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Deutscher Tennis Bund: Sommerliche Wechselspiele

13. Dezember 2012

In Wimbledon darf der Rasen nun eine Woche länger wachsen. Foto: AFP

Ausgerechnet der Deutsche Tennis Bund will dem renommierten Rasenturnier in Halle Konkurrenz machen.

Ausgerechnet der Deutsche Tennis Bund will dem renommierten Rasenturnier in Halle Konkurrenz machen.

Bis zum heutigen Tag haben sich die 1877 erstmals ausgetragenen All England Championships in Wimbledon ihren traditionellen, bisweilen auch altmodischen Charakter bewahrt. Zwar wird von den Spielern nicht mehr erwartet, vor der Königsfamilie mit einem Knicks oder einer Verbeugung ihren Respekt zu bekunden, doch in weißer Spielkleidung müssen sie weiterhin antreten. Das ist Gesetz, ebenso wie die Erdbeeren mit Sahne auf den Tribünen oder der Termin, der seit jeher unveränderlich im Sportkalender steht. Beginnend in der letzten Juniwoche versammelt sich die Elite der Topspieler im All England Club. Doch ab dem Jahr 2015 hat auch diese Tradition ein Ende. Wimbledon wird eine Woche nach hinten verschoben, hinein in den Juli, und das mit Konsequenzen, die vor allem das Tennis in Deutschland betreffen könnten.

Die Verantwortlichen der Tour und die Ausrichter von Wimbledon haben mit ihrer Entscheidung den Wunsch vieler Spieler erhört. Unter anderem Novak Djokovic und Rafael Nadal hatten wiederholt moniert, die nur zweiwöchige Pause zwischen den Grand-Slam-Turnieren von Paris und London sei zur Erholung und für ausreichend Vorbereitungsspiele zu kurz. Nun gibt es also eine dritte Woche und damit einen freien Zeitraum für ein weiteres Rasenturnier, das dann unmittelbar im Anschluss an die French Open und vor den Gerry Weber Open in Halle/Westfalen stattfinden soll.

Stuttgarts Bewerbung steht fest

Die teure Turnierlizenz − Dakar übernahm einst die Berliner German Open für fast sieben Millionen Euro − weckt Begehrlichkeiten. Heute läuft die von der ATP gesetzte Bewerbungsfrist aus, die sich vor allem an Betreiber europäischer Sandplatzturniere gerichtet hat. Infrage für einen Belag- und Terminwechsel kommen neben Gstaad die Turniere von Stuttgart und Hamburg. Bei einem Zuschlag für einen deutschen Austragungsort würde dieser in direkte Konkurrenz zu Halle, dem wichtigsten Rasenturnier vor Wimbledon, treten. Dirk Hordorff, langjähriger Trainer und Manager von Rainer Schüttler und heutiger Präsident des Hessischen Landesverbandes verweist auf die starke Stellung der Gerry Weber Open: „Halle hat das Geld, sich die Topspieler zu holen. Ein weiteres deutsches Rasenturnier unmittelbar im Vorfeld könnte als minderwertig erscheinen.“

In Stuttgart haben sich Turnierdirektor Edwin Weindorfer und der Tennisclub Weissenhof dennoch für eine Bewerbung entschieden. „Es ist richtig, dass wir den Weg zu einem Rasenturnier gehen wollen“, bestätigte Weindorfer eine Anfrage des Tennis Magazins. Doch über die Motivation darf gerätselt werden. So ist Hordorff mehr als skeptisch, ob sich ein Turnier direkt im Anschluss an die French Open wirtschaftlich und sportlich attraktiv betreiben lassen kann. Er spricht von einem „äußerst schwierigen Datum“ und bekräftigt: „Ich würde zu diesem Zeitpunkt nicht das Risiko eingehen, solch ein Turnier auszutragen“. Klar ist, ein zweites deutsches Rasenturnier würde mit Halle um die knapp bemessenen Fernsehzeiten und Sponsorengelder konkurrieren.

In Westfalen, wo man mit dem günstigen Termin und viel Geld stets viele Spieler aus den Top Ten verpflichten kann, dieses Jahr schlugen Roger Federer und Rafael Nadal auf, gibt man sich dann auch betont entspannt. „Wir freuen uns über die Renaissance des Rasentennis, ein weiteres Turnier sehen wir positiv“, sagt Pressesprecher Frank Hofen.

Weniger gut ist die Stimmung dagegen in Hamburg. Dem Deutschen Tennis Bund (DTB), Eigentümer des Turnieres am Rothenbaum, liegt, dem Vernehmen nach, viel an einer Bewerbung für den Termin Mitte Juni. In der DTB-Spitze glaubt man, das Turnier, das 2009 seinen Status als Masterturnier verlor und nun in der zweithöchsten 500er-Serie angesiedelt ist, außerhalb der Sommerferien besser vermarkten zu können. Mit seinem Wunsch stößt der DTB allerdings auf wenig Begeisterung bei den Ausrichtern, der Hamburg Sports und Entertainment GmbH, mit Michael Stich an der Spitze sowie dem in Rothenbaum ansässigen Club an der Alster.

Hamburgs Angst vor dem Abstieg

Stich scheint nicht bereit zu sein, sich mit einem neuen Termin und den damit einhergehenden Abstieg in die 250er Serie zu arrangieren, der Club stört sich an der teuren Umrüstung auf Rasen, die zudem den Plänen, ein kombiniertes Tennis- und Hockeystadion zu errichten, im Wege stehen würde. Am Dienstag kam es zu einem Treffen zwischen der HSE und DTB-Vorstandsmitglied Stefan Felsing, um doch zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Beide Seiten vereinbarten Stillschweigen und waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Carl-Uwe Steeb, Vizepräsident des DTB, bestätigte nur, dass man sich in Gesprächen mit den Hamburger Veranstaltern befinde und „eine gemeinsame Lösung“ anstrebe.

Dass diese bereits gefunden wurde, darf als unwahrscheinlich gelten. In der Hamburger Verbandszentrale des DTB verweist man vorsorglich auf die Möglichkeit, auch nach dem Bewerbungsschluss Gespräche mit der ATP führen zu können. Aufgegeben hat man beim DTB den Wunsch also noch nicht, Hamburg in die Rasensaison zu holen. Gegen den feststehenden Bewerber aus Stuttgart bringt man sich bereits in Stellung: „Über die Finanzierung der Rasenplätze haben sie sich in Stuttgart auch noch keine richtigen Gedanken gemacht“, heißt es.

Für Hamburg wäre der Aufwand zwar derselbe, doch scheint der Leidensdruck mit dem für ein Sandplatzturnier ungeeigneten Julitermin so groß zu sein, dass man trotzdem um die frei gewordene Woche im Juni kämpfen will. Auf den eigenen Veranstalter, sowie Halle und Stuttgart, nimmt man beim DTB dann keine Rücksicht mehr.

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