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Überforderung in der Pflege

Wer einen anderen pflegt und diesen verantwortlich und mit Herz versorgen möchte, muss auch sich selbst gut pflegen. Sonst wirkt sich das schnell negativ auf die gesamte Pflege- und Lebenssituation aus, kann sogar großen Schaden anrichten. Fühlen Sie sich wie im Hamsterrad? Haben Sie das Gefühl, dass das eigene Leben zu kurz kommt? Haben Sie sich die Pflegesituation vielleicht leichter oder einfach anders vorgestellt? Wir zeigen Ihnen, welche Anzeichen Ihnen eine Überforderung spiegeln, wie Sie handeln können und wer Ihnen bei Bedarf aus dieser Situation wieder heraushilft.

Auswirkungen auf das eigene Leben häufig unterschätzt

Die häusliche Pflege eines Angehörigen hängt meist hauptsächlich an einer Person. Dies kann der Lebenspartner der pflegebedürftigen Person sein, oft sind es aber auch eine Tochter, ein Sohn oder eine Schwiegertochter, ein Schwiegersohn. Für alle Pflegepersonen gilt, dass die übernommene Verantwortung das eigene Leben sehr verändert.

Häufig werden eigene Kontakte vernachlässigt, zusätzliche Aufgaben gehen zu Lasten der eigenen Erholung und Freizeit. Bei kürzerer Pflegedauer sind persönliche Einschränkungen meist gut zu verkraften. Dauert die Pflege aber länger, kann dies zu körperlicher und psychischer Überlastung oder auch zur Erkrankung der Pflegeperson führen.

Meist entwickelt sich eine Überforderung schleichend und wird nicht gleich bemerkt. Außerdem wird die Verantwortung manchmal unterschätzt oder der gesundheitliche Zustand eines pflegebedürftigen Angehörigen verändert sich im Laufe der Pflegetätigkeit derart, dass sie alle Freizeit beansprucht. Dass die durchschnittliche Pflegedauer im Bereich der häuslichen Pflege bei rund 8,2 Jahren liegt, ist vielen Menschen bei Übernahme der Pflege auch gar nicht bewusst.

Nur wer sich selbst pflegt, pflegt gut

Der beste Schutz gegen eine Überlastung sind regelmäßige Pausen von der Pflege. Ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung, regelmäßige Erholung und Kontakt mit Freunden bei Sport oder Kultur dürfen nicht zu kurz kommen. Machen Sie sich bewusst: Für eine pflegende Person ist ein guter Umgang mit sich selbst genauso wichtig wie die Fürsorge gegenüber dem pflegebedürftigen Angehörigen. Lassen Sie es also erst gar nicht zu einer Überlastung kommen, auch wenn das leichter gesagt ist, als getan.

Woran erkennt man eine Überforderung?

Überforderung hat viele Gesichter. Sie kann sich körperlich zeigen, aber auch in Ihren Gedanken und Gefühlen. Meist lebt man schon eine Weile mit Stress-Symptomen und nimmt sie daher nicht mehr ernst. Spätestens wenn Sie folgende Anzeichen an sich wahrnehmen, sollten Sie jedoch schnell für Entlastung sorgen:

Körperliche Schmerzen, die mit keinem akuten Infekt/keiner Verletzung in Verbindung stehen. Wiederkehrende oder anhaltende Muskelverspannungen. Starke Gereiztheit, blanke Nerven, plötzliche Wutanfälle. Chronische Erschöpfung, Müdigkeit schon morgens beim Aufstehen. Innere Unruhe, Nervosität, Gedankenkarussell. Anhaltende Schlafstörungen. Ohnmachtsgefühle, Panikattacken, Verzweiflung. Gefühle der Trauer, häufiges Weinen, scheinbar auch ohne äußeren Grund. Antriebslosigkeit, Schwäche, innere Lähmung. Ausgeprägte Unzufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation. Aggressionen gegenüber dem Pflegebedürftigen oder anderen nahestehenden Menschen. Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Sie fühlen sich als Opfer oder als Getriebener. Wie Sie mit einer Überforderung umgehen

Wichtig ist, dass Sie sich Ihre Überlastung eingestehen und Ihre Beschwerden nicht übergehen. Sprechen Sie mit anderen Angehörigen oder Nachbarn, die Ihnen kurzfristig eine Pause verschaffen können. Nutzen Sie diese Zeit, um ein wenig Distanz zur Pflegesituation zu gewinnen und unternehmen Sie etwas, was Ihnen schon immer Energie gegeben hat. Das kann ein altes Hobby sein, ein ausgedehnter Waldspaziergang, ein Tag in der Sauna oder ein Leseabend im Bett.

Sind Ihre Beschwerden sehr stark, werden einzelne freie Momente nicht ausreichen. Überlegen Sie, wie die Lasten langfristig anders verteilt werden können. Wer könnte welche Aufgaben regelmäßig übernehmen? Gibt es Privatpersonen, die ein gutes Verhältnis zum Pflegebedürftigen haben und Sie verlässlich unterstützen könnten? Welche Situationen sind besonders belastend für Sie? Gibt es dafür Hilfsmittel oder Möglichkeiten der professionellen oder ehrenamtlichen Unterstützung, etwa Hilfe durch einen ambulanten Pflegedienst, einen Besuchsdienst, einen Seelsorger?

Beratungsangebote, Dienste und Netzwerke nutzen

Manchmal kommt man durch eigene Überlegungen nicht ausreichend weit oder die Erschöpfung ist so groß, dass man mit der Umorganisation der Pflege ebenfalls überfordert ist. Scheuen Sie in solchen Fällen nicht den Gang zu Ihrem Hausarzt, um sich auch medizinisch helfen zu lassen. Ihre Gesundheit muss höchste Priorität erhalten. Weitere Anlaufstellen für Sie als pflegende Angehörige sind:

Kommunale Beratungsstellen für pflegende Angehörige. Pflegestützpunkte. Einrichtungen für Kurzzeitpflege, Tagespflege, Verhinderungspflege. Ambulante Pflegedienste. Die Pflegekasse, falls Sie Pflegehilfsmittel benötigen. Ihre Krankenkasse, falls Ihr Arzt eine Kur für geboten ansieht. Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Helfer, Alten- und Servicezentren.

Falls Ihr Angehöriger wegen seiner Erkrankung sehr spezielle und umfangreiche Pflege benötigt, könnte auch ein Hospizverein oder eine Anlaufstelle für Demenzpatienten hilfreich sein, um die richtigen Hinweise oder dauerhaft Entlastung zu erhalten. Fragen Sie herum und nutzen Sie auch das Internet für Ihre Suche nach passender Unterstützung. Sie werden überrascht sein, wie vielen pflegenden Angehörigen es genauso geht wie Ihnen und wie viel Unterstützung geboten wird.

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