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Quick-Step Floors dank Videostudium mit 110 Sachen zum Sieg

Quick-Step Floors bejubelt den Sieg im WM-Teamzeitfahren. | Foto: Cor Vos

(rsn) – Gebannt starrten sechs Männer in Blau vom Hot Seat aus auf den Monitor, der das Renngeschehen übertrug. Als schließlich klar wurde, dass die Titelverteidiger von Team Sunweb nicht an die Bestzeit herankommen würden, brach es aus den Fahrern von Quick-Step Floors heraus. Zum insgesamt vierten Mal hatte die belgische Star-Equipe WM-Gold im Mannschaftszeitfahren errungen und ganz nebenbei den 69. Saisonsieg eingefahren

Sunweb blieb nach 62,8 Kilometern vom Ötztal nach Innsbruck mit 19 Sekunden Rückstand auf die strahlenden Sieger schließlich nur die Silbermedaille vor dem zweimaligen Titelträger BMC (+0:20). Dahinter rundeten Team Sky (+0:45), Mitchelton-Scott (+0:57), Movistar (+1:32), Trek-Segafredo (+2:04), Bora-hansgrohe (+2:07), CCC Sprandi Polkowice (+2:37) sowie das Team Astana (+2:54) die Top Ten ab.

Im Trikot von Quick-Step Floors sicherte sich auch der Berliner Maximilian Schachmann seine erste Goldmedaille bei den Profis. Sein Teamkollege Niki Terpstra, bei allen vier WM-Titeln der Belgier Teil der Mannschaft, beschrieb das Rennen so: "Es war ein spezieller Parcours, häufig schnell und flach, doch dann kam dieser harte Anstieg gegen Rennmitte. Man kann ein Teamzeitfahren nie perfekt ausführen, aber heute waren wir nahe dran. Wir hatten im Training vor allem die Abfahrt vom Anstieg besichtigt und ich habe sie mir gestern 100 Mal auf meinem Smartphone nochmal angeschaut. So hatten wir keine Angst, auch nicht vor den Kurven“, so der 34-jährige Niederländer, dessen Team die besagte Abfahrt mit bis zu 110 Stundenkilometern hinuntergerauscht war.

Terpstra verlässt wie Schachmann auch den Rennstall zum Saisonende und konnte sich keinen besseren Abschied vorstellen: "Nach acht Jahren in diesem Team war es das beste Geschenk, dass ich bekommen und geben konnte", so der künftig für Direct Energie fahrende Flandern- und Roubaix-Sieger.

Teamkollege Yves Lampaert ergänzte: “Es ist ein unglaubliches Gefühl. Wir waren nicht die Top-Favoriten aber wir haben eine Menge junge, talentierte Fahrer. An der ersten Zwischenzeit lagen wir etwas zurück, aber am Anstieg konnten wir beschleunigen und in der Abfahrt sind wir absolut Vollgas gefahren. Es ist eine große Genugtuung, denn wir haben speziell für dieses Rennen hart trainiert.“

Michael Matthews, der Team Sunweb auf Rang zwei ins Ziel geführt hatte, suchte im Ziel nach Erklärungen für die letztlich doch deutlich verpasste Titelverteidigung: "Wir hatten die schnellste Zeit am Anstieg und waren dort superschnell. Vielleicht haben wir da etwas zu viel Kraft gelassen. Das müssen wir uns im Nachhinein anschauen mit unseren Powerdaten, was da genau passiert ist. Aber jeder hat sein Bestes gegeben und sich bis ins Ziel total leergefahren. Mehr kann man nicht verlangen", zeigte sich der Australier mit der Silbermedaille nicht unzufrieden.

Enttäuscht war man beim Team BMC, das nach starken Vorstellungen in dieser saison als Top-Favorit ins Rennen gegangen war. "Es war die letzte WM im Mannschaftszeitfahren und einer unserer letzten Auftritte als Team BMC, da hätten wir gern gewonnen. Die anderen waren heute aber besser. Das Leben geht weiter", nahm der Schweizer Stefan Küng die Niederlage in einer ersten Reaktion sportlich.

Nicht wie gewünscht lief es auch beim ambitioniert gestarteten Team Katusha-Alpecin. Nachdem die Männer in Rot an der ersten Zwischenzeit noch mit 27 Sekunden Rückstand auf Rang sechs gelistet wurden, waren es an der zweiten Zwischenzeit schon 1:06 Minuten und Rang sieben. Unmittelbar hinter der zweiten Zwischenzeit sprang jedoch Nils Politt die Kette ab. Da Katusha-Alpecin nur noch zu viert unterwegs war und der vierte Mann für die Zeitnahme entscheidend ist, mussten die Mannschaftskollegen auf den Hürther warten und verloren so viel Zeit. Am Ende reichte es für Tony Martin & Co. nur zu Rang elf.

"Ich hatte oben am Berg einen Defekt. Die Kette hatte sich zwischen Rahmen und Kettenblättern verfangen und ich musste das Rad wechseln", sagte Politt zu radsport-news.com. "Das hat wertvolle Zeit gekostet und die Moral war runter. Wir sind in den letzten Kilometern nicht mehr auf Speed gekommen." Das bestätigt auch Tony Martin gegenüber radsport-news.com: "Nach dem Defekt war das Rennen gelaufen. Wir haben die Motivation und auch die Konzentration verloren, weil wir wussten, dass wir keine Chance mehr auf eine gute Platzierung hatten."

Dagegen lief es für Quick-Step Floors nach Plan. Das Team lag an der ersten Zwischenzeit nach 22,8 Kilometern als Dritte noch gut 13 Sekunden hinter Mitchelton-Scott und deren fünf hinter BMC. Doch die Australier konnten das im flachen ersten Teil vorgelegte Tempo im 4,6 Kilometer langen und sieben Prozent steilen Anstieg von Kematen nach Axams nicht halten, wogegen Terpstra, Schachmann & Co. nicht nachließen.

Team Sunweb legte besonders im zweiten Drittel zu und fuhr am zweiten Messpunkt am Ende des Anstiegs nach 44,8 Kilometern in Axams von Rang fünf vor an die Spitze, allerdings nur eine Sekunde vor Quick-Step Floors und deren drei vor BMC. Doch in der Abfahrt machte sich das Videostudium der Belgier bemerkbar, so dass der Titel letztlich recht deutlich an Quick-Step Floors ging.


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