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Wohin mit dem Schiller-Theater?

Theater in Berlin

Vor zwei Monaten ist die Staatsoper ausgezogen, jetzt wird saniert, und dann steht bereits der Nächste auf der Schwelle.

Elisa von Hof


Dieses Haus kennt nur Zwischenmieter. Weil die Heimatbühne saniert wurde, hatte die Staatsoper das Haus bezogen. Sieben Jahre lang hat es als Ausweichquartier hergehalten. Und nun, wo das Ensemble einem Staatsakt gleich wieder in sein Stammhaus nach Mitte gezogen ist, steht das Schillertheater wieder leer. Aber nur wenige Monate. Im nächsten Jahr soll nämlich wieder ein neuer Mieter einziehen. Aber wieder nur für kurze Zeit. Die Kudamm-Bühnen sollen hier ein neues Zuhause finden, solange ihr altes neu gebaut wird. Und dann, einige Jahre später, 2022 vielleicht, so genau weiß man das bei Bau- und Sanierungsvorhaben ja nie, könnte die Komische Oper hier ihr Quartier aufschlagen, wenn deren Stammhaus umgebaut wird. Seit das Schiller-Theater 1993 geschlossen wurde, gibt es keinen langfristigen Plan für das Haus.

Geht es nach den Berliner Grünen, soll sich das jetzt ändern. "Das alte Schiller-Theater braucht eine langfristige Perspektive, nicht immer neue Zwischennutzungen", forderte deren kulturpolitischer Sprecher, Daniel Wesener, vergangene Woche im Kulturausschuss. Bloß: Der Platz wird dringend gebraucht. "Wenn es den Bedarf der anderen Häuser nicht gäbe, dann könnten wir über die Zukunft des Theaters diskutieren", sagte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) im Ausschuss. Es existiere in Berlin nun mal keine zweite Bühne, die für Zwischenlösungen in Frage käme. Aus diesem Grund könne man sich erst in einigen Jahren mit einem langfristigen Nutzungskonzept befassen. Erst mal müsse sowieso renoviert werden. Das lässt dann doch einige Stirnrunzeln: Hatte der Senat nicht vor dem Einzug der Staatsoper einiges Geld in die Hand genommen, um das Haus herzurichten für den neuen Mieter?


Vier Millionen Euro kostet der Umbau des Schiller-Theaters

Vier Millionen soll es nun kosten, das Schiller-Theater wieder zum Zuhause eines Sprechtheaters zu machen. "Das ist keine Riesensumme", rechtfertigte Lederer. Die Staatsoper habe zum Beispiel die Bühnentechnik mitgenommen. Die hatte sie nämlich auch mitgebracht, 2010, als es an den Umzug ging. Nun will Lederer investieren, damit das Schiller-Theater über eine eigene Technik verfügt. Die soll dann auch dauerhaft dort bleiben. Außerdem werden mit dem Geld Bodenbeläge erneuert, Heiztechnik instand gesetzt und Abwasseranlagen und Trinkwasserversorgung saniert. Das sei dringend nötig nach den vergangenen Jahren, so Lederer, und eine gute Investition in die Zukunft dazu. Eine gute Investition wäre es aber auch, nach fast 25 Jahren Zwischennutzung ein Konzept aufzustellen - auch wenn das Haus in den nächsten Jahren verplant ist.

Die neuen Mieter sollen spätestens im Mai 2018 in das Haus ziehen. Denn nach jahrelangem Streit zwischen Eigentümern und Theaterbetreibern hat man beschlossen, die Bühnen zu diesem Zeitpunkt abzureißen. Bei den vier Millionen, die nun in das Schiller-Theater fließen werden, bleibt es jedoch nicht. "Die langjährige, auch öffentliche Diskussion über die unsichere Zukunft der Kudamm­-Bühnen hat sich signifikant auf das Besucher- und Buchungsverhalten ausgewirkt. Infolgedessen haben die Theater Mindereinnahmen erzielt", heißt es in einem Gutachten der Kulturverwaltung.

Der Senat wird den Zwischenmietern des Schiller-Theaters also bei der Nettokaltmiete unter die Arme greifen, so wie auch der Staatsoper zuvor. Dazu sind jährlich 1,19 Millionen Euro eingeplant. Außerdem entstünden den Kudamm-Bühnen durch das neue Domizil erhebliche Mehrkosten: Die Bühnenfläche im Haus ist mit etwa 2000 Quadratmetern fast doppelt so groß wie die eigene. Bereits aus Gründen des Arbeitsschutzes müssen daher zum Beispiel mehr Bühnenmeister angestellt werden. Daher erhalten die Kudamm-Bühnen ab 2018 statt derzeit 235.000 Euro einen Zuschuss von 921.000 Euro pro Jahr. "Das macht mir Sorgen", kommentierte Wesener. Die Auslastung des Theaters hat in den vergangenen Jahren bloß bei 61 Prozent gelegen. Und nun müssen die Theatermacher noch dieses wesentlich größere Haus bespielen. Statt andauernder Provisorien wünscht er sich ein Gesamtkonzept für das Traditionshaus. "Es gibt zu wenig Bühnen in Berlin, deswegen äußern Tanzkompanien und freie Gruppen immer wieder den Wunsch, über diese Immobilie längerfristig nachzudenken", so Wesener.


Auch die Komische Oper könnte einziehen

Einen Teil der Flächen bekommt - klar, auch vorübergehend - erstmal das Bauhaus-Archiv. Denn das Haus in der Klingelhöferstraße wird ebenfalls grundsaniert. 2021 sollen die Kudamm-Bühnen wieder nach Hause zurück können, in den Keller. Dort soll dann ein neues Theater entstanden sein. Und ins Schiller-Theater könnte dann, ein Jahr nach dem Auszug der Privattheater, die Komische Oper einziehen. Die will aber eigentlich im eigenen Haus bleiben. Vielleicht, heißt es, könne man ja auch bei laufendem Betrieb sanieren. Das wird schwierig. Und sowieso, erstmal müssen die Sanierungsmittel bereit stehen. Und die werden auf 50 Millionen Euro geschätzt. Bis dahin wird um das Schiller-Theater wohl weiter hin und her geschachert. Ein Jammer.

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