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Kopftuch-Verbot - 25-jährige Juristin besiegt den Freistaat

Die muslimische Juristin Aqilah Sandhu. (Foto: dpa)

All die Auflagen, die Juristin Aqilah Sandhu wegen ihres Kopftuchs bekommen hat, sind rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht Augsburg argumentiert: Solch grundlegende Einschränkungen kann man nicht einfach anordnen. Dafür braucht es ein Gesetz.

Aqilah Sandhu betritt mit schnellem Schritt den Verhandlungssaal des Verwaltungsgerichts. Die 25-jährige Augsburgerin trägt ein dunkelblaues Kopftuch. Die zahlreichen Pressevertreter verunsichern sie, sie steuert zielsicher auf ihren Stuhl zu. Setzt sich. Selten erlebt das Augsburger Gericht einen solchen Medienauflauf wie an diesem Tag.

Auf den Zuschauerplätzen sitzen viele Jurastudenten der Universität Augsburg. Einige kennen Aqilah Sandhu aus den Medien, andere studieren mit ihr. Eine Kommilitonin sagt: "Ich trage immer eine Kreuzkette, auch während der Arbeit. Das Kreuz war immer sichtbar und nie hat jemand was gesagt. Das ist doch unfair."

Die Verhandlung beginnt. Richter Stefan Eiblmaier erinnert sich an die junge Frau. Er hat Sandhu beim Ersten Staatsexamen geprüft. "Er schien sehr zufrieden mit Ihnen", sagt der Vorsitzende Richter Bernhard Röthinger. Sandhu ist eine der Besten ihres Jahrgangs - und sie ist in der bayerischen Justiz eine Berühmtheit. Aber nicht wegen ihrer Leistungen, sondern wegen ihres Kopftuchs.

Wie der Streit ums Kopftuch begann

Alles begann mit einer Mail vom Oberlandesgericht München im Juli 2014. Wegen ihres Kopftuchs wurde es der Muslimin verboten, als Rechtsreferendarin Zeugen zu vernehmen und richterliche oder staatsanwaltschaftliche Aufgaben zu übernehmen. "In dem Moment, in dem ich die Mail las, wusste ich sofort: Das ist rechtswidrig", sagt Sandhu vor Gericht.

Innerhalb von zwei Stunden reagierte sie, fragte nach der Rechtsgrundlage. Die Begründung lautete: "Kleidungsstücke, Symbole oder andere Merkmale" können das "Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung beeinträchtigen". Ein Gesetz, das Rechtsreferendaren das Tragen religiöser Symbole verbietet, gibt es im Freistaat aber nicht.

Nach dem Mailverkehr bat Sandhu die OLG-Richterin Anja Kesting um ein persönliches Gespräch. Das erlebten beide sehr unterschiedlich. Sandhu beschreibt die Situation als "Anhörung", in der sie vor die Wahl gestellt wurde: Entweder sie akzeptiere die Auflage, oder ihre Ausbildung sei zu Ende. "Das hat immensen Druck auf mich ausgeübt", sagt sie. Natürlich habe sie daraufhin der Auflage zugestimmt. "Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass die Einschränkungen so strikt sein werden."

Richterin Kesting beschreibt die Situation ganz anders. Es sei ein "angenehmes Gespräch" gewesen. Außerdem hätte Sandhu gesagt, sie strebe eine Karriere in der Wissenschaft an. Sandhu schüttelt kurz den Kopf. Sie habe das zu keiner Zeit gesagt. "Die Ausbildung ist dazu da, um sich auszuprobieren", sagt sie. Man werde schließlich Volljurist, um alle Optionen einer juristischen Karriere zu haben.

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