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Brasilianer feiern DFB-Elf: "Deutscher Fußball ist geil"

Der deutsche Fan-Treff "Tor!" am Strand von Rio entwickelt sich vom Geheimtipp zur Party-Meile. Über 400 deutsche und brasilianische Fans feierten trotz des erzitterten Unentschiedens die DFB-Elf als Helden. Dabei beweisen die Brasilaner, dass sie auch deutsche Fangesänge beherrschen. 


Aus den Boxen wummert brasilianischer Hip-Hop. Bernhard Weber wippt im Takt, seine kleine Tochter hält er auf dem Arm. Der schlacksige blonde Schwabe, der die Basecap verkehrt herum trägt, grölt ins Mikrophon: "Deutscher Fußball ist geil, frag nicht weil, beweg dein Hinterteil.“

Public Viewing im Standkiosk "Tor"

Bernhard Weber, den hier alle MC Gringo nennen, ist vor zehn Jahren von Stuttgart in eine von Rio de Janeiros Favelas gezogen. Von Beruf: Rapper. Heute tritt er im Strandkiosk "Tor“ direkt an der berühmten Copacabana auf, präsentiert seinen WM-Song sozusagen als Vorprogramm des Spiels Deutschland gegen Ghana.

Das deutsche Generalkonsulat hat die Bar während der Fußball-Weltmeisterschaft gemietet, sie soll der Treffpunkt der Fangemeinde in Deutschlandtrikots sein. Public Viewing unter Plamen, Meeresrauschen im Hintergrund.

Hawaiketten und Deutschlandfahnen

Auf dem breiten Sandstrand sind Liegestühle aufgestellt, der Kiosk mit schwarz-rot-goldenen Luftballons geschmückt, kleine Fähnchen zieren das Dach. Hawaiiketten in Deutschland-Farben werden verteilt. Und das wichtigste: Bei jedem Tor der Nationalelf wird eine Runde Freibier spendiert. Einer der Gründe, warum der kleine Kiosk völlig überfüllt ist. Alle Stühle sind besetzt und das Gedrängel, einen Stehplatz mit Blick auf  den Flachbildfernseher zu ergattern, ist groß.

Gekommen sind WM-Touristen, Auswanderer, deutsch-brasilianische Familien und: viele brasilianische Deutschland-Fans. Deutscher Fußball ist geil – da scheinen sich die rund 500 Besucher einig zu sein und klatschen zu MC Gringos WM-Song.

Stimmung auf brasilianisch

Auch Vinicius und Tiago stehen vor einem der Bildschirme im Fan-Kiosk am Strand. Zwei junge Carioca – so werden die Bewohner von Rio de Janeiro genannt – die eine der deutschen Schulen in Rio besucht haben. Beide tragen ein Deutschlandtrikot, auf die Wangen haben sie sich schwarz-rot-goldene Steifen gemalt. "Wir sind hier, weil wir den deutschen Fans zeigen wollen, wie man Stimmung macht“, sagt Vinicius auf portugiesisch.
"Auf geht’s Deutschland, schießt ein Tor“ grölt er dann auf deutsch, "Super Deutschland, Super Deutschland“. Doch so richtig mitziehen will die Fangemeinde während der ersten Halbzeit nicht. Bisher ist noch kein Tor gefallen, daran könnte es liegen. Oder daran, dass die Deutschen eben ein bisschen länger brauchen, bis sie auftauen, glauben die beiden Brasilianer.

"Alemanha, Alemanha"

51. Minute, Mario Götze trifft , die erste Freibier-Runde startet – und die deutschen Fans an der Copacabana wachen auf. In den Gesang der Brasilianer stimmt jetzt auch Thomas Kliem mit ein. Mit ein paar Freunden verbringt der Berliner die WM-Wochen in Rio. "Ich bin überrascht, dass für viele hier Deutschland Titel-Favorit ist“, sagt er. "Alemanha, Alemanha" würden ihm die Brasilianer zurufen, wenn er mit einem Deutschlandtrikot in Rio unterwegs sei. Sein Fazit: "Die Brasilianer lieben Deutschland.“
Vor allem lieben die Brasilianer deutsches Bier. Die Fangesänge werden von Freibier-Rufen übertönt. Doch für die beiden brasilianischen Mitarbeiterinnen des Strandkiosks ist der Besucheransturm eine logistische Herausforderung – sie kommen mit dem Verteilen der Freibierdosen nicht nach. Ein Bier zur Beruhigung wünschen sich hier jetzt viele, liegt Ghana doch zwischenzeitlich in Führung.

2:2 - keine große Enttäuschung

Vinicius und Tiago, die beiden Carioca, feuern die deutsche Mannschaft bis zum Schluss an. Über das Unentschieden scheinen sie am Ende nur wenig enttäuscht zu sein. Viel schlimmer: Obwohl die deutsche Mannschaft zwei Tore geschossen hat – die Dame mit dem Freibier hat es nicht bis zu ihnen geschafft.

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