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Review

"Something beautiful" - Raritäten aus der Musicalwelt

„There are moments you remember all your life...This is one of those moments”, heißt es in dem Lied „One of those moments” aus dem Musicalfilm Yentl, den Christian Alexander Müller am 30.03.2012 als Opening für seinen Soloabend “Something beautiful” wählte. Eine Zeile, die den Abend des Künstlers treffend zusammenfasst. Denn selbst wenn sich nicht jeder der Zuschauer sein ganzes Leben lang an dieses Konzert im Einzelnen erinnern wird, so bleibt eine Erinnerung ganz bestimmt. Die Erinnerung, wie schön Musical ist.

Nahezu auf den Tag genau ein Jahr war es her, dass Christian Alexander Müller mit seinem ersten Soloprogramm „Something Beautiful“ die Zuschauer im Oberhausener Ebertbad in die Welt des Musicals entführte. Statt im Ebertbad trat Müller nun auf der Kleinstädter Bühne Oberhausen auf, das Motto blieb aber weiterhin Programm. Fernab von Kommerz und Massenware begeisterte Müller mit der Darbietung echter Raritäten, zumal er nicht bloß Bewährtes wiederholte, sondern im Vergleich zum Vorjahr einige Neuerungen vorgenommen hatte. Es gibt eben viel Schönes in der Musicalwelt zu entdecken, nicht nur musikalisch, sondern auch darstellerisch.

Nachdem im letzten Jahr mit Roberta Valentini, Kristin Hölck und Jan Amann drei echte Schwergewichte der Musicalszene als Special guests geladen waren, gab Müller dieses Mal Berivan Kerich und Andreas Bongard als Newcomer Platz zur Präsentation.

Wobei- auch Newcomer müssen die beiden eigentlich noch werden. Denn während Bongard „Frischfleisch“ von der Folkwangschule Essen ist, absolviert Kerich gerade das vierte Studienjahr an der Musikhochschule Leipzig. Doch bereits mit dem ersten Ton, den sie anstimmte, war jedem klar, warum diese warme, wohlklingende Stimme im Oktober den Bundeswettbewerb für Gesang gewonnen hat. Im ersten Akt sang sie mit Müller das Duett „Das alles gäb ich her“ aus dem Stück Lieder für eine neue Welt, ehe sie dann mit „Diva´s Lament“ aus Spamelot einen Song wählte, den sie als Wahlstück auch in der zweiten Runde des besagten Wettbewerbs vorgetragen hatte- eindeutig einer der komödiantischen Höhepunkte des Abends.

Für den zweiten sorgte nach der Pause Andreas Bongard. Diesen hatte Müller persönlich selbst erst einen Tag zuvor kennen gelernt, aufgefallen war er ihm allerdings bereits auf einem Intendanten- Vorspiel, an dem sich sämtliche an staatlichen Schulen ausgebildete Künstler ihren potenziellen Arbeitgebern präsentieren können.
Bongard überzeugte im Duett mit Müller als Rudolf in „Die Schatten werden länger“, ehe er dann mit „I am Adolpho“ sein komödiantisches Talent präsentierte- und sich damit donnernden Szenenapplaus sicherte. Der Song aus dem Musical „The Drowsy Chaperone“ kam beim Publikum an, auch wenn dem Großteil des Publikums dieser Titel ebenso wie besagtes Musical aus der Feder von Lisa Lambert und Greg Morrison unbekannt gewesen sein dürfte wie Müller selbst.

Aber genau darum ging es ja an diesem Abend. Und so wählte Christian A. Müller mit Songs wie „Wenn ich sing“ aus Closer than ever oder „Right before my eyes“ aus dem Elton John Musical Lestat sowie „Martin Guerre“ aus Boubil und Schönbergs gleichnamigen Musical eine Vielzahl hierzulande weites gehend unbekannter Songs.

Wie bereits im Vorjahr waren diese Lieder nicht etwa willkürlich gewählt, sondern hatten für den Künstler eine bestimmte Bedeutung, sei es, weil sie aus seinem Repertoire stammen- so etwa „Meine Göttin“ oder „Wär ich überzeugt von dir“ aus dem Zwei- Personen- Musical Die letzten fünf Jahre, das Müller im vergangnen Jahr in Chemnitz spielte- oder Lieder, die ihn selbst berührt hatten.

Dazu gehörte beispielsweise Valjeans Solo „Bring ihn heim“ aus dem Musical Les Misérables, das Müller nach eigener Aussage „sprachlos zurück gelassen“ hat.
Er habe eine so hohe Achtung vor dem Lied, dass er sich lange gescheut hatte, es zu singen- gut, dass er es getan hat. In ihrer sensiblen und intensiven Interpretation war die Nummer eines der großen Höhepunkte des Abends.

Und gleichzeitig ein Ausblick auf Dinge, „die da irgendwann mal kommen…man wird ja auch nicht jünger und kann sich auf solche Rollen freuen.“ Eine nachhaltige Empfehlung gab Müller damit jedenfalls ab.

Gleiches gilt für die Rolle des Edmond Dantés aus Frank Wildhorns „Der Graf von Monte Christo“, der zurzeit an der musikalischen Komödie Leipzig seine Erstaufführung erlebt. Im Sommer wird Müller die Rolle von Marc Clear übernehmen, der dann in Tecklenburg Marie Antoinette inszenieren wird. Mit „Niemals allein“ im neuerlichen Duett mit „Beri“ Kerich und dem Solo „Der Mann der ich einst war“ präsentierte Müller einen gelungenen „Testlauf.“

Altbewährtes durfte zum guten Schluss dann auch nicht fehlen. Nachdem er den ersten Akt bereits mit „Till I hear you sing“ aus dem hierzulande wohl sehnlichst erwarteten Phantom- Nachfolger Love never dies“ geschlossen hatte, bildete „Die Musik der Nacht“ die Schlussakkorde des Abends. Eines Abends, der dem ausgeschriebenen Motto „Something beautiful“ vollends gerecht wurde ohne dabei auf die immer gleichen Kassenschlager zurück zu greifen.

Denn selbst wenn mit „Einladung zum Ball“ und „Die unstillbare Gier“ sowie besagter „Musik der Nacht“ allseits bekannte Songs ihren Weg in das Programm des Künstlers gefunden haben, dürften selbst Kenner bei Müllers Soloprogramm die ein oder andere Neuentdeckung gemacht haben. Eine bessere Werbung für das Genre Musical gibt es nicht. Und so gilt das Motto „Something Beautiful“- etwas Schönes- gleich doppelt: Sowohl für das Genre als solches, als auch für den Soloabend an sich. Mit seinem Programm gehört Christian Alexander Müller zu den Besten, die die Sound of Music-Reihe zu bieten hat.