in Washington unbeantwortet.
Republikaner wittern Hebel gegen BidenUnd längst ist das Thema schon wieder zum politischen Spielball geworden. Republikaner Michael McCaul, wichtiger Abgeordneter im Auswärtigen Ausschuss, lässt sich von Bidens demonstrativ guter Laune deshalb nicht anstecken. Er wirft ihm schlechte Planung vor. "Die Verwüstung, die Morde, die humanitäre Katastrophe, die Flucht vieler nach Pakistan. Für diese hässlichen Bilder wird Präsident Biden verantwortlich sein."
Das amerikanische Außenministerium hält dagegen. Sprecher Ned Price sagt, wer auch immer in Afghanistan an der Macht sein werde, benötige internationale Unterstützung, internationale Anerkennung und die Unterstützung der Bevölkerung. Wer die Macht mit Gewalt ergreift, wird all das nicht bekommen." Ob das der Realität entspricht - vielleicht ist es auch bloß Wunschdenken der Biden-Administration in Washington.