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Literarische Gattungen: Welche es gibt und wie du sie unterscheidest

Literarische Gattungen helfen dir, bei all den Textarten den Überblick zu behalten. | Foto: w_zyceuapf0/Unsplash


Epik, Dramatik, Lyrik - diese Begriffe hörst du im Deutschunterricht wahrscheinlich häufiger. Wir verraten dir, warum du diese drei großen literarischen Gattungen kennen solltest und woran du sie erkennst.

Verschiedene Literaturformen

Gedichte, Kurzgeschichten, ein oder ein Kochrezept - Texte begegnen dir in vielen Formen. Jeder Text lässt sich einer bestimmten Gruppe zuordnen, für die bestimmte formale und inhaltliche Kriterien gelten. In der Literatur sind das die literarischen Gattungen. Wir erklären dir, was das genau ist und wie du sie ganz leicht voneinander unterscheiden kannst.

Fiktionale und nicht-fiktionale Texte

Um die literarischen Gattungen zu definieren, ist vorher noch eine andere Kategorisierung nötig: die Unterscheidung von fiktionalen und nicht-fiktionalen Texten. Alle Texte können einer dieser beiden Gruppen zugeordnet werden. Nicht-fiktionale Texte, auch faktuale Texte genannt, haben die Aufgabe, Fakten und Informationen wiederzugeben. Sie haben keinen literarischen Anspruch und begegnen dir oft im Alltag: Schulbücher, Gebrauchsanweisungen und Gesetze oder auch der Verlauf deines -Chats fallen in die Kategorie dieser nicht-literarischen Texte. Auch Zeitungsartikel, Berichte und Reportagen gehören dazu. Zwar haben all diese Textarten unterschiedliche Ziele und Funktionen, eines haben sie als nicht-fiktionale Texte aber gemeinsam: Sie beziehen sich immer auf die Wirklichkeit.

Fiktionale Texte hingegen schaffen eine eigene Wirklichkeit, die mit der tatsächlichen Realität nichts zu tun haben muss. Denn fiktionale Texte sind - der Name verrät es schon - erdachte Texte. Sie erzählen eine Geschichte. Indem sie Realität und Fiktion vermischen, erschaffen sie eine Wirklichkeitsillusion. Damit diese von den Leserinnen und Lesern aufgenommen werden kann, gibt es gewisse strukturelle Übereinstimmungen zwischen der tatsächlichen und der in der Geschichte erschaffenen Realität. Diese Übereinstimmungen können je nach Textsorte ganz unterschiedlich ausfallen: In einem Thriller, der in der heutigen Zeit angesiedelt ist, gibt es wahrscheinlich mehr Wirklichkeitsbezug als in einem Fantasy- oder Science-Fiction-Roman, der dich in komplett neu erdachte Welten entführt - denk an Panem in "Die Tribute von Panem" von Suzanne Collins oder die von Tolkien erschaffene Welt Mittelerde aus "Der Herr der Ringe". Entscheidend ist jedoch, dass du als Leser die erzählte Wirklichkeit mit deiner eigenen in Beziehung setzen kannst.

Epik, Dramatik und Lyrik: Die drei literarischen Gattungen

Hast du einen Text der Kategorie fiktional oder nicht-fiktional zugeordnet, kannst du weitere Unterteilungen vornehmen. Hier kommen die literarischen Gattungen ins Spiel. Fiktionale Texte gliedern sich in die drei großen literarischen Gattungen Epik, Dramatik und Lyrik. Jede dieser drei Textgattungen umfasst zahlreiche Textsorten, die die für sie jeweils festgelegten inhaltlichen und formalen Kriterien erfüllen. Das bedeutet, dass jede literarische Gattung typische Merkmale aufweist, die sich in den ihr zugehörigen Textsorten wiederfinden.

Du kannst die Gattungsbegriffe mit einem Genre vergleichen, das du aus der Musik oder dem Film kennst. Zum Beispiel fallen unter das Genre "Liebesfilm" Filme, die eine Liebesgeschichte erzählen. Dieses Genre hat wiederum verschiedene Unterarten: Liebeskomödie, Liebesdrama, historischer Liebesfilm oder Teenie-Romanze. Die Gattungsbegriffe in der Literatur sind nichts anderes als Sammelbegriffe, die Texte in ein bestimmtes Genre einteilen.

