Wenn zwei Menschen eine Verbindung eingehen, durchlaufen sie verschiedene Phasen einer Beziehung. Welche das sind, wo die größten Schwierigkeiten liegen und worauf Partner achten müssen, um miteinander glücklich zu bleiben
Kindheit, Jugend, Erwachsensein, Alter: Wir alle durchwandern im Laufe unserer Jahre verschiedene Lebensphasen. Genauso verhält es sich mit unseren Partnerschaften: auch sie verändern sich mit der Zeit, wir durchleben gemeinsam unterschiedliche Stadien, verschiedene Phasen einer Beziehung.
In der integrativen Paartherapie spricht man von fünf Phasen der Liebesbeziehung - Paarberater und Parship-Coach Eric Hegmann fasst sie so zusammen:
In der Hingabezeit ist alles neu, aufregend, spannend, weil wir nicht genug vom Partner erfahren können, um durch seine Augen die Welt neu zu sehen - und weil noch alles möglich ist. Nach dieser Verschmelzung, die von der berühmten rosaroten Brille dank zahlreicher Liebeshormone geprägt ist, folgt die Aufbauzeit. Sie ist geprägt von der Selbstfindung und Selbstverwirklichung der Partner, von Zielen, die geplant oder sogar erreicht werden. Für viele Paare fällt die Familiengründung in diese Phase. Danach folgt die Lebensmitte. Jetzt werden Ziele überprüft und erweitert. Es ist eine schwierige Zeit, denn nicht immer ist die Antwort auf die Frage nach den bisher erfüllten und den in Zukunft erfüllbaren Wünschen und Bedürfnissen befriedigend. Die Partner stellen sich selbst und ihre Beziehung in Frage: Ist es das? Fehlt etwas? Nicht wenige Paare trennen sich, weil sie den Eindruck haben, sie würden sich gegenseitig behindern oder zurückhalten in ihrem Streben nach dem Sinn des - gemeinsamen - Lebens. Die nächste Phase zeichnet sich dadurch aus, dass der Zenit überschritten ist. Altern hat die ungemein beruhigende Komponente, die Früchte der gemeinsamen Beziehungsarbeit der Vergangenheit ernten zu können. Doch gleichzeitig löst sich das Paar auch bereits ein Stück weit aus dem Lebensstrom heraus. Der berufliche Höhepunkt liegt nun zurück, es wird nie mehr höher, weiter, schneller, besser werden, die Kinder sind aus dem Haus und bringen die Enkel mit. Die eigene Sterblichkeit wird bewusst, die Sorge um den Partner auch immer zur Angst vor dem Alleinsein. In der folgenden Phase Zweisamkeit heißt es Abschied nehmen. Die Kräfte schwinden, das soziale Netz wird kleiner, weil Freunde und Bekannte aus dem Leben scheiden, Krankheiten nehmen zu. Liebe bedeutet nun auch, sich einander als Partner zu begleiten beim Übergang. Was glückliche Paare ausmacht: Die Zuversicht, die kommende Phase gemeinsam zu bewältigen. In der Hingabezeit treffen Paare sozusagen Vorsorge für die Aufbauzeit, Paare in dieser Phase für die Lebensmitte und so fort. Was sie unterscheidet von Paaren, die scheitern: sie wissen um die Vergänglichkeit. Das bedeutet nicht, dass sie die nicht fürchten, aber sie halten es aus und blicken dennoch nach vorne.
Eric Hegmann: "Nein - solche Modelle sind in der Paarberatung manchmal geeignet, um bewusst zu machen, dass es niemals wieder so werden wird wie am Anfang. Aber das anders nicht schlechter bedeutet oder bedeuten muss. Im Gegenteil wird es sogar besser und intensiver, wenn das Paar bereit ist, Veränderungen zuzulassen und diese positiv formt, statt in Furcht zu erstarren und sich zu blockieren.
Was können Paare tun, um damit gut umzugehen?
Eric Hegmann: "Es mehren sich die Fälle, in denen Frauen die mangelnde sexuelle Aktivität ihrer Männer beklagen. Es trifft wohl beide Geschlechter. Der Grund ist, dass wir vor allem begehren, was wir nicht haben. In der Fantasie ist alles möglich mit einem Partner. Die Realität scheint da Grenzen zu setzen.
Die Herausforderung ist, sich als Paar nicht auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner auszuruhen, sondern sich aktiv über die sexuellen Fantasien und Wünsche auszutauschen. Nur so stellen Sie sicher, dass die in der Partnerschaft auch erfüllt werden können."
Eric Hegmann: "Wir leben in einer medialen Welt, die uns beeinflusst mit Geschichten über Sehnsucht und Leidenschaft. Viele Paare vermissen nach dem Ankommen, dem Geborgensein, der Vertrautheit dieses Gefühl der stürmischen Verliebtheit. Das setzt sie unter Druck - und der ruiniert garantiert jegliche Lust. Die Mischung macht's: Neues und Bewährtes. Um sich neu ineinander verlieben zu können, braucht es eine Mischung aus Neuem und Bewährtem. Neues, um sich in neuen Situationen neu entdecken und erleben zu können, wieder neugierig aufeinander zu werden, trotz aller Vertrautheit. Und Bewährtes, um sich geborgen und aufgehoben und sicher fühlen zu können."
Eric Hegmann: "Eltern sind zunächst einmal ein Team, das funktionieren muss. Dass sie auch Liebende sind, geht dabei oft verloren. Wenn irgend möglich, sollten Paare sich immer wieder und regelmäßig Auszeiten gönnen, Babysitter engagieren, die Großeltern um Unterstützung bitten und sich Date Nights leisten."
Kinder sind nun mal ein extremer EinschnittEric Hegmann: "Das lässt sich pauschal nicht sagen, jede Lebensphase hat ihre Herausforderungen. Doch mit der Lebens- und auch der Beziehungserfahrung reift natürlich das Wissen an, dass und wie sich Konflikte lösen lassen. Das macht sicherer und ruhiger, wenn Veränderungen von innen und außen auf das Paar einwirken und Reaktionen erfordern."
Wie ist es mit Paaren, die sehr früh zusammenkommen: ist das ein Vorteil?
Eric Hegmann: "Ja und nein. Gemeinsam zu lernen und das Leben zu erfahren verbindet. Kann aber auch dazu führen, dass wichtige Erfahrungen nicht gemacht werden. Es kommt auf das Paar an, ob es sich durch Neues bedroht fühlt oder gerade spannend und anregend findet."
Eric Hegmann: "Viele Paare kommen in die Beratung und beklagen, dass es nicht mehr so wie früher ist. Dass sie sich wünschen, es solle wieder wie zu Beginn der Beziehung werden. Das ist aber unmöglich. Je drängender dieser Wunsch und je stärker die Anstrengungen, sich gegen die Veränderungen des Lebens zu stellen, umso größer die Gefahr des Scheiterns."
Eric Hegmann: "Es geht für kein Paar gut aus, wenn es versucht, einen Status Quo zu bewahren. Das Leben ist Veränderung. Das zuzulassen ist bereits ein Erfolgsrezept."
Eric Hegmann: "Sich gegenseitig vorzuwerfen die Schuld zu tragen, dass die Leidenschaft der Geborgenheit gewichen ist. Mit Vorwürfen geraten Paare in eine Spirale von Abwertung, Resignation und schließlich Aufkündigung der Exklusivität der Beziehung, also Affären, um sich außerhalb die Bestätigung und auch Intimität zu holen, die man beim Partner vermisst."
Eric Hegmann: "Tauschen Sie sich immer wieder aus über Ihre Wünsche und Ziele, Ihre Hoffnungen und Ängste und auch Ihre sexuellen Fantasien und Bedürfnisse. Als Paar können Sie die nur erfüllen, wenn Sie die kennen. Haben Sie keine Furcht, wenn Ihr Partner sich verändert, Sie verändern sich ebenfalls. Eine Liebesbeziehung ist eine Abenteuerreise. Genießen Sie, diese gemeinsam zu erleben."