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Polizist begegnet krebskrankem Kind - und spendet seine Haare

Polizist Marco Dinaro beobachtet im Spiegel, wie Barbershop Chef Mehmet Özkan die einzelnen Haarbündel abschnitt. Bild: Peter Fastl

Marco Dinaro ließ sich die Haare wachsen, um sie sich wieder abschneiden zu können. Auslöser war die Begegnung mit einer Mutter – und der Wunsch, Kranken zu helfen.



Friseurmeister Mehmet Özkan bindet die gekämmte Mähne auf Marco Dinaros Kopf zu sechs Zöpfen zusammen. Als er danach zur Schere greift und den ersten langen Zopf abschneidet, ist die Lässigkeit des 29-jährigen Polizisten einen Moment lang dahin. Ihm entweicht ein kurzer, fast ungläubiger Schrei. Dabei hat er es doch selbst so gewollt: Vergangene Woche hat er bei seinem Friseur angerufen und gesagt: „Es ist so weit. Die Haare müssen ab.“ Und er hat entschieden, dass so viel wie möglich abgeschnitten wird – mindestens aber 25 Zentimeter. So lang müssen die Haare nämlich sein, damit man sie für eine gute Sache spenden kann.

Doch von Anfang an: Marco Dinaro arbeitet im Polizeipräsidium München und lebt mit seiner Frau und zwei Töchtern in Augsburg. Als Polizist muss er sich an einige Regeln halten, was Äußerlichkeiten betrifft: Wenig Schmuck, gepflegtes Erscheinungsbild und die Haare immer fest zusammengebunden unter der Dienstmütze. Im Einsatz dürfen sie keine Angriffsmöglichkeit bieten. Früher war es noch üblich, als Polizist einen kurzen Schnitt zu tragen. Heute entscheidet im Zweifelsfall der Dienststellenleiter. Marco Dinaros Chef war kulant und hatte nichts gegen die lange Haarpracht. „Man kann sich glücklich schätzen, wenn man einen solchen Dienststellenleiter hat“, sagt Dinaro.


Die Begegnung mit einem krebskranken Kind ließ Marco Dinaro nicht los

Seine rotbraunen Haare ließ er nicht ohne Grund wachsen, er hatte ein Ziel: Mindestens 25 Zentimeter lang sollten sie werden. Denn so könnte er sie nach einem Gang zum Friseur für Krebspatienten spenden. Auslöser für diesen Entschluss war eine Begegnung im Dienst: Dinaro unterhielt sich mit einer Mutter. „Neben ihr stand die Tochter, vielleicht sechs Jahre alt“, erinnert er sich. „Ich habe gesehen, dass sie keine Augenbrauen mehr hat. Und die Mutter erzählte mir dann, dass ihre krebskranke Tochter so glücklich sei, weil sie endlich ihre Echthaarperücke bekommen hat.“

Die Begegnung berührte den Vater von zwei Töchtern. „Ich habe gedacht: Du läufst da selbstverständlich mit langen Haaren durch die Gegend und ein Kind kann nicht mehr lächeln, weil es durch seine schwere Krankheit die Haare verloren hat.“ Also nimmt er Kontakt mit Sarah Eisenbarth auf. Sie ist die Gründerin der Initiative „echt-haarig“. Sie selbst spendete ihre Haare an den Verein „Königinnen“ in Hamburg und verspricht Dinaro, sich darum zu kümmern, dass auch seine Spende sicher dort ankommt.

Zurück in den Friseursalon. Mittlerweile sind alle sechs Zöpfe ab. Der Chef des Barber Shops legt sie behutsam auf eine Ablage. Auf Dinaros Kopf herrscht ein wildes Durcheinander. Und wie ist das Gefühl jetzt, so ohne lange Haare? „Kühl“, kommt die Antwort. Und: „Wenigstens kann ich jetzt nicht mehr schuld sein, wenn in der Dusche der Siphon verstopft ist. Die Damen zu Hause haben sich immer auf mich als Schuldigen geeinigt.“


Reaktion auf Haarschnitt: Zwei Daumen hoch und ein skeptisches Emoji

Seinen Status bei WhatsApp hat er auch gleich geändert. Die Reaktion seiner Frau lässt nicht lange auf sich warten. Zum hochgeladenen Bild schreibt sie: „Oh! Aber gar nicht so kurz.“ Zwei Daumen hoch und ein skeptisches Emoji. Inzwischen hat Friseurmeister Özkan Ordnung in das Haarchaos auf dem Kopf gebracht. „Ich werde meine langen Haare vermissen, aber im Vordergrund steht der gute Zweck und dafür würde ich es sofort wieder machen“, sagt der 29-Jährige und ist schon gespannt, was sein Dienststellenleiter zur neuen Frisur sagt.

Friseur Mehmet Özkan ist begeistert von der Aktion. So begeistert, dass er nach Dinaros Besuch spontan ein Angebot macht: „Wer zu mir in den Gentleman’s Barber Shop in Königsbrunn kommt, um seine Haare zu spenden, der bekommt den Schnitt kostenlos. Ich habe selbst keine langen Haare, möchte aber wenigstens so einen kleinen Teil dazu beitragen, dass sich Krebspatienten wieder besser fühlen können.“




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