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Die Psyche der Bundesliga-Stars: Wenn der Kopf den Heilungsverlauf diktiert

Wenn der Knochen bricht oder eine Sehne reißt, stehen Profi-Fußballer vor einer großen psychischen Herausforderung: Bundesliga-Stars wie die Nationalspieler Marco Reus oder Holger Badstuber waren in ihrer bisherigen Karriere wiederholt von schweren Verletzungen geplagt und kämpfen seither immer wieder um den Anschluss an die Weltspitze. Aus einer solchen Situation gesund hervorzugehen und nicht rückfällig zu werden, ist oftmals eine Frage der mentalen Stärke.

"Die Psyche beeinflusst die Anfälligkeit für Verletzungen extrem", sagte Mentaltrainer Matthias Herzog dem SID: "Allgemein ist die der Hauptfaktor schlechthin. 80 bis 90 Prozent der Erkrankungen kommen über die Psyche."

Gerade im Fall Reus spielen laut Herzog psychische Faktoren eine große Rolle. Die Angst, sich erneut zu verletzen sei allgegenwärtig. "Marco Reus wird jemand sein, der unglaubliche Schwierigkeiten hat, das auszublenden", sagte Herzog. 

Der Offensivspieler von Borussia Dortmund verpasste den WM-Titel 2014 aufgrund eines Syndesmoserisses und auch die Europameisterschaft in diesem Jahr fand wegen einer langwierigen Adduktorenverletzung ohne ihn statt. Erst kürzlich stieg er wieder ins Mannschaftstraining beim BVB ein - sein Comeback ist allerdings bislang noch nicht über die Bühne gegangen.

Badstuber, der allein wegen zweier Kreuzbandrisse insgesamt 532 Tage ausfiel, erwischte es in seiner Laufbahn bislang noch schlimmer. Dennoch begegnete er jeder seiner Verletzungen mit Optimismus. 

"Das ist mein Leben, das ist mein Job, das ist das Risiko, das dazu gehört, und das bin ich eingegangen. Und wenn es wieder passiert, nehme ich es an", sagte er nach dem Bruch seines linken Sprunggelenks im Februar 2016. 

Als die Süddeutsche Zeitung ein Foto mit all seinen Blessuren twitterte, reagierte Badstuber mit einem Posting, in dem er auf seine mentale Stärke verwies: Sein Kopf sei dafür "topfit", schrieb der 27-Jährige.

Für Herzog spielt auch bei Badstuber die Unterstützung des Umfelds eine tragende Rolle. Beim Champions-League-Triumph der Bayern 2013 schickten seine Mannschaftskollegen Genesungswünsche und posierten mit seinem Trikot und dem Henkelpott für ein Foto. "Das Zugehörigkeitsgefühl hat unglaublichen Einfluss auf die Beschleunigung der Heilung", so der Experte. 

Komplette Genesung ist nach Meinung des Sportwissenschaftlers jedoch ein weiter Weg. "Jeder Spieler braucht das Vertrauen, dass sein Körper wieder voll da ist", sagte Herzog: "Einige Spieler machen das problemlos, bei anderen dauert das länger."

Die zentrale Antriebsfeder bei vielen Sportlern zur schnellen Rückkehr sei laut Herzog der unbedingte Wille. Weltmeister Sami Khedira habe „unbedingt die WM 2014 spielen" wollen und war nach einem Kreuzbandriss schon in vier Monaten wieder fit, "wofür andere sechs Monate brauchen", so Herzog.

Die Verletzungsmisere in der Liga führt Herzog auf mangelnde psychologische Betreuung zurück. "Es wird zu wenig im Mentalbereich gearbeitet bei den Bundesligisten", und weiter: "Es geht alles über die Psyche, sowohl die Erkrankung als auch wie ich nach einer Verletzung wieder rauskomme."


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