Slow Love ist gut für unsere Seele
Warum dieses langsame Verlieben so gut für uns ist und warum die Slow Love, wie Wissenschaftler sie nennen, so sicher ist, erklärt uns hier Parship-Beziehungsberater Eric Hegmann:
Eric Hegmann: Liebe ist Liebe und da gibt es keine schlechtere oder bessere. Wichtig ist, wie sich die Liebe für das Paar anfühlt. Und da punktet die Liebe auf den ersten Blick, die nachweislich fast immer nur sexuelle Anziehungskraft ist, durch die aufregenden Emotionen, die sie auslöst - gegenüber der eher geruhsamen Annäherung zweier Menschen, die erst Vertrauen und Bindung aufbauen bevor die Liebeshormone die „Schmetterlinge im Bauch" fliegen lassen. Es liegt nahe anzunehmen, dass ein Slow Love-Paar seine Beziehung weniger über Sexualität definiert. Dadurch wird beispielsweise eine Veränderung der Libido, wie sie in jeder Beziehung vorkommt, die Partnerschaft weniger belasten.
Wie viel Zeit braucht die langsame Liebe?Das kann Monate, aber auch Jahre dauern. Slow Love kennen wir beispielsweise bei Partnern, die sich an ihrem Arbeitsplatz kennen lernten. Oft haben Kollegen lange zusammen gearbeitet bis plötzlich eine Kleinigkeit, eine Bemerkung oder ein ungewöhnliches Verhalten das Gegenüber in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt.
Ob ein Paar zusammen bleibt hängt von so vielen individuellen Faktoren ab, dass sich das nicht behaupten lässt. Bei Slow Love-Paaren sorgte der tägliche Umgang für einen vielfältigen Eindruck inklusive Erleben von Verhaltensweisen, die niemand bei einem ersten oder zweiten Date an den Tag legen würde. Im Arbeitsalltag erkennen wir Stärken und Schwächen. Ein Slow Love-Paar gewährt sich gegenseitig mehr Einblick durch den vertrauten Umgang und ist womöglich auf Probleme besser vorbereitet.
Kann die Zeit aus einem unattraktiven Mann einen heißen Typen machen?Ja. Was sexy oder attraktiv wirkt, können wir nicht gut steuern. Viele Paare berichten, dass sie sich zu Beginn nicht so aufregend fanden. Das kann sich ändern, wenn der Andere etwas Unerwartetes tut, das plötzlich anziehend wirkt. Zum Beispiel dem Chef Paroli bietet. Oder weil er sich sozial engagiert. Die Schönheit kommt dann wirklich „von innen" und der Persönlichkeit. Das ist ja genau, was Slow Love ausmacht: Attraktivität durch Vertrautheit. Und eigentlich ist Wissen ja der Feind der Fantasie - wir begehren das, was wir nicht haben und finden aufregend, was uns überrascht.
Ich kenne viele Fälle, in denen sich solche Paare tatsächlich später gefunden haben. Da war dann vielleicht der Zeitpunkt des Kennenlernens ungünstig, weil die frühere Beziehung noch nicht verarbeitet war oder die Prioritäten anders lagen. Darauf zu hoffen ist jedoch gefährlich. Das ist nicht Slow Love sondern der Versuch, jemanden verliebt zu machen. Das geht fast immer schief.
Kann ein langsames Verlieben auch passieren, wenn die potentiellen Partner ganz unterschiedliche Lebensziele haben?Nach meinen Erfahrungen sind es eher genau die ähnlichen Lebensziele, die eben auch Menschen zusammen bringen, die sich vielleicht sonst wegen anderer Beute-Raster nicht gefunden haben. Vor allem für Menschen, die „ immer wieder an die Falschen geraten " ist Slow Love ein Weg, aus lange erfolglosen Strategien der Partnersuche auszubrechen und sich auf etwas ganz Neues einzulassen.
Es sind eher Lebensphasen, in denen wir aufgeschlossener sind, uns nicht allein auf sexuelle Anziehungskraft zu verlassen. Nach einem schlimmen Liebeskummer, nach einer zerbrochenen Beziehung ... - es gibt viele Anlässe, seine Umgebung genauer zu betrachten und festzustellen, dass das „Gute" tatsächlich „so nahe" ist.
Gibt es in Slow Love-Beziehungen weniger Leidenschaft?Die Untersuchungen sagen: Nein. Ich bin mir aber sicher, dass es dennoch von vielen so wahrgenommen wird. Das Kribbeln der Liebe auf den ersten Blick zahlt unmittelbar auf unsere Belohnungszentrum ein. Deshalb wollen wir das immer wieder erleben und sind vielleicht enttäuscht, wenn das Feuer nicht lodert sondern glimmt. Auch wenn das zum intensiveren und befriedigenderen Liebesleben führen kann.