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Lula da Silva: "Größte Justizlüge in 500 Jahren Geschichte" in Brasilien

Zurück auf der Bühne: Lula da Silva ist die Ikone der brasilianischen Linken.

São Paulo. Zwei Tage nach der Annullierung seiner Verurteilung wegen Korruption hat sich Brasiliens-Ex-Präsident Lula da Silva mit einer einstündigen Rede an die Brasilianer gewandt. Er sagte: "Ich war das Opfer der größten Justiz-Lüge in 500 Jahren Geschichte". Am Sitz der Metallarbeitergewerkschaft in São Bernardo do Campo nahe São Paulo betonte er zugleich, dass er keinen Schmerz über den unfairen, politisch motivierten Prozess und seine über 500 Tage in Haft empfinde. Auch wenn seine Ehefrau mit deswegen erkrankte und er nicht zur Beerdigung seines Bruders durfte: "Wenn es einen Brasilianer gibt, der tief gekränkt sein sollte, dann ich. Aber ich bin es nicht", sagte Lula da Silva: "Das Leid, das die Armen im Land erleiden ist unendlich größer als irgendein Verbrechen, das sie an mir begangen haben", so das Idol der linken brasilianischen Arbeiterpartei.


Brasiliens bekanntester Kämpfer gegen Hunger und Ungleichheit erklärte: "Es gibt keinen größeren Schmerz für einen Bürger als zu wissen, dass er ohne Arbeit ist und am Monatsende kein Gehalt haben wird, um die Familie durchzubringen." Der Ex-Präsident benannte die Zahl von über 270.000 Opfern von Covid-19 im Land und sprach ihren Angehörigen und dem Gesundheitspersonal seine Solidarität aus: "Ihr wisst, dass die Frage der Impfung nicht eine Frage ist, ob Geld da ist oder keines. Es ist die Frage, welches die Rolle des Präsidenten ist bei der Sorge um das Wohlergehen seines Volkes", formulierte er. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro griff er scharf an: "Der Präsident wurde nicht gewählt, um Unsinn zu reden oder Fake News. Er wurde nicht gewählt, um den Kauf von Waffen anzukurbeln, so als hätten wir Waffen gebraucht."


Brasilien verdiene nicht das durchzumachen, was es durchmache, sagte Lula da Silva in seinen langen Ausführungen weiter und bewies dabei, dass er ein emotionaler Redner ist. Jair Bolsonaro habe auf allen Ebenen versagt: "Dieses Land ist völlig durcheinander und zerrissen, denn es hat keine Regierung. Ich wiederhole: dieses Land hat keine Regierung. Sie sorgt sich nicht um die Wirtschaft, um die Jobs, um die Löhne, um die Gesundheit, um die Umwelt, um die Bildung, um die Jugendlichen, um die Jugendlichen in den Vorstädten - um was kümmert sie sich überhaupt?"


Lula da Silva wurde überraschend von einem Richter am Obersten Gerichtshof absolviert. Nun kämpft er dafür, dass sein parteiischer Richter Sérgio Moro zur Verantwortung gezogen wird: "Ich bin sicher, dass er heute mehr leidet, als ich gelitten habe", sagte Lula da Silva. Ob er im nächsten Jahr Präsidentschaftskandidat sein wird, ließ Lula offen. Brasiliens Ex-Präsident kann sich jetzt wieder um ein politisches Amt bewerben.

Seine Anhänger ließ er diese Woche wissen, er fühle sich jung genug durch das Land zu reisen und mit dem Volk zu sprechen, dem man die "Fähigkeit zu träumen und zu wachsen" geraubt habe. Gewohnt eloquent und emotional beendete Lula seine Rede an die Brasilianer: "Habt keine Angst vor mir. Ich bin radikal. Ich bin radikal, weil ich an die Wurzel der Probleme dieses Landes reichen will. Ich bin radikal, weil ich helfen will eine gerechte Welt aufzubauen, eine menschlichere Welt."


Zur Wahl 2018 hatte Lula da Silva antreten wollen. Doch der Prozess gegen ihn verhinderte die Kandidatur.

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