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Test Lastenrad Yuba Mundo: "Papa, mach mal den Turbo!"

Großes Geschrei, als das Yuba Mundo Steps in die Einfahrt rollt. Zwei Kinder rennen grußlos den Pressemenschen über den Haufen und hüpfen vor dem Lastenrad auf und ab. Wildes Gerangel: wer, wo, wie und überhaupt - egal, sofort los wollen sie, und zwar jetzt! Der Vater der beiden ist perplex. So eine Reaktion hat bisher nicht einmal das schickste Test-Cabrio hervorgerufen. Selbst dann nicht, wenn es in einem "besonders schönen Blau" geliefert wurde.


Ein ähnliches Schauspiel wird sich in den kommenden Tagen immer wieder ereignen. Großauflauf am Kindergarten und Erstaunen über "das tollste Fahrrad der Welt", Passanten, die den Kopf verdrehen, Badegäste, die am See rufen: "Pass ich da noch mit drauf?" Wer bisher glaubte, im Großraum München sei ein Porsche, SUV oder Bulli das Nonplusultra an Prestige, der wird eines Besseren belehrt. Lastenräder sind die neuen Statussymbole. Doch wie geeignet sind sie wirklich für eine Familie? Welches Konzept eignet sich am besten zum Kindertransport und darüber? Das wollen wir in den nächsten Wochen testen.


Zwei bis drei Sitzplätze auf der Rückbank

Das erste Lastenrad in unserer Test-Reihe ist das Yuba Mundo Steps in der Variante mit Elektromotor. Cargo Bikes mit schwenkbarem Korb oder einer Ablagefläche zwischen den Achsen kennt mittlerweile jeder. Beim Mundo ist die Transportmöglichkeit anders umgesetzt. Hinter dem Fahrer gibt es eine lange Sitzfläche. Die kann den persönlichen Vorstellungen angepasst werden. Zwei Kindersitze sind ebenso möglich wie zwei Polster oder eine Kombination aus beidem, wie im Fall unseres Testrads. Bis zu drei Personen finden auf dem Yuba zusätzlich Platz, zugelassen ist es inklusive Fahrer bis zu einem Gewicht von 250 Kilogramm.


Die erste Ausfahrt ist noch etwas wackelig. Zuerst gilt es, die Kinder zu platzieren. Die kleine Tochter sitzt im eigenen Sitz, mit Gurten und Ablagen für die Füße. Die größere klettert auf das Polster davor und hält sich an den Seitenstangen fest, für ihre Füße gibt es kleine Aufsätze wie bei einem Motorrad. Dann: den Elektromotor aktivieren, der am Tretlager sitzt. Ein aufsteckbares Display bietet die Auswahl zwischen drei Modi. "Eco" liefert ein wenig Unterstützung, "Boost" eine ganze Menge, "Trails" liegt irgendwo dazwischen. Mit Letzerem geht es los. Dazu einfach das Fahrrad vorschieben, so dass der breite Gabelständer nach hinten wegklappt und treten. Der 250 Watt starke Shimano Steps Motor setzt ein und das erste Kind schreit sofort: "Yippieeee!"


Die Kinder fordern sofort den "Turbo"

Die ersten Meter sind allerdings gewöhnungsbedürftig. Die 90 Kilogramm des Fahrers plus zwei Kinder à 15 Kilogramm sowie das 31 Kilogramm schwere Fahrrad exklusive Zubehör sind deutlich zu spüren. Gerade wenn das Mundo langsamer wird, verliert es an Stabilität. Das Fahrgefühl ist ein wenig wie das eines voll beladenen Kombis. Nicht unangenehm, aber eben anfälliger für Seitenwind oder rasche Lenkbewegungen. Außerdem lernt der Fahrer schnell: An Ampeln immer mit beiden Füßen abstützen, um das Gewicht zu halten. Beim Anschieben auf die Hacken aufpassen. Die geraten schnell unter die hölzernen Fußablagen für Erwachsene auf der Rückbank. Und: beim Absteigen das Fahrrad an Lenker und Sattel halten oder mit der Hüfte stützen, bis der Ständer ausgeklappt ist. Optimal wäre hier, wenn dieser so angebracht wäre, dass er sich zwischen dem Yuba stehend mit den Füßen erreichen ließe.


Nach zwei Tagen stellt sich Routine ein. Rad, Vater und Kinder sind aufeinander eingespielt. Die Kinder klettern selbst auf ihre Sitze und fordern dann sofort den "Papa, mach den Turbo!", wie sie die höchste Antriebsstufe "Boost" nennen. In der schiebt der Shimano-Motor so stark an, dass die zehnstufige Kettenschaltung Probleme hat, hinterherzukommen und hörbar laut einrastet. Den Kindern ist das egal. Sie strecken die Arme aus und rufen: "Ich fliege!" Auto fahren wollen sie die nächsten zwei Wochen nicht mehr. Egal ob in den Kindergarten oder ins Schwimmbad: Immer soll es das Lastenrad sein.


Perfekt für den Sommerausflug

Trotz des großen Spaßfaktors hat das Yuba Mundo aber Nachteile. Zum Beispiel den mangelnden Stauraum. Die meisten Lastenräder besitzen einen großen Ladekorb, in dem die Kinder sitzen und in dem sich auch der Wochenendeinkauf verstauen lässt. Beim Yuba gibt es nur einen kleinen Korb an der Front. Wenn es regnet, werden die Kinder nass. Es gibt zwar einen Regenschutz für die Rückbank, allerdings ist der so hoch und ungelenk, dass das Fahrrad danach wie das Papamobil von Papst Franziskus aussieht. Und nicht zu vergessen: Das Yuba ist teuer. 4500 Euro kostet das Lastenrad in der Grundausstattung mit E-Motor. Wobei "Grundausstattung" wörtlich zu nehmen ist: Alles kostet extra. Der Kindersitz: 140 Euro. Der Stahlkäfig zum Festhalten: 200 Euro. Die Fußablagen: 100 Euro. Das Rahmenschloss: 35 Euro. Das Sitzpolster: 40 Euro. Das Bambusbrett darunter: 40 Euro. Das Mundo Steps kommt in unserer Testkonfiguration so auf einen Preis von über 5000 Euro. Zwar gibt es das Rad auch ohne Motor für 1700 Euro, doch das wird je nach Anzahl und Gewicht der Passagiere schnell mühselig.


Zwar lässt sich das Mundo nicht so vielseitig einsetzen wie ein Lastenrad mit Ladekorb, wer eine ähnliche Variabilität erreichen will, muss viel Zubehör kaufen und das Yuba je nach Einsatz umbauen. Aber wen das nicht stört, der bekommt ein Fahrrad, das wendiger ist als das Standard-Cargo-Bike und sich auch zum Transport von älteren Kindern oder Erwachsenen eignet. Wenngleich sich die Ehefrau partout weigert, als Passagierin hinten Platz zu nehmen. Nichtsdestotrotz ist das Yuba Munda Steps mit seiner Reichweite von bis zu 100 Kilometern das perfekte Fahrrad für Ausflüge, bei denen sonst das Auto zum Einsatz gekommen wäre. Oder wie es die Kinder auf der Rückbank des Yubas ausdrücken würden: "Das war suuuuper!"

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