Antike Einteilung

Die sogenannte Gattungstrias aus Epik, Dramatik und Lyrik ist eine rein wissenschaftliche Einteilung, die nicht von den Schreibenden selbst gemacht wurde. In der Literaturwissenschaft gibt es eine ganze Reihe von Konzepten, die literarische Texte in Gruppen einordnen. Schon in der Antike nahm Aristoteles eine solche Einteilung vor. Die gängigste ist aber nach wie vor die Dreiteilung in die drei großen literarischen Gattungen.

Sie wurde im 18. Jahrhundert vor allem durch Johann Wolfgang von Goethe geprägt. Der Dichter ging von drei Formen als Naturformen der Dichtung aus und sah in ihnen das Abbild menschlicher Haltungen oder Stimmungen: die klar erzählende, die enthusiastisch aufgeregte und die persönlich handelnde. Daraus leitete er die drei literarischen Gattungen ab.

Die erste literarische Gattung: Epik

Epische Texte haben eines gemeinsam: einen Erzähler. Daher haben sie auch ihren Namen - der Begriff "Epik" bedeutet nichts anderes als "Wort" oder "Erzählung." Der Erzähler führt durch die Geschichte. Auch die Schilderung von Gedanken und Gefühlen, die Beschreibung der Umgebung oder Rückblicke und Vorausdeutungen sind so möglich. Zu den epischen Texten gehören beispielsweise Romane, Kurzgeschichten, Novellen oder Fabeln.

Den Erzähler eines epischen Textes bestimmt der Autor oder die Autorin. Je nachdem, für was für einen Erzähler er oder sie sich entscheidet, kann dieser die gleiche Geschichte völlig unterschiedlich erzählen, abhängig von der Perspektive, aus der er die Geschichte erlebt. Man spricht hier vom Erzählverhalten, von dem es vier verschiedene gibt:

der neutrale Erzähler = der stille Beobachter. Er gibt nur wieder, was man von außen sehen kann. Gefühle und Gedanken von Personen kennt er nicht. Er kommt selbst nicht in der Geschichte vor. der auktoriale Erzähler = der Allwissende. Er weiß wirklich alles: die Vergangenheit, die Zukunft, Gefühle und Gedanken. Er ist ebenfalls keine Person, die in der Geschichte vorkommt. Dennoch kann er sich durch Kommentare und Bewertungen in die Geschichte einmischen und den Leser sogar direkt ansprechen. der personale Erzähler = auf eine Person beschränkt. Der Erzähler nimmt die Sicht einer bestimmten Person ein (die auch wechseln kann) und erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht. der Ich-Erzähler = hohes Identifikationspotenzial. Du erlebst die Geschichte aus der Ich-Perspektive und alles aus der Sicht einer Person. Du weißt nur das, was sie weiß. Wichtig: Der Autor oder die Autorin ist nicht der Ich-Erzähler. Merkmale der Epik

Epische Texte kannst du an folgenden Merkmalen erkennen:

Es gibt immer einen Erzähler, der eine neutrale, auktoriale, personale oder Ich-Perspektive einnimmt. Die Sprache ist ungebunden, das heißt ohne Reim oder Rhythmus. Dieser Sprachstil wird Prosa genannt. Die zweite literarische Gattung: Dramatik

Dramatische Texte kennst du aus dem Theater. Sie werden geschrieben, um sie aufzuführen. Deshalb haben sie keinen Erzähler, sondern sind immer in wörtlicher Rede verfasst. Dazu gibt es am Anfang einer Szene oder auch mal zwischendurch (meist kursiv gedruckt und in Klammern) Regieanweisungen oder eine Anmerkung zum Bühnenbild. Dramatische Texte sind Theaterstücke, du liest also ein Drehbuch.

Da es anders als in epischen Texten keinen Erzähler gibt, der dir sagt, was passiert, musst du das Geschehen allein aus der wörtlichen Rede ableiten. Ist die dann auch noch eher altmodisch, ist es manchmal gar nicht so leicht, den Text zu verstehen. Häufig muss man sich beim Lesen dramatischer Texte wirklich konzentrieren, um zu verstehen, worum es eigentlich geht. Helfen kann es, den Text laut vorzulesen, denn genau dafür ist er ja gemacht.

