„Er ist der Telefonjoker gegen Fremdenhass", schrieb ZEIT ONLINE 2016 über Ali Can. Das war kurz nachdem Ali seine Hotline für besorgte Bürger*innen gestartet hatte. Die Hotline sollte eine Antwort auf Pegida und AfD sein. Bis heute darf jede*r unter der Nummer Ali und einen Kollegen anrufen, um Themen zu diskutieren, die sogenannte besorgte Bürger*innen umtreiben könnten. Dieses Jahr startete Ali erneut eine wichtige Aktion: Im Juli rief er nach der Debatte um Özil dazu auf, persönliche Rassismus-Erfahrungen und Alltagsrassismus unter dem Hashtag #MeTwo zu teilen.
„Eine MeToo-Debatte für Menschen mit Migrationshintergrund", das forderte Ali Can in einem Video. Für ihn war es höchste Zeit für einen Aufschrei. Er wählte #MeTwo als Hashtag, um darauf hinzuweisen, dass viele Menschen eben nicht nur deutsch seien, sondern auch eine Migrationsgeschichte haben. Seinem Aufruf folgten Hunderttausende Menschen und erzählten ihre Geschichten. Der 25-Jährige arbeitet als Aktivist und setzt sich für ein gemeinsames pluralistisches Deutschland ein.
Was Hashtags bewirken können, wie man mit Hass und Rassismus umgehen sollte und was nach #MeTwo kommt, haben wir Ali Can im Interview gefragt.
ze.tt: Ali, auf dem Weg nach Berlin hast du in der Deutschen Bahn einen #MeTwo-Moment erlebt. Was ist genau passiert?
Ali Can: Ich war gestern beim Deutschen Integrationspreis und bin heute Morgen von Frankfurt nach Berlin gefahren. Der Kontrolleur hat sich mein Handyticket angesehen, dann mich angeguckt und mit schelmischem Lächeln gesagt: „Das passt ja total zum Klischee. Da fehlt nur noch Mohammed oder so!" Es war sieben Uhr morgens, ich war müde und konnte auf Anhieb nicht stark reagieren. Während ich darüber nachdachte, hat der Kontrolleur meine Bahn-Card geprüft und meinte: „Viel fahren sie ja auch noch." Als stünde er vor einem Exoten. Ich hab das Klischee dann zugespitzt und gesagt: „Ja, ich fahre viel mit der Bahn, aber das ist nicht typisch Klischee oder?" Man hat ihm angesehen, dass es in seinem Kopf ratterte, dass er begann, seine Worte zu reflektieren. Er erwiderte schließlich, er möge selbst kein Bahnfahren, was er als Bahn-Mitarbeiter natürlich nicht sagen sollte. Er wollte damit offenbar seine Aussage zuvor kaschieren, um sein Gesicht nicht zu verlieren. Ich habe gesehen, dass er darüber nachgedacht hat und dabei wollte ich es belassen. Ich hatte keine Energie, ihn noch weiter zu konfrontieren, denn dann hätte er sich verteidigt.