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Alles Bio - oder nur Kosmetik? (Auszug)

Naturkosmetik - früher in kleinen Manufakturen oder selbst zubereitet - erobert heute ein Marktsegment. Was davon ist echte Biokosmetik?

In einem Hinterhof im 7. Wiener Gemeindebezirk besuche ich das Studio von „Biokosmetika & Wein". Kosmetikerin Andrea Schneider-Manndorff strahlt auch an diesem Regentag wie die Sonne über Marokko. Während ich mich gemütlich für die Behandlung hinlege, erklärt sie ihre Arbeitsweise. Vieles wird hier frisch zubereitet, z.B. mit Joghurt. Eines von Andreas bevorzugten „Wundermitteln" ist Erde. Diese Erde macht nicht schmutzig - im Gegenteil: hier wird mit Erde sauber gemacht: Andrea ist voll des Lobes für ihre Wascherde, die besonders mild ist und keine Tenside enthält. Nach der Reinigung geht es mit einem Rhassoul-Peeling weiter, es duftet nach Rosen... wohl riechende Kosmetika finden über Andreas Hände ihren Weg auf mein Gesicht... auch auf meine Lippen hat sich ein bisschen was verirrt... ich schmecke Honig.

Das Inhaberpaar Ingrid Schreier und Herbert Miksits legt Wert darauf, möglichst Produkte zu verwenden und zu verkaufen, die kontrollierte Bioqualität nachweisen können. Deren Herstellerfirmen können teils auf Jahrzehnte lange Erfahrung mit natürlichen Inhaltsstoffen verweisen. Firmen wie Dr. Hauschka, Tautropfen, Farfalla, Maria Pieper, Sanoll oder Weleda haben langsam, aber stetig den Markt erobert und gelten als Wegebereiter für naturnahe Kosmetik.

Kein Wunder, dass auch die Hersteller von konventioneller Kosmetik auf den Zug aufgesprungen sind. Kosmetik-Konzerne, wie L'Oréal, der eine große Bandbreite an bekannten Firmen vereinigt, können bei einzelnen Marken mit unabhängigen Gütesiegeln aufwarten: So tragen Garniers Serie „Bio Aktiv" und Sanoflore das ECOCERT- Siegel, beim Diskonter bekommt man heute schon „Bio-Rosen-Shampoo" und unzählige Herstellerfirmen werben mit dem Begriff „Naturkosmetik". Was ist von all dem zu halten?

Natur ist nicht gleich Bio Für Verwirrung sorgen bereits die Bezeichnungen: Der Begriff „Naturkosmetik" ist derzeit nicht geschützt und unterliegt keinen gesetzlichen Bestimmungen. Aus diesem Grunde wurde von einer Fachkommission für das österreichische Lebensmittelbuch ein eigenes Codexkapitel „Naturkosmetik" erarbeitet. Ein weiteres, das „Biokosmetik" genau definiert soll im Herbst 2010 veröffentlicht werden. Es orientiert sich an den Normen für Biolebensmittel und soll eine Irreführung der Konsumenten verhindern.

Billig-Bio Ein Shampoo mit Rosen aus kontrolliert biologischem Anbau um € 1,99? Auch Diskontketten bieten neuerdings zu erstaunlich günstigen Preisen, Produkte an, die „Bio" im Namen tragen. Bei manchen ist allerdings der Anteil an „wertvollen" Inhaltsstoffen gering. So enthält das dufte Rosenshampoo eben nur eine verschwindend kleine Menge an Rosenwasser aus kontrolliert biologischem Anbau. Wie hoch der Prozentsatz der biologisch zertifizierten Inhaltsstoffe ist, geht aus der Produktbeschreibung ja nicht hervor. Dass dieses Produkt keines der genannten Bio-Gütesiegel hat, wundert dann auch nicht mehr. Denn der Rest des Inhalts ist Vertrauenssache und keiner unabhängigen Kontrolle unterworfen.

„Grundsätzlich empfinde ich es als eine gute Entwicklung, dass mehr und mehr Natur- bzw. Biokosmetik angeboten wird, auch wenn die Firmen nicht durch eine umfassende Philosophie motiviert werden", meint Bio-Pionierin Maria Pieper zum aktuellen Trend, „Vor 30 Jahren hätten wir nicht zu denken gewagt, dass „bio" irgendwann so salonfähig würde." Maria Pieper kennt das Problem, die verschiedenen Qualitäten als KonsumentIn zu unterscheiden.

Autorin: Eva Woska-Nimmervoll


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