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Ungarn: Orbáns Antisemitismusproblem

Nazi-Vergleiche aus Budapest häufen sich in den vergangenen Wochen. Doch was Szilárd Demeter, Direktor des Budapester Petőfi-Literaturmuseums und loyaler Anhänger Orbáns, Ende November in einem Meinungsartikel für das regierungsnahe Online-Portal Origo schrieb, hatte eine neue Qualität. Er nannte den US-amerikanischen Börsenmilliardär ungarisch-jüdischer Herkunft George Soros einen "liberalen Führer" und Europa "seine Gaskammer". In der seien die Polen und Ungarn die "neuen Juden", das Giftgas ströme aus der "Kapsel der multikulturellen offenen Gesellschaft". Der Aufschrei im In- und Ausland war groß. Demeter entschuldigte sich zwar halbherzig und zog seinen Artikel zurück. Seinen Posten musste er jedoch nicht räumen.

Vorfälle wie diese bringen der Orbán-Regierung regelmäßig Antisemitismusvorwürfe ein. Die Reaktionen aus Budapest auf solche Anschuldigungen sind nicht zimperlich. Juden lebten in Ungarn unvergleichlich sicherer und freier als in Westeuropa, heißt es üblicherweise von Seiten der ungarischen Regierung. Kürzlich schrieb Orbán sogar, "Fälle von offener Bedrohung und Übergriffen gegenüber jüdischen Menschen, wie sie heutzutage in Deutschland passieren, sind in Ungarn unvorstellbar".

"Diese Regierung ist nicht antisemitisch"

Tatsächlich gibt es in Ungarn, anders als beispielsweise in Frankreich oder Deutschland, kaum Fälle von Gewalt gegen Juden und jüdische Einrichtungen. Laut einer Studie der EU-Grundrechteagentur (FRA) von 2018, fühlten sich die in Ungarn lebenden Juden sicherer als die in allen anderen EU-Ländern. Lediglich dreizehn Prozent gaben an, Angst zu haben, in naher Zukunft Opfer körperlicher Gewalt zu werden. Zum Vergleich: In Frankreich befürchteten das 58, in Deutschland 47 Prozent der Befragten.

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