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Kaltstart am Golf

Gruppenbild mit Trainer: Die StuSta Rugby Ladies und Martin Schlemmer vor dem Abflug in die Vereinigten Arabischen Emirate. (Foto: Christian Boie)

Frauen und Männer des Rugby-Clubs Studentenstadt dürfen an einem Einladungsturnier in Dubai teilnehmen. Warum, das wissen sie selbst nicht genau.

Das größte Abenteuer seiner Vereinsgeschichte beginnt für den Rugby-Club Studentenstadt an Bord einer Boeing 777. An diesem Mittwoch um 10.20 Uhr ist Take-off vom Münchner Flughafen, vorgesehene Landung am frühen Abend auf dem Dubai International Airport. Aussteigen werden dort die Siebener-Rugby-Teams - Frauen und Männer - des Klubs aus dem Münchner Norden. Der Tross darf an den diesjährigen "Dubai 7s" teilnehmen, einem der renommiertesten Turniere im Rugbykalender. Was ein Amateurverein aus Bayern dort im Teilnehmerfeld sucht? Das wissen die Studentenstädter selbst nicht so genau. "Wir haben uns beworben und sind eingeladen worden", sagt Martin Schlemmer, der Trainer der Frauenmannschaft. Die genauen Kriterien der Vergabe kennt er nicht.

Einen erheblichen Anteil dürfte die jüngste Erfolgsgeschichte seines Teams haben. Seit Jahren dominieren die StuSta-Frauen die Südstaffel der deutschen 7er-Liga, distanzieren Konkurrenten wie Nürnberg oder den RFC München deutlich. Die vergangene Saison beendeten sie als viertbestes Team Deutschlands. Nun also Dubai, wo die weltbesten Nationen von Donnerstag an bis 2. Dezember im Rahmen der Rugby World Series spielen. Daneben finden Einladungsturniere statt, etwa die Invitational Open, ein Siebener-Turnier, bei dem die Studentenstädter antreten.

Die Münchnerinnen treffen in ihrer Gruppe auf Krasnodar und Kairo, sowie eine Mannschaft namens Haka Rugby Global. "Es ist fast unmöglich, unsere Gegner einzuschätzen", sagt Schlemmer, "es wird mit Sicherheit ein Schritt ins kalte Wasser werden." Mehr als den Namen und ein paar Szenen aus verwackelten Youtube-Videos kennen die Münchner von der Konkurrenz nicht. Die Männer spielen parallel gegen Teams mit ähnlich kryptischen Namen: die Wyvern Harlequins, die Ponty Butchers und die Centurion Warriors.

Viel Zeit, die Gegner zu studieren, bleibt nicht. Die letzte Trainingseinheit fand am Samstag in München statt. In Dubai müssen sich die StuSta-Frauen auf das Aufwärmprogramm vor dem Auftaktspiel gegen die Cairo Wolverines verlassen. Anpfiff ist am Donnerstag um 10.40 Uhr Ortszeit. "Es wird ein Kaltstart werden", sagt Schlemmer und muss lachen. Denn mit zu kühlen Temperaturen ist nun wirklich nicht zu rechnen. Sondern mit schwüler Hitze und Temperaturen um die 30 Grad. "Hoffentlich kommen unsere Teams damit zurecht, das ist natürlich eine Belastung", sagt Schlemmer. Immerhin finden viele Siebener-Turniere im Sommer statt, sodass die Teams häufiger bei hohen Temperaturen gespielt haben.

Trotz der vielen Unwägbarkeiten fliegen die Studentenstädter zuversichtlich nach Dubai - und voller Vorfreude. Schließlich finden einige Turnierspiele im Sevens Stadium vor bis zu 44 000 Zuschauern statt. Schlemmer glaubt, dass das Stadion "richtig gut gefüllt" sein wird. Die große Kulisse dürfte aber auch für einige Nervosität sorgen. Die Heimspiele im Englischen Garten besuchen selten mehr als hundert Anhänger. "Das ist ein absolutes Highlight für unseren Verein", sagt Schlemmer, "allein um einmal dort aufzulaufen, wäre ich schon hingeflogen." So amateurhaft die Strukturen im Verein bisweilen noch sind, so akribisch arbeiten die Teams für den Erfolg. Für Schlemmer ein entscheidender Faktor: "Hier stecken alle so viel Herzblut in den Verein. Dass wir jetzt nach Dubai dürfen, hat einen unglaublich hohen Stellenwert für uns."

Mit einem Titel, einem Erfolg zum Anfassen, rechnen sie eher nicht. Den Trip in die Vereinigten Arabischen Emirate als Vergnügungsreise anzulegen, liegt den Münchnern aber fern. "Wir wollen uns so teuer wie möglich verkaufen", sagt der Trainer. Gut möglich, dass die StuSta-Teams gegen den einen oder anderen Gegner chancenlos sind. Das Wissen, sich mit deutlich stärker besetzten Teams gemessen zu haben, kann ihnen aber niemand mehr nehmen. Und vielleicht bringen sie, wenn am Sonntag der Rückflug ansteht, ja doch mehr mit als nur wertvolle Erfahrungen. Für Sightseeing am Persischen Golf dürfte allerdings kaum Zeit bleiben.

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