Schüler mit erschwertem Bildungsstart unterstützt ein besonderes Stipendium. Mentoren, Seminare und Einblicke in Firmen sind Teil der Förderung.
Zara Stute, Manal El Maroufi und Maame Osei haben eins gemeinsam: Sie sind alle drei Ruhrtalente. El Maroufi seit bereits zwei Jahren, Osei seit einem Jahr und Zara Stute seit April dieses Jahres. Damit haben die drei jungen Frauen, ein Stipendium verliehen bekommen, das ihnen Kontakte und Einblicke ermöglicht, das Kenntnisse vermittelt, die im Alltag der drei Schülerinnen sonst keinen Platz haben.
„Wir fördern Schüler aus bildungsfernen Haushalten, bei denen Eltern entweder erwerbslos oder erwerbsschwach sind", sagt Friederike Chudaske über die „Ruhrtalente". Sie managt Programme des Schülerstipendiums, hält den Kontakt zu Stipendiaten.
Stärken und Schwächen herausfindenFür Maame Osei, sie ist Schülerin in der 11. Klasse am Karl-Ziegler-Gymnasium, hat das Stipendium Türen geöffnet. Nach ihrem Abitur will die 17-Jährige am liebsten Medizin studieren. Die ‚Ruhrtalente" vermittelten auch ein Gespräch mit einer Ärztin im Universitätsklinikum Essen, die aus ihrem Alltag erzählte. „Ich werde mit diesem Programm unterstützt, kann meine Stärken und Schwächen herausfinden", sagt die Schülerin. „Ich kann nun besser und weiter in die Zukunft denken", sagt die Tochter ghanaischer Eltern, die früh arbeiten mussten und nicht lange in die Schule gingen.
Viele der Stipendiaten haben Eltern, die nicht studiert haben oder die nicht im Beruf erfolgreich sind. Denn die Erfahrung zeigt immer wieder, dass das Elternhaus prägt. Das Stipendium zeigt mit Workshops und Seminaren auf, welche Möglichkeiten Schüler nach dem Schulabschluss haben. Die RAG-Stiftung finanziert die Förderung. Jeder Schüler erhält eine jährliche Unterstützung im Wert von bis zu 1.500 Euro. Die ersten 50 Stipendien wurden im Dezember 2016 vergeben. Damals waren nur zwei Mülheimer dabei, mittlerweile sind es zwölf.
Viel gelernt und viele neue Freundschaften geknüpftManal El Maroufis damalige Mathematik-Lehrerin brachte sie auf die Idee, sich bei den „Ruhrtalenten" zu bewerben. Nun ist die 17-jährige Broicherin seit zwei Jahren bereits in der Förderung. Ihre Eltern haben nicht studiert.
Das Programm habe ihre Erwartungen übertroffen. „Ich habe so viel gelernt, so viele neue Freundschaften geknüpft", sagt sie. Das Schönste für El Maroufi: die Sprachreise nach Liverpool. Das Stipendium half der Schülerin auch, selbstbewusster zu werden. „Ich war vorher immer sehr schüchtern. Jetzt kann ich auch vor Menschen sprechen", sagt sie. In Workshops wie „Zeig' dich" lernte sie Präsentationstechniken. Im Chemielabor bei Bayer in Leverkusen konnte El Maroufi Experimente miterleben. „Ich hätte nie gedacht, dass so etwas für mich möglich ist", sagt sie. El Maroufi ist sich sicher: Sie will Ingenieurin werden, vielleicht Maschinenbau studieren.
Um in das Programm aufgenommen zu werden, brauchen Schüler ein Empfehlungsschreiben - oft einer Lehrkraft, auch eines NRW-Talentscouts oder einer Vertrauensperson aus einem Sport- oder Musikverein. „Entscheidend ist die immaterielle Förderung", sagt Programm-Managerin Chudaske.
Das Ziel: Kinderärztin oder MedizintechnikerinSchüler werden dadurch selbstbewusster, bauen „ein Riesen-Netzwerk" auf, auch zu Firmenchefs. „Wir sind das nötige Vitamin B", sagt Chudaske mit Verweis auf die Bildungsferne vieler Stipendiaten.
Zara Stute aus Dümpten ist seit April ein „Ruhrtalent". Ein Talent-Scout hat die 18-Jährige angesprochen. Stute ist taub zur Welt gekommen und trägt seit ihrem zweiten Lebensjahr ein Hörgerät und ein Hörimplantat. Unter ihrem Kopftuch ist es nicht zu sehen. Sie ist Schülerin am RWB, einem Berufskolleg für Gehörlose in Essen.
Stute will Kinderärztin oder Medizintechnikerin werden. Auf die Bildung und das Einkommen ihrer Eltern möchte sie nicht eingehen. Die Mutter hat marokkanische, der Vater deutsche Wurzeln. „Was das Stipendium mir möglich macht, das können meine Eltern nicht", sagt sie über die Beweggründe für ihre Bewerbung. Auch wenn Stute seit weniger als einem Jahr dabei ist, findet sie, dass das Stipendium ihr viel gebracht hat: Chancen, sich weiterzubilden, Kontakte zu anderen Stipendiaten und Firmen.
Das Stipendium „Ruhrtalente"Schüler können sich ab der 8. Klasse bewerben. Die nächste Bewerbungsfrist endet am 28. Februar. Weitere Infos auf www.ruhrtalente.de
Wer die Ruhrtalente fördern will, kann das ab einem Betrag von 50 Euro tun. Spenden sind steuerlich absetzbar. Weitere Infos auf der Webseite.