Köln - Am Kölner Neumarkt steht seit Freitag ein provokantes Kunstwerk. Auf dem Platz, bekannt als Drogen-Treffpunkt für Junkies und Dealer, steht eine mehrere Meter hohe Leuchtreklame. Sie zeigt eine Frau, die sich eine Drogenspritze in den Arm steckt, darüber steht in Leuchtlettern "Sie/er spritzt". TAG24 traf den Künstler und erklärt, was dahinter steckt.
Das Werk mit der drogenspritzenden Frau am Kölner Neumarkt.Das Werk ist Teil des Kunstfestivals "Impulse Theater Festival". Unter dem Titel "Angst Raum Köln" beschäftigen sich Künstler an fünf Orten der Stadt mit vermeintlichen Angsträumen in Köln.
Der Kölner Neumarkt als Drogenort ist einer davon. Drogenrazzien, Junkies und Drogenhandel gehören hier zum Alltag.
Der Wiener Künstler Martin Wagner sagt zu der Leuchtreklame-Kunst: "Wir machen keine Werbung für Drogen." Zusammen mit der Künstlerin Alexandra Berlinger wollen sie den Kölnern erstmal einen Spiegel vorhalten.
Jeder Kölner kennt wohl das berühmte "Reissdorf-Männchen" am Rudolfplatz, eine Leuchtreklame für Bier. Über der Bierwerbung steht "Er trinkt". Daran lehnt sich "Sie/er spritzt" an.
Die aggressive Werbung für Drogen, was Alkohol nunmal ist, sei akzeptiert und sogar denkmalgeschützt, so Wagner im Gespräch. Der Alkoholkonsum in Kölsch-Form in Köln ganz normal.
"Hierbei geht es uns erstmal nicht um legale und illegale Drogen, sondern um den Konsum" erklärt er. Während die Stadt seit Jahren einen Drogenkonsumraum am Neumarkt plane, aber nicht aufstelle, ist der offene Kölsch-Konsum in Köln nah am Kulturgut. Und hiermit spiele auch die "Drogen-Werbung" am Kölner Neumarkt.
Zwei Dinge sind dem Künstler wichtig: "Wir wollen mit dem Kunstwerk Köln nicht provozieren." Die Aufmerksamkeit haben sie schließlich mit ihrer aggressiv leuchtenden Werbekunst ohnehin. Und mit Blick auf die Drogenabhängigen am vermeintlichen Angstraum Neumarkt: "Ich hoffe, dass man die Leute mit ihren Problemen ernst nimmt und nicht als Abschaum behandelt." Der "Konsumfreiraum" am Kölner Neumarkt.Ein zweites Werk der beiden Künstler steht der "drogenspritzenden Frau" am anderen Ende des Kölner Neumarkts gegenüber.
Ein Container aus Sperrholzplatten mit der Aufschrift "Konsumfreiraum" spielt erneut mit dem Drogenkonsum. Doch das Werk ist umfassender:
"Wir befinden uns hier direkt an der Schildergasse, wo alles auf Konsum, auf Shopping ausgelegt ist. Darauf spielt unser 'Konsumfreiraum' auch an. Er grenzt eine Fläche ab, die frei von jeglichem Konsum ist. Ob Shopping-Konsum, Werbekonsum oder Drogen", so Martin Wagner im Gespräch.
Und noch etwas steckt hinter den Sperrholzplatten: Sie wurden von der Stadt Köln an einigen Ecken aufgestellt, an denen Drogensüchtige versteckt ihre Drogen konsumierten. "Wir zeigen symbolisch eine Konsumverhinderungsarchitektur".
Die Kunstwerke am Kölner Neumarkt stehen noch bis zum 23. Juni 2019. Weitere Infos unter Impulsefestival.de