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Kein Futter im Haifischbecken

Nur zwei Siege in der regulären Saison und doch weiter ganz oben: Thomas Kick (li.) und seine Weidener Kollegen spielen weiterhin in der ersten Liga. (Foto: Zink/imago)

Das Aufstiegsturnier wird abgesagt - zu wenige Vereine wollen an der Liga teilnehmen. Weiden bleibt Erstligist, Würzburg zögert.

Vor einem Jahr der SC Neustadt, nun Plauen und Wedding Berlin - der Strudel, der so manchen namhaften Wasserballklub aus der Bundesliga hinab in die Zweitklassigkeit befördert, lässt nicht nach. Sportlich abgestiegen ist keine der genannten Mannschaften, alle aber mussten ihre erste Mannschaft aus der höchsten Spielklasse abmelden, um kein finanzielles Risiko einzugehen. Profiteur dieser Entwicklung ist auch der bayerische Wasserball. Denn im SV Weiden landete ein Verein aus der Oberpfalz in der abgelaufenen Saison eigentlich auf dem letzten Tabellenplatz, einem Abstiegsrang. Da aber aufgrund des Rückzugs des SC Neustadt ein Team weniger in der Bundesliga antrat als gewöhnlich, wahrten die Weidener ihre Chance auf den Klassenverbleib.

Im bereits abgeschlossenen Abstiegsturnier, das die schwächsten drei Bundesliga-Teams austrugen, setzte sich Weiden nach Punkten durch, verlor nicht ein einziges der vier Duelle. Aufgrund einer reichlich umstrittenen und neuen Regelung, nach der die Teams im Abstiegsturnier ihre in der regulären Saison erreichten Punkte mitnehmen, war Weiden aber nicht gerettet. Die Hypothek aus gerade einmal zwei Saisonsiegen wog zu schwer. Die Oberpfälzer waren irritiert, konnten die Entscheidung des Verbandes nicht nachvollziehen. "Es kann nicht sein, dass jedes Jahr der Modus geändert wird und die Teams während der Saison auf Nachfrage mitgeteilt bekommen, wie es nun weitergeht", sagt Weidens Trainer Thomas Aigner. Der Verband reagiert verständnisvoll. Rainer Hoppe, der Vorsitzende der Fachsparte Wasserball beim Deutschen Schwimmverband, kann die Wut der Weidener nachvollziehen, findet es sogar "richtig, dass sie opponieren".

Für die aktuelle Spielzeit konnten die Oberpfälzer am Turniermodus allerdings nicht rütteln. Die Weidener sollten Ende Juni am sogenannten Aufstiegsturnier teilnehmen, bei dem sie zusammen mit den Siegern der zweiten Ligen die letzten Bundesliga-Startplätze ausgespielt hätten. Die ohnehin schon komplexe Regelung verkomplizierte sich durch den Rückzug der beiden Schwergewichte Wedding und Plauen weiter. In der ersten Liga waren plötzlich vier Plätze frei geworden - ein Aufstiegsturnier mit vier Teilnehmern war plötzlich überflüssig.

Der DSV entschied sich nun folgerichtig gegen dessen Austragung, Weiden bleibt somit automatisch Bundesligist. Die weiteren vorgesehenen Turnier-Teilnehmer Würzburg, Düsseldorf und Hamburg sind ebenfalls kampflos für die erste Liga qualifiziert. Diese absurde Entwicklung stößt auch Hoppe sauer auf. "Da ist einiges nicht gut gelaufen. Wir müssen aufpassen, dass die Bundesliga nicht zu einer reinen Melde-Liga verkommt." Das Gefälle zwischen den übermächtigen Teams aus Hannover und Spandau und dem Rest der Liga sei extrem. Zwei schwimmen vorneweg, die anderen kämpfen ums Überleben. "Es bleibt nicht genug Futter für alle Vereine übrig", sagt Hoppe. Im Haifischbecken Bundesliga herrscht Chaos.

Alldem zum Trotz könnten zwei bayerische Vereine also an der kommenden Bundesliga-Spielzeit teilnehmen, der SV Würzburg 05 und der SV Weiden. Für Thomas Aigner "steht außer Frage", dass Weiden das Angebot Bundesliga wahrnimmt: "Wenn wir unsere Entwicklung und Jugendarbeit fortsetzten wollen, dann nur dort, in der ersten Liga." Die Abstürze von Plauen und Wedding sind ein mahnendes Beispiel, keine finanziellen Verrenkungen vorzunehmen. Obwohl die Saison nun wahrlich nicht wie am Schnürchen lief, zieht Aigner ein positives Fazit, sieht die Seinen auf dem richtigen Weg. "Zum Ende der Saison sind wir immer besser geworden. Jetzt hoffen wir, dass es so weitergeht. Unserer Philosophie bleiben wir auf jeden Fall treu." Ein weiterer Vorteil des Bundesliga-Verbleibs: Namhafte Weggänge wird es nicht geben. Der junge Kader kommt Weiden sogar entgegen. Da einige Talente noch zur Schule gingen, komme ein Vereinswechsel gar nicht erst in Frage. Mit den hochveranlagten Reichert-Brüdern etwa plant Aigner noch "mindestens ein, zwei Jahre". Zeit genug, sich in der Bundesliga zu empfehlen.

Ob es gleich zwei bayerische Bundesligisten geben wird, steht hingegen noch nicht fest. Die Würzburger zögern. Noch ist keine Lizenz beantragt. "Natürlich haben wir den sportlichen Ehrgeiz, Bundesliga zu spielen", stellt Würzburgs Trainer Matthias Försch klar. Die zweite Liga Süd hat sein Team souverän gewonnen, die Bilanz von 20 Siegen und nur einer Niederlage spricht für Förschs Schützlinge und deren Bundesliga-Tauglichkeit. Man müsse sich aber die gleichen Fragen stellen wie jeder andere Erstligist auch: Passen die finanziellen Rahmenbedingungen? Genügt die Infrastruktur den Ansprüchen? Reicht die Personaldecke aus oder müsste investiert werden? In den nächsten sechs Wochen soll eine Entscheidung fallen.

Sollte sich Würzburg gegen den Aufstieg entscheiden, zerfasert die Wasserball-Bundesliga weiter, einen Nachrücker dürfte es kaum geben. Die Angst vor dem Strudel ist allgegenwärtig. Von den Haifischen ganz zu schweigen.

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