Wie schaffen es manche, immer wieder aufzustehen, weiterzumachen? Zu Besuch bei der Mutter Julia Zeller aus Biberach, die bei der Geburt ihres ersten Kindes Gewalt erfuhr und im Tanzen neue Kraft schöpft.
Von Eva-Maria Manz
Sie windet sich um die Stange wie eine Mutter um die Schraube. Ihre Arme halten den Körper in der Luft, die Beine schwingen nach oben, rundherum, leicht wie eine Tänzerin. Julia Zeller, 33 Jahre alt, Mutter zweier Kleinkinder aus Biberach, ist nur 1,57 Meter groß. In Hotpants und Sport-BH sieht man an ihr kein Gramm Fett, sondern trainierte Oberschenkel, einen Sixpack am Bauch, breite Schultern, langes hellblondes Haar weht um ihren Kopf.
Elegant zieht sich Julia immer wieder an der Stange nach oben, es wirkt, als könnte sie die Schwerkraft bezwingen. Während andere Mütter bei der Rückbildung in der Volkshochschule unter schweißbetropfter Stirn den Po zu zehn Schulterbrücken heben, drückt sich Julia in die Luft wie eine Zirkusartistin mit der Kraft eines Bodybuilders. Was für eine Performance. Stark wie Hulk. Dass sie eine Zeit lang im Rollstuhl saß, erzählt sie dann so nebenbei. Wie geht denn das?
In einer Nacht vor knapp sechs Jahren wurden in einer schwäbischen Klinik 17 Kinder geboren. Julia hatte man ein Wehenmittel gegeben, sie schnaufte im Kreißsaal, schrie, als sich alles in ihrem großen Bauch verzog, als wollte man ihr das Innerste herausreißen. Ihr Mann stand hilflos daneben. Einatmen, ausatmen, ein – um sie wurde es dunkel. Dann wieder blitzten die Lichter über ihrem Kopf, und sie sah weiße Kittel, die kamen und gingen wie die Ohnmacht, die sie ergriff. Keiner hatte Zeit, keiner blieb, keiner sprach mit ihr. Die Stunden vergingen. Einmal drückte ihr die Schwester kalt die Hand auf den Bauch. Ob sie nicht zur Toilette gehen wolle, ihre Blase platze gleich. Julia schleppte sich zum Klo. Doch es war zu spät, die Blase überdehnt, sie fühlte: nichts. Die Schwester schob ihr einen Katheter in die Harnröhre. 15 Stunden später bekam Julia endlich eine Betäubungsspritze gegen die Schmerzen. Die Presswehen gingen über drei Stunden, raus, nur noch raus damit.
Wenn in dir etwas ist, was du draußen haben willst, so sehr wie nichts anderes, und dann bleibt es stecken, was tust du? Sie brüllte, sie stemmte sich mit den Beinen gegen das Bett.
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