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"Wir hatten Angst" - Graue Wölfe greifen DemonstrantInnen in Favoriten an

Mittwochnacht in Wien. Ein Hubschrauber kreist über dem 10. Bezirk, nachdem die Kundgebung von kurdischen Frauenrechtsorganisationen durch die türkisch-nationalistischen „Grauen Wölfe" gestört wurde. Die Landespolizeidirektion meldet sich erst Donnerstagnachmittag auf Twitter und schreibt, es sei zu „Störaktionen türkischer Passanten gekommen". Auf den Fotos von AugenzeugInnen ist deutlich zu erkennen, dass Personen den verbotenen Wolfsgruß zeigen. Wir haben mit einer der Organisatorinnen über die Vorfälle gesprochen.

von Emily Zens

Alles begann am Mittwochnachmittag. Die Frauenrechtsorganisationen planten eine Kundgebung, um auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. Auslöser waren Angriffe und Morde an Ehepartnerinnen und unter anderem ein Luftangriff der türkischen Armee in Syrien, bei dem drei Frauen starben. Selma, die die Kundgebung anmeldete, erzählt uns: „Ich wurde dann informiert, dass Teilnehmer der Kundgebung angegriffen und beleidigt wurden. Ich fuhr mit FreundInnen hin, um zu sehen was passiert." Als sie ankam, war bereits die Polizei vor Ort. „Die Stimmung war explosiv", wie sie sagt. Es soll sich vor allem um junge Männer gehandelt haben, die die Demonstration störten. Doch auch Frauen sowie ältere Menschen waren in der Menge zu erkennen. Einige von ihnen zeigten den Wolfsgruß. Dieser ist das Erkennungssymbol der rechtsextremistischen Grauen Wölfe, welches seit 2019 verboten ist. Es ist, ähnlich wie der Hitlergruß, oder das Ustascha-Schachbrett ein Zeichen für rechtsextremistisches und demokratie-feindliches Gedankengut.

Die DemonstrantInnen zogen sich dann zunächst ins Ernst Kirchweger Haus (EKH) zurück. Beim Versuch dort einzudringen, wurden drei „Graue Wölfe"-Anhänger festgenommen. Selma schildert: „Die Polizei hat die Situation nicht richtig wahrgenommen und viel zu langsam reagiert. Statt die faschistischen Grauen Wölfe einzukesseln, sorgte sie dafür, dass linke DemonstrantInnen nicht mehr zueinanderkommen konnten." Erst am späten Abend löste sich die Versammlung von beiden Seiten auf. Die Frauenrechts-AktivistInnen, viele solidarische AntifaschistInnen und Linke zogen anschließend als geschlossener Demonstrationszug Richtung Hauptbahnhof.


Noch nicht vorbei


Am Donnerstag organsierte Selma mit verschiedenen Organisationen eine weitere Kundgebung. „Um zu zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen", erklärt sie. Schon während der Reden kam es erneut zu Beleidigungen. „Man hat überall den Wolfsgruß gesehen", sagt Selma. Die Kundgebung wurde dann aus Sicherheitsgründen beendet. „Wir wollten im Anschluss wieder als geschlossener Zug zum Hauptbahnhof ziehen, doch aus den Seitengassen kamen immer wieder Anhänger der Grauen Wölfe, die uns angriffen. Wir mussten die PolizistInnen teilweise darauf aufmerksam machen, weil sie nicht schnell genug handelten." Anders als Boulevard-Medien behaupten, kam es hingegen weder am Mittwoch noch am Donnerstag zu Massenschlägereien. Das bestätigt auch die Polizei.


Kein „Ausländerproblem"


Für heute, den 26. Juni, organisiert Selma mit vielen anderen wieder eine Kundgebung. „Das ist keine Auseinandersetzung zwischen zwei Nationalitäten, sondern zwischen zwei Ideologien. Es sind nicht auf der einen Seite nur KurdInnen und auf der anderen nur TürkInnen. Der Konflikt zwischen Rechtsradikalen und uns Linken betrifft jeden Menschen, der in Österreich lebt. Es geht um die Rechte einer jeden Frau und eines jeden Menschen, die diese Anhänger faschistischer Ideologien nicht anerkennen wollen."

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