Merkmale der Dramatik

Dramatische Texte lassen sich in zwei Arten unterscheiden: Hat das Stück ein Happy End, handelt es sich um eine Komödie. Stirbt am Ende jemand, spricht man von einer Tragödie. Große deutsche Dramen sind beispielsweise "Nathan der Weise" von Gotthold Ephraim Lessing, Goethes Tragödie oder "Maria Stuart" von Friedrich Schiller. Und aus dem Englischunterricht kennst du mit Sicherheit William Shakespeares "Macbeth" oder die große Liebestragödie "Romeo und Julia."

Dramatische Texte erkennst du an folgenden Merkmalen:

Sie gliedern sich in Szenen und Akte. Manchmal wird statt "Akt" auch die Bezeichnung "Aufzug" verwendet. Sie sind in Dialogform verfasst. Spricht über längere Zeit nur eine Rolle, handelt es sich um einen Monolog. Es gibt Regieanweisungen. Es gibt keinen Erzähler. Es gibt Komödien (= gutes Ende) und Tragödien (=schlechtes Ende) Die dritte literarische Gattung: Lyrik

Zur Gattung der Lyrik gehört das, was auch als Poesie bezeichnet wird. Der Begriff "Lyrik" ist ursprünglich mit der Musik verbunden. Er leitet sich von der Lyra ab, einem antiken, leierähnlichem Saiteninstrument, mit dem im alten Griechenland Gesänge begleitet wurden. Diesen musikalischen Bezug findest du auch im Mittelalter in der Liebeslyrik der Minnesänger.

Die Lyrik ist als Gattung der Dichtung die dritte der literarischen Hauptgattungen. Sie umfasst Gedichte aller Art. Dazu gehören zum Beispiel Sonett, Ode, Elegie, Haiku, Akrostichon, Elfchen und Epigramm.

Merkmale der Lyrik

Lyrische Texte unterscheiden sich sowohl in ihrer sprachlichen als auch in ihrer formalen Gestaltung deutlich von epischen und dramatischen Texten:

Lyrische Texte bestehen aus Strophen und Versen. Es gibt einen lyrischen Sprecher, häufig in Form des lyrischen Ichs. Das lyrische Ich kann explizit, also ein klar erkennbares individuelles Ich, oder implizit sein, dann steht es stellvertretend für eine Personengruppe. Achtung: Das lyrische Ich ist nicht der Verfasser oder die Verfasserin! Lyrische Texte verwenden eine sehr kunstvolle, bildhafte Sprache. So findest du in Gedichten eine hohe Dichte an rhetorischen Mitteln. Viele Gedichte weisen eine bestimmte Form auf: Sie haben ein oder wechselnde Reimschema, Kadenzen und ein Versmaß (Metrum), das den Sprechrhythmus festlegt.

Die moderne Lyrik verzichtet meist auf gedichtstypische Merkmale wie Reim oder Metrik und kann sich sogar der Prosa annähern. Viele moderne Dichterinnen und Dichter legen es darauf an, von der klassischen Gedichtform abzuweichen, Stilelemente zu mischen und ganz neue dichterische Wege zu gehen. Doch ganz gleich, ob du in deiner Gedichtanalyse ein modernes oder ein eher klassisches Gedicht interpretieren sollst: Gedichte bestehen aus vielen kleinen Details, von denen keines willkürlich gewählt wurde. Um die Botschaft eines lyrischen Textes zu verstehen, dürfen Form und Inhalt niemals getrennt voneinander betrachtet werden. Erst das Zusammenspiel dieser beiden Elemente macht es zu einem sprachlichen Kunstwerk.

Mischformen gibt es auch

Wie du siehst, gibt es eindeutige Merkmale, anhand derer du einen Text einer literarischen Gattung zuordnen kannst. Oft geht das schon durch die Optik: lyrische Texte unterteilen sich in Strophen, dramatische Texte bestehen nur aus wörtlicher Rede und epische Texte sind einfach lange, fließende Texte. Dennoch gibt es auch hier Mischformen, die sich nicht eindeutig einer Gattung zuschreiben lassen. Ein Beispiel für einen solchen Fall ist die Ballade. Als erzählendes Gedicht vereint sie Merkmale aus Epik, Dramatik und Lyrik. Bekannte Balladen aus der deutschen Literatur sind etwa "Der Zauberlehrling" und "Der Erlkönig" von Goethe, "Die Brück' am Tay" und "John Maynard" von Theodor Fontane oder "Der Knabe im Moor" von Annette von Droste-Hülshoff.

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