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Grüne Woche: Die Agrarpolitik ist das faule Ei


Verbraucherschützer und Bauern kritisieren die Subventionspolitik des Bundes. Sie sei das Einfallstor für das Dioxin. Bild: dpa

Von news.de-Redakteurin Fabienne Rzitki, Berlin Weg mit Großagrariern und Schön-Wetter-Verpackungen: Viel zu lange habe die Bundesregierung mit ihrer Subventionspolitik zur Demontage der Landwirtschaft beigetragen. Verbraucherministerin Aigner plant nun die Wende zum Ökolandbau.

Skandal, Sauerei, kriminell: Seit Tagen dominiert Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) mit diesen Begriffen die Debatte um den Dioxin-Skandal. Auch auf der Grünen Woche hielt die Ministerin damit nicht hinterm Berg - obgleich wenig Neues von ihr zu hören war. Stattdessen soll ihr die Messe in Berlin zur Propagierung des jüngst beschlossenen 14-Punkte-Plans dienen, der unter anderem eine Meldepflicht für Labore vorsieht, wenn diese überhöhte Belastungen feststellen. Die Ernährung der Menschen und damit die Zukunft der Landwirtschaft sei eine "Schicksalsfrage", die schnell geklärt werden müsse.

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Zugleich forderte die Ministerin einen besonnenen Umgang mit Lebensmitteln, schließlich seien diese "Mittel zum Leben, die ihren Preis wert sein müssen". Preissteigerungen wie die im vergangenen Jahr - immerhin um 1,6 Prozent - seien deshalb ein Trend, der sich fortsetzen werde.

Doch die Kritik bleibt: Die Bemühungen der Bundesregierung gehen Verbraucherverbänden, Landwirten und Bauernverbänden nicht weit genug. Heidrun Betz vom Deutschen Tierschutzbund meint, der aktuelle Skandal dürfe nicht auf einzelne schwarze Schafe abgewälzt werden. Ein "Systemfehler" sei Ursache der aktuellen Entwicklungen.

Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Foto: news.de

Eine fehlgesteuerte Agrar- und Umweltpolitik sei schuld daran, dass ein schwarzes Schaf für die Schließung mehrerer Höfe verantwortlich ist, meint auch Bernd Voß von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Hier bestehe Handlungsbedarf, denn bislang sei es Tatsache, dass Unternehmen, die massenhaft produzieren, viele Fördermittel erhielten. Die, die wenig erwirtschaften, würden auch wenig Gelder beziehen. Das sei ein Umstand, der gestoppt werden muss.

Ob das vorhandene System Auslöser dafür sei, dass wenige Kriminelle immer wieder für Lebensmittelskandale sorgen, dazu wollte sich Ilse Aigner nicht äußern. Änderungen soll es jedoch geben. So sei eine Umstellung auf eine Flächenprämie geplant. Landwirte, die viel Fläche haben, sollen in Zukunft mehr Fördermittel erhalten. Aigner wolle so 500 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren umschichten. Darüber hinaus seien Leistungen für den Ökolandbau geplant. Brauchbare Details dafür fehlen aber noch.

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Dieser Vorstoß dürfte jedoch Friedrich von Homeyer von Demeter, dem Verband für ökologischen Landbau, freuen. Auf der Grünen Woche forderte er, Großagrarier abzuschaffen: "Man darf die Landwirtschaft nicht den Konzernen überlassen. Eine ökonomische Gewinnmaximierung darf nicht sein." Denn die einseitige Ausrichtung auf die Produktion billiger Rohstoffe für die exportorientierte Lebensmittelwirtschaft sei die stärkste Triebfeder der fortschreitenden landwirtschaftlichen Industrialisierung und der damit einhergehenden Risiken, zu denen unter anderem der Verlust der landwirtschaftlichen Vielfalt gehöre.

Scharfe Kritik in der Debatte hagelt es auch von Hubert Weiger, dem Bundesvorsitzenden des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland: "Die Bundesregierung hat zentrale Umweltgesetze bis zur Unkenntlichkeit aufgeweicht, sodass sie ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen konnte. Die Überdüngung stagniert auf hohem Niveau und bleibt eine der Hauptursachen für den rasanten Artenverlust." Die Massentierhaltung gesetzlich auszuweiten und zu subventionieren, sei "nicht nur ein Einfallstor für Dioxin und andere Risiken, sondern auch Ursache für das kolossale Versagen hinsichtlich konkreter Klimaschutzziele für die Landwirtschaft für das Jahr 2010."

Etwa alle acht Monate gebe es in Europa einen Lebensmittelskandal. Obendrein werde der Verbraucher ständig getäuscht. "Die Bevölkerung ist zum Opfer falscher Bilder geworden", so Weiger. Auf vielen Packungen seien Bilder von Kühen auf der Weide zu sehen, obwohl die Tiere im Stall stehen. Industriell hergestellte Wurst von Tieren aus der Massentierhaltung müsse daher deklariert werden, damit der Verbraucher ganz genau weiß, woher sein Essen kommt.

ham/sua/reu/news.de

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