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Jeden Abend ein Türchen: Frankfurterin erfindet Ramadan-Kalender

Die Frankfurterin Nadia Doukali hat einen Ramadan-Kalender erfunden: den "Iftarlender". (Foto: Farideh Fotografie)

Nadia Doukali hat eine Art Adventskalender für Muslime erfunden. Mit dem "Iftarlender" sollen sie den Fastenmonat Ramadan überbrücken. Süßwarenhersteller und Confiserie-Ketten wittern ein großes Geschäft.

In der Vorweihnachtszeit ein Türchen im Adventskalender zu öffnen, das fand die Frankfurterin Nadia Doukali schon als Kind aufregend, die Vorfreude auf Heiligabend stieg damit jeden Tag. Ihre muslimische Familie feierte Weihnachten zwar nicht, aber sie ließ sich trotzdem von der Stimmung im Land anstecken. Mit anderen Religionen gefremdelt habe sie also nie, sagt Nadia Doukali. Im Gegenteil.

Inspiriert von der Tradition des Adventskalenders erfand die heute 45-Jährige den "Iftarlender". Wenn in diesem Jahr am 27. Mai der Fastenmonat Ramadan beginnt und Muslime tagsüber auf Essen und Trinken verzichten, bis die Sonne untergeht, soll ihr Iftarlender das allabendliche Fastenbrechen ein bisschen schöner machen; Iftar ist das arabische Wort für Fastenbrechen. Täglich ein Türchen - so sollen Muslime dem zweitwichtigsten islamischen Feiertag entgegenfiebern, dem Fest des Fastenbrechens Eid-al-Fitr. Wie Christen dem Heiligen Abend.

Abklatsch? Von wegen. Nadia Doukali sagt, sie wolle mit dem Kalender ein "Zeichen gelungener kultureller Symbiose" setzen. Nach einer solchen Symbiose klingt auch ihre eigene Geschichte. Doukali kam als Kind mit ihren Eltern aus Marokko nach Deutschland, wuchs in Hessen auf und besuchte dort erst mal einen katholischen Kindergarten. "Ich wollte damals alles über den Propheten Jesus wissen, auch wir Muslime glauben ja an ihn", sagt sie heute. Die Idee zu ihrem Iftarlender hatte die allerziehende Mutter und Kinderbuchautorin bereits vor einigen Jahren. Im April 2016 dann produzierte sie mit einem befreundeten Designer eine erste Version.

Damals sei es schwierig gewesen, den Handel von einem Produkt, das ausschließlich für Muslime gedacht ist, zu überzeugen, sagt sie. Erst als sie persönlich vorsprach, konnte sie Einkäufer von ihrem Produkt überzeugen. Kleinere Supermarktfilialen in Hessen nahmen den Iftarlender ins Sortiment und auch online verkauften sich erste Exemplare. Hotels, in denen muslimische Gäste aus den reichen Golfstaaten residierten, bekundeten ihr Interesse.

Datteln mit Fairtrade-Kakao

Mittlerweile kooperiert Doukali mit dem Süßwarenhersteller Brandt, ab 8. Mai gibt es den Iftarlender in der Premium-Version bundesweit in großen Kaufhäusern und Confiserie-Ketten zu kaufen. Für knapp 18 Euro soll es zu haben sein, das "einzige Produkt für Muslime im Ramadan", wie die Erfinderin sagt. Dass ihr Iftarlender jetzt im großen Stil vertrieben wird, ist für sie mehr als ein persönlicher Erfolg: "Endlich sieht man den Markt und Muslime als Kunden."

Was die Muslime als Kunden von ihr bekommen, ist eine schokoladenumhüllte Dattel hinter jedem Türchen, "Fairtrade Kakao". Sie beruft sich damit auf eine Überlieferung des Propheten Mohamed, der empfohlen hat, das Fasten mit einer Dattel zu brechen.

Seit diesem Jahr groß im Handel: der dattelgefüllte Iftarlender.

(Foto: Nadia Doukali/PR) Besinnliches wird auf Facebook erklärt

Auch wenn der Inhalt damit feststeht, soll es trotzdem Überraschungen geben: Auf jedes Türchen sind Worte auf Arabisch gedruckt, die Doukali auf der Iftarlender-Facebookseite erklärt. Begriffe wie Rahma, die Barmherzigkeit, Adab, der Anstand oder Sabr, die Geduld.

Muslime sollen mit den Anregungen das Fasten bewusster leben, und dazulernen, sagt die Erfinderin. "Es sind Ankerworte, die dazu anregen sollen, über den Sinn der Religion nachzudenken."

Auf Tür Nummer 13 steht zum Beispiel das Wort "Din", Arabisch für Religion oder Glaube. Sie zitiert aus einer Sure: "Ihr habt euren Glauben, und ich habe meinen Glauben!" Auf Facebook schreibt sie, man solle leben und leben lassen. "Wir haben fast die Hälfte des Ramadan erreicht, indem wir genau das praktizieren."

"Eine Brücke zwischen Religionsgruppen"

Danach folgen Zitate, die Doukali bewegen - eine wilde Mischung von Worten aus der Bibel, der Popkultur oder auch aus einer jüdischen Inschrift im Warschauer Ghetto.

Nadia Doukali selbst wird auch in diesem Jahr gemeinsam mit ihren Kindern fasten. Am Ramadan liebt sie "die Gemeinschaft, das Zusammensein mit der Familie und das gemeinsame Essen". Sie hofft, mit dem Iftarlender künftig eine neue Tradition unter Muslimen in Deutschland zu etablieren. Denn für sie ist es "nicht einfach nur ein Kalender mit Schokolade", sondern vielmehr: "eine Brücke zwischen Religionsgruppen".

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