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Wenn der Mann kein Ernährer mehr ist

Die beiden Soziologinnen Cornelia Koppetsch und Sarah Speck haben für ihr Buch "Wenn der Mann kein Ernährer mehr ist" (Edition Suhrkamp) untersucht, was sich ändert, wenn die Frau das Geld verdient und der Mann den Haushalt stemmt. Wie laufen solche Beziehungen ab? Sind sie moderner, vielleicht sogar glücklicher? Oder knirscht es dann im partnerschaftlichen Gebälk?

Das Ergebnis, zusammengefasst von Eric Hegmann: Zunächst ist es heute in allen unterschiedlichen sozialen Milieus selbstverständlich, dass die Frau arbeitet und der Mann sich in Hausarbeit und Erziehung einbringt. Aber rund läuft das nach der Studie nur in der Theorie.


Sogar wenn der Partner gar nichts verdient: Hausarbeit wirkt minderwertig und die Herren mögen vielleicht Zeit haben - aber sie haben keine Lust. Frauen kümmern sich immer noch am meisten

Frauen übernehmen nach wie vor die meiste Sorgearbeit, sie kümmern sich um kranke Familienmitglieder und organisieren den Haushalt. Sogar bei Paaren, in denen der männliche Partner wegen Jobverlust nichts in die gemeinsame Kasser beitragen kann, ist eine Verweigerung der „Frauenaufgaben" üblich. „Das kann ich einfach nicht so gut", heißt es als Erklärung.


Die Frauen haben mit der Verweigerung erstaunlicherwise weniger oft ein Problem als vielleicht anzunehmen wäre. „Ein Mann soll lieber ‚sein Ding' durchziehen", heißt es. Dabei handelt es sich häufig um kreative Versuche bis hin zur Schwarzarbeit - um sein Selbstwertgefühl aufrecht zu erhalten. Anerkennung für ihn ist elementar wichtig für die Paarzufriedenheit, denn wenn beispielsweise eine Umschulung nicht funktioniert und der Mann erwerbslos bleibt, ist die Beziehung meist am Ende.


Ihr Geld wird zum gemeinsamen Geld

In der Studie blieb es in allen Schichten den Frauen überlassen, dem drohenden Statusverlust etwas entgegenzusetzen. Die Partner von Akademikerinnen wählen häufig kreative oder künstlerische Berufe, die vielleicht weniger Geld einbringen als der Job der Partnerin, aber dennoch irgendwie im Freundeskreis vorzeigbar sind. Interessant: über die Ausgaben bestimmen meist dennoch die Männer - das Geld der Partnerin wird dann als „unser Einkommen" vereinnahmt.


In der Studie zeigte sich, dass die Paare ihre Probleme durchaus mit ins Schlafzimmer nehmen. Denn der Mann, der seine Rolle als Ernährer nicht ausüben kann, verliert auch bei der Rolle als Liebhaber. Wenn dann noch der Sex als Bindemittel der Beziehung ausbleibt, ist das Ende der Partnerschaft absehbar.


"Wenn der Mann kein Ernährer mehr ist" zeigt, dass die traditionelle Arbeitsteilung immer noch tief in den Köpfen verankert ist. Und dass viele Frauen nicht konsequent genug einfordern, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: eine faire Verhandlung über alle Aufgaben, die in einer Beziehung anfallen.